- Prävention ist besser als Heilung
Vorbeugen ist besser als heilen. Den Organisatoren des Prevention Summits – Prof. Thomas Lüscher, Zürich und London, Prof. François Mach, Genf, Prof. Felix Mahfoud, Basel und Prof. Stephan Windecker, Bern – ist es gelungen, hochkarätige Referenten einzuladen. Mit einem aktuellen Überblick über Risikofaktoren und neue Behandlungsmethoden haben sie ein äusserst interessantes Programm gestaltet, das auch eine grosse Anzahl von Zuhörern anzog. Der folgende Bericht umfasst den dritten Teil des Symposiums.
Die 2024 ESC-Leitlinien zu Vorhofflimmern und Prävention von Schlaganfall
Die Definition zum Vorhofflimmern (VHF) / atrial fibrillation (AF) präsentierte Prof. Tobias Reichlin, Kardiologische Universitätsklinik Inselspital Bern, wie folgt:
- Paroxymales VHF: Das Vorhofflimmern tritt nur anfallartig auf und geht spätestens nach sieben Tagen spontan oder durch Intervention wieder in den normalen Sinusrhythmus (SR) über.
- Persistierendes VHF: Das Vorhofflimmern ist mehr als 7 Tage anhaltend vorhanden und endet nicht spontan; eine medikamentöse oder elektrische Kardioversion ist erforderlich.
- Permanentes VHF: Das Vorhofflimmern besteht dauerhaft. Eine Rhythmuskontrolle ist unwirksam oder kann nicht durchgeführt werden.
Der AF-Behandlungspfad
C Comorbidity and risk factor management
Komorbidität und Risikofaktormanagement: Lebensstilhilfe, Grundversorgung, Kardiologie, Innere Medizin, Pflege, andere
A Avoid stroke and thromboembolism
Vermeide Schlaganfall und Thromboembolie: Grundversorgung, Kardiologie, Neurologie, Pflege, Antikoagulation, e-Health
R Reduce symptoms by rate and rhythm control
Reduziere Symptome durch Herzfrequenz- und Rhythmuskontrolle: Grundversorgung, Kardiologie, Elektrophysiologie, Herzchirurgie, e-Health
E Evaluation and dynamic reassessment
Evaluation und dynamische Neubeurteilung: Grundversorgung, Kardiologie, Pharmazie, Pflege, Pflegende, Angehörige, e-Health
Gleichstellung in der Gesundheitsversorgung (Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, sozioökonomische Faktoren (Klasse I).
Aufklärung von Patienten, Familien und Angehörigen der Gesundheitsberufe (Klasse I).
Patientenzentriertes AF. Management mit einem multidisziplinären Ansatz (Klasse IIa).
Komorbiditäten und Risikofaktor-Management
AF-CARE
Ein Wechsel von einem DOAC zu einem anderen oder von einem DOAC zu einem Vitamin-K-Antagonisten ohne klare Indikation wird bei Patienten mit Vorhofflimmern zur Vermeidung eines wiederkehrenden Schlaganfalls nicht empfohlen (Evidenzgrad III).
Der chirurgische Verschluss des linken Vorhofohrs wird als Ergänzung zur oralen Antikoagulation bei Patienten mit Vorhofflimmern empfohlen, die sich einer Herzoperation unterziehen, um einen ischämischen Schlaganfall und Thromboembolien zu verhindern (Evidenzgrad I).Der perkutane Verschluss des linken Vorhofohrs kann bei Patienten mit Vorhofflimmern und Kontraindikationen für eine Langzeitbehandlung mit Antikoagulanzien in Betracht gezogen werden, um ischämische Schlaganfälle und Thromboembolien zu vermeiden (Evidenzgrad IIb). (Abb. 1)
Rhythmus- vs. Frequenzkontrolle
Die frühzeitige Einleitung einer Rhythmuskontrolle war bei Patienten mit frühem Vorhofflimmern und kardiovaskulären Erkrankungen mit weniger häufigen kardiovaskulären Ereignissen verbunden als die übliche Behandlung, ohne dass sich dies auf die Zahl der Kranken-
hausbesuche auswirkte.
Prävention von embolischem Hirnschlag. Antikoagulation oder Verschluss des linken Vorhofohrs?
Das linke Vorhofohr wurde als Hauptquelle für Thromboembolien bei Patienten mit Vorhofflimmern identifiziert, stellte Prof. Stephan Windecker, Vorsitzender des Departements Kardiologie und des Swiss Cardiovascular Center, Inselspital Bern, eingangs fest.
Rationale für Verschluss des linken Vorhofohrs
Die Rationale für den Verschluss des linken Vorhofohrs umfasst viele Gründe: Mehr als 90% der intrakardialen Thrombi befinden sich im linken Vorhofohr, Thromben im linken Vorhofohr verursachen Schlaganfälle durch Embolisation. Die Einschränkungen der oralen Antikoagulation sind schwere Blutungen: 5.3%/Patienten/ Jahr, schlechte Compliance: 40% der Patienten stoppen die orale Antikoagulation nach 1,3 Jahren, Schlaganfälle trotz Antikoagulation: 0.9%–1.8%/ Patient/Jahr. Bei Patienten mit Vorhofflimmern, die sich einer Herzoperation unterzogen hatten und von denen die meisten weiterhin eine antithrombotische Therapie erhielten, war das Risiko eines ischämischen Schlaganafalls oder einer systemischen Embolie bei gleichzeitigem Verschluss des linken Vorhofohrs während der Operation geringer als ohne diese (Whitlock RP et al NEJM 2021).
