- SGLT2-Hemmer und GLP1-RA in der Hepatologie
Die moderne antidiabetische Therapie mit einem SGLT2-H. und/oder einem GLP1-RA hat neben der kardio- und renoprotektiven auch eine sehr viel versprechende hepatoprotektive Wirkung. Letztere bei einer nicht alkoholischen Fettleber resp. einer Steatohepatitis; bis anhin als NAFL resp. NASH bezeichnet. GLP1-RA und weitere neue Hormon Rezeptoragonisten führen zu einer signifikanten Gewichtsreduktion von ≥10-15% des Körpergewichts und senken das Risiko der steatotischen Leber- und deren Folgeerkrankungen. Die Lebersteatose und die Steatohepatitis ist unter diesen Medikamenten reversibel.
Modern antidiabetic therapy with an SGLT2-H. and/or a GLP1-RA has a very promising hepato-protective effect in addition to the cardio- and renoprotective effect. The latter in the case of non-alcoholic fatty liver or steatohepatitis; previously referred to as NAFL or NASH. GLP1-RA and other new hormone receptor agonists lead to a significant weight reduction of ≥10-15% of body weight and reduce the risk of steatotic liver disease and its sequelae. Hepatic steatosis and steato-hepatitis are reversible with these drugs.
Key Words: Non-alcoholic fatty liver disease; NAFLD/NASH, MASLD/MASH; SGLT2-I.; GLP1-RA; Cardiovascular disease; Adipositas
Dieser Artikel ist eine Ergänzung zu den beiden Publikationen über SGLT2-H. bei der Herz- und Nieren-insuffizienz (1, 2) und stützt sich auf einen aktuellen online Vortrag von Diabetes Live (Streamed up) vom November 2023.
Neu werden seit dem EASL-Kongress 2023 anstelle der Ausdrücke NAFL und NASH die Ausdrücke MASLD und MASH (metabolic dysfunction associated steatotic liver disease resp. metabolic dysfunction associated steatohepatitis) verwendet. Der neue Begriff MASLD zeigt die enge Vernetzung hepatischer und metabolischer Faktoren der Erkrankung auf. Zudem verdeutlicht dies die Notwendigkeit einer interdisziplinären Betreuung durch Hepatologen und Stoffwechselspezialisten. Zur neuen Nomenklatur gehören auch SLD/Steatotic Liver Disease als Überbegriff, ALD/Alcoholic associated Liver Disease, MetALD/MASLD + Alkoholaufnahme >10 resp.20g/die. Es gibt dann noch eine specific aetiology SLD (Medikamente, Viren, Autoimmun u.a.) und eine cryptogenic SLD (3).
Eine nicht alkoholische Fettleber (NAFLD/MASLD) hat beim Typ 2 Diabetes mellitus (T2DM) eine Prävalenz von bis zu 70%, eine Steatohepatitis (NASH/MASH) von bis zu 40% und eine fortgeschrittene Lebererkrankung von bis zu 20%. Eine MASLD liegt vor, wenn bei Menschen mit Steatose der Leber mindestens einer von fünf kardiometabolischen Risikofaktoren vorliegt. Diese sind Prä-Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhte Triglyzeride und erhöhtes LDL-Cholesterin. Selten tritt eine NAFL bei schlanken Personen auf (Genetik, NW Immuntherapie).
Die Sonographie der Leber sollte als diagnostische Bildgebung eingesetzt werden. Sie ist aber nicht sensitiv genug um eine Leberverfettung auszuschliessen, sie ist aber sehr spezifisch bei hohem Fettgehalt (>25%) beim Nachweis eines echogenen Musters der Leber verglichen mit dem Parenchym der rechten Niere. Eine sonographische Unterscheidung zwischen NAFL und NASH ist nicht möglich – vgl. Abbildung 1. Die Transaminasen AST/GOT u. ALT/GPT können nicht sicher zum Nachweis einer Lebersteatose verwendet werden. Diese sind nur in 6 resp. 10% erhöht. Hilfreich ist der Fatty-Liver Index (FLI) mit einer hohen Sensitivität und Spezifität für eine Fettleber bei einem Fettgehalt >25%. Dieser errechnet sich aus dem BMI, dem Taillenumfang, der y-GT und den Triglyceriden. Je höher der Fettgehalt in der Leber, desto höher das kardiovaskuläre (cv) Risiko (4). Die entsprechende Hazard Ratio für cv Tod, nichtletalen Myokardinfarkt und ischämischen Schlaganfall betrug 1,98 bei vorher gesunden Personen. Der FLI ist ein Surrogatmarker für NAFLD und hat einen prognostischen Wert für die Erkennung von Personen mit einem höheren Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und einen T2DM.
