- Schweizer Gesundheitssystem Quo vadis? – Reflexionen einer Hausärztin
Vergessen wird, dass wir Patienten behandeln. Negiert wird eine grassierende Inflation, von der auch wir Ärzte betroffen sind. Nicht berücksichtigt wird die Tatsache, dass die Lebenserwartung in den letzten 20 Jahren erfreulich zugenommen hat, was bei Personen, die am Ende ihrer Lebensspanne angekommen sind, zu einer zunehmenden Kumulation an Gesundheitskosten führt. Ferner, und dies ist entscheidend, sind neue, höchst innovative Therapien, welche klinisch eingeführt und zugelassen wurden, im Einsatz. Diese erhöhen die Lebensqualität und in bestimmten Fällen retten sie Leben.
Was können wir Hausärztinnen und Hausärzte dafür tun? Die konventionelle Hausarztmedizin, bei der ein Grundversorger mit seiner Kenntnis Patienten umfassend und ganzheitlich behandelt und dabei auf sein Fachwissen zurückgreift, hat nicht ausgedient. Sogenannte Billigmodelle hindern Patienten daran, sich direkt beim Spezialisten zu melden. Schliesslich aber müssen sie doch den Hausarzt aufsuchen, damit dieser eine bereits getätigte Spezialisten-Behandlung im Nachhinein rechtfertigt.
Solche Modelle sind auch kostentreibend. Und was kostet die Kassen das jährliche gegenseitige Abwerben von Versicherten? Wir Grundversorger sind nicht die Kostenverursacher, sondern wollen eine moderne Medizin anbieten, die auf unsere Klientel abgestimmt ist und mit der sie zufrieden ist. Der gezielte, niederschwellige Beizug der Spezialisten gehört auch dazu, nach dem Motto: Auf eine gute Fragestellung kommt auch eine gute Antwort.
Es ist so, wir müssen die Probleme beim Schopf packen und selber hartnäckig auf reflektierte Lösungen pochen. Das Einführen eines neuen Tarifsystems gehört dazu, die Ausbildung von mehr Personal gehört dazu, der Einbezug der studentischen Lehre in die Arztpraxen gehört dazu. Wir sind bereit die Probleme anzugehen und haben Lösungen bereit.
Trotz der Administration, die sich auftürmt, bin ich Vollbluthausärztin, die Betreuung meiner anvertrauten Patienten erfüllt mich und macht Freude. Die Begleitung der Menschen und die Kommunikation bleibt für mich prioritär.
Dr. med. Astrid Lyrer
Basel