Techniken des Vorhofohrverschlusses
Der Referent stellte die grundsätzlichen Verfahren vor: den perkutanen Verschluss des linken Vorhofohrs (Ball-Typ, DISC-Typ und Naht) einerseits und den chirurgischen Verschluss des linken Vorhofohrs (Naht oder AtriClip®-Gerät) andererseits. In der PROTECT AF-Studie war der perkutane Verschluss des linken Vorhofohrs mit dem Watchman der Warfarin-Therapie nicht unterlegen. In der PREVAIL RCT bei Patienten mit nicht-ventrikulärem Vorhofflimmern und erhöhtem Schlaganfall- oder Blutungsrisiko, die für eine chronische Antikoagulation in Frage kamen, führte der Vorhofohrverschluss mit dem Watchman Implantat im Vergleich zu Warfarin zu einer verbesserten Rate an hämorrhagischen Schlaganfällen, kardiovaskulären/unerklärlichen Todesfällen und nicht-prozedurbedingten Blutungen. Die 5-Jahres-Ergebnisse der PREVAIL-Studie in Kombination mit den 5-Jahres-Daten der PROTECT-Studie zeigen, dass der Verschluss des linken Vorhofohrs mit dem Watchman-Implantat bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern eine vergleichbare Schlaganfallprävention wie Warfarin bietet, mit einer zusätzlichen Reduktion schwerer Blutungen, insbesondere hämorrhagischer Schlaganfälle, und der Mortalität.
Vier-Schrittverfahren des Transkatheterverschlusses
1) Venenpunktion der Leiste, 2) Angiography des linken Vorhofohrs, 3) transseptale Punktion, 4) Gerätefreigabe.
PROTECT AF: Watchman vs. VKA
In einer Übersichtsarbeit über die Wirksamkeit und Sicherheit des linken Vorhofohrverschlusses bei Patienten, bei denen eine Kontraindikation für orale Antikoagulation besteht, wird vorgeschlagen, dass die Implantation der Watchman-Vorrichtung wirksam und sicher ist.
Transkatheter Verschluss des linken Vorhofohrs – Perikarderguss
In einem grossen Register zum Vorhofohrverschluss wurde bei weniger als einem von 20 Patienten ein Perikarderguss beobachtet, der in der Regel innerhalb von 6 Stunden nach dem Eingriff auftrat. Die Mehrheit der frühen Perikardergüsse war klinisch relevant und trat bei Amplatzer-/Amuletteneingriffen auf. Zu den unabhängigen Prädiktoren gehörten die Verwendung von Doppelverschlussvorrichtung, weibliches Geschlecht, orale Antikoagulation.
Verbleibende Peridevice-Leckagen
Bei einem signifikanten Prozentsatz der Patientinnen werden nach 45 bis 90 Tagen mittels transösophagealer Echokardiographie neue Peridevice Leckagen festgestellt, was mit schlechteren klinischen Ergebnissen verbunden war.
Beim interventionellen Verschluss des Vorhofohrs müssen Leckagen vermieden werden.
AMULET DIE Studie (Lakkireddy D … Windecker S. Circulation 2021;144:1543–1552)
Der Amulet-Okkluder war hinsichtlich Sicherheit und Wirksamkeit der Schlaganfallprävention bei nicht valvulärem Vorhofflimmern dem Watchman-Gerät nicht unterlegen und beim LAA-Verschluss überlegen. Die verfahrensbedingten Komplikationen waren beim Amulet-Okkluder höher und nahmen mit der Erfahrung des Operateurs ab.
Linker Vorhofohrverschluss versus DOAC
Bei Hochrisikopatienten mit Vorhofflimmern hat der Verschluss des linken Vorhofohrs im Vergleich zu DOACs möglicherweise eine ähnliche Wirksamkeit bei der Schlaganfall-Prophylaxe, aber ein geringeres Risiko für schwere Blutungen und Mortalität. In der langfristigen Nachbeobachtung der PRAGUE-17-Studie war der linke Vorhofohrverschluss den DOACs in Bezug auf die Prävention schwerer, kardiovaskulärer, neurologischer oder blutungsbedingter Ereignisse nicht unterlegen. Darüber hinaus wurde die Zahl der nicht prozeduralen Blutungen durch den Vorhofohrverschluss signifikant reduziert.
Laufende Studien zum Vorhofohrverschluss sind:
OPTION (Ablation + Watchman vs. DOAC + Ablation,
CATALYST (Amulet + DAPT, 3 Monate gefolgt von ASA während 9 Monaten vs. DOAC)
CHAMPION-AF (Watchman + OAC + ASA oder OAC allein oder DAPT während 3 Monaten) vs. (nicht Unterlegenheit) DOAC.
LAAOS-4 (Watchman + DOAC vs. DOAC),
ELAPSE (LAAC + DOAC vs DOAC
Laufende Studien bei Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern
ASAP-TOO (Watchman FLX + DAPT gefolgt von ASA vs. SAPT oder keine Therapie)
COMPARE LAAO (LAAC + DAPT während 3 Monaten gefolgt von ASA5 Monaten vs. SAPT oder keine Therapie
Derzeitige Europäische Empfehlungen für Vorhofohrverschluss bei Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern
CHADSDS2-VA Score ≥2: chirurgischer Vorhofohrverschluss (IIb/C) bei Patienten unter Herzchirurgie = Pat. unter Herzchirurgie (on Top von OAC) (I/B).
Transkatheter linker Vorhofohrverschluss (IIb/C).
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