Aus einer Fettleber entwickelt sich in 7-30% eine Steatohepatitis mit einer zusätzlichen Fibrose. Bisher als NASH neu als MASH bezeichnet – metabolic dysfunction associated Steatohepatitis. Diese hat eine erhöhte hepatische Morbidität und Mortalität. Je stärker die Fibrose, desto schlechter die Langzeitprognose. Eine solche findet man in 12-20% der T2DM Patienten. Die Transaminasen sind auch bei einem T2DM und einer Leberzellfibrose nur in einem geringen Prozentsatz (18 resp. 28%) erhöht (5). Die Diagnose einer Fibrose kann mit dem FIB-4 Score gestellt werden. Dieser errechnet sich aus Alter, Thrombozytenzahl (Abfall bei Zirrhose) und den Transaminasen. Dieser Score sollte bei einem T2DM 1x jährlich durch den Hausarzt oder Diabetologen erhoben werden; wie die eGFR und UACR-Bestimmung zum Ausschluss einer CKD. Bei einem FIB-4 Score ≥1,3 sollte eine Überweisung an einen Gastroenterologen/Hepatologen zu einem Fibroscan erfolgen – besteht doch ein erhöhtes Risiko für eine Leberzirrhose resp. ein Leberzellkarzinom (HCC) – vgl. Abbildung 1. Ein HCC kann auch ohne Zirrhose aus einer Lebersteatose entstehen, dies im Gegensatz zu einer Hepatitis C. Es besteht daher ein diesbezüglich hohes Risiko bei Patienten mit T2DM. Vgl. auch www.DDG.de/Diabetes und fatty liver.
Wie eine Lebersteatose entsteht, zeigt eine sehr schöne Übersichtsarbeit von Xu (6). Neben der Genetik, einer zu hohen Kalorienzufuhr mit Adipositas und vermehrtem Fettgewebe, Adipokin und Leptin, spielt ein verändertes Mikrobiom, eine Entzündung, eine Insulinresistenz, eine de novo Lipogenese der Leber und der T2DM eine wesentliche Rolle.
Therapie
Von einer Adipositas sind weltweit mehr als 500 Millionen Menschen betroffen. In den nächsten 10 Jahren ca. ¼ der Weltbevölkerung. Adipositas ist eine komplexe chronische Erkrankung, die eine Vielzahl von Folgeerkrankungen induziert. Zu den wichtigsten Komorbiditäten gehören T2DM, erhöhte vaskuläre Todesfälle, Thromboembolie, Schlafstörungen und Krebs.
Neben einer gesunden Ernährung und einer ausreichenden körperlichen Aktivität ist eine Gewichtsreduktion von 5-10% bei einer Hypertonie, Fettleber, einer Dyslipidämie und zur Prävention eines T2DM sinnvoll. Noch besser ist eine Gewichtsreduktion von 10->15% zur cv Prävention, T2DM-Remission, Verbesserung der renalen und hepatologischen Parameter
inkl. NASH/Fibrose, einer Gonarthrose und Senkung der cv Mortalität. Ohne Medikamente ist dieses Ziel von 10->15% kaum erreichbar.
SGLT2-H., GLP1-RA und Metformin haben eine sehr positive Wirkung auf eine Lebersteatose und ihre Folgeerkrankungen. Sulfonylharnstoffe und Insuline erhöhen aber diese Erkrankungen.
SGLT2-Hemmer: Sie senken in der Leber die freien Fettsäuren, hemmen die Lipogenese, fördern die Lipolyse, hemmen die Entzündung und Apoptose und erhöhen die Autophagie mit Verminderung des zellulären Stresses. Auch hemmen sie die Insulinresistenz und die de novo Lipogenese in der Leber. Dadurch wird neben dem HbA1c, dem Gewicht, den Leberenzymen und den Triglyceriden die Lebersteatose und Fibrose nach verschiedenen T2DM-Studien mit Cana-, Dapa- und Empagliflozin über 12-48 Wochen vermindert (6). Die SGLT2-H. sind für diese hepatologische Indikation ohne T2DM nicht zugelassen.
GLP1-RA: Neben dem Einsatz bei einem T2DM mit deutlicher Verbesserung der metabolischen Parameter und kardio- und nephroprotektiven Eigenschaften wird der GLP1-RA auch bei einer Adipositas verwendet. Eine effektive Gewichtsreduktion von 10->15% kann heute medikamentös erreicht werden. Nach den ESC-Guidelines 2023 «Diabetes + Herz» besteht eine Indikation für einen GLP1-RA bei einem T2DM mit einem BMI von 30kg/m2 oder ≥27 mit gewichtsadaptierten Komorbiditäten. Es kommt in hohen Dosen je nach Substanz zu einer effektiven Gewichtsreduktion. Dieses Medikament soll wie der SGLT2-H. unabhängig vom HbA1c bei einem sehr hohen als auch bei einem hohen cv Risiko eingesetzt werden: T2DM + ASCVD oder schwere TOD oder 10 Jahres Risiko ≥20% Score2-Diabetes; T2DM und ein 10 Jahres Risiko von 10-<20% (IA). Bei einem BMI ≥35 kann nach erfolglosen konservativen Massnahmen inkl. einem GLP1-RA die metabolisch/bariatrische Chirurgie diskutiert werden (7).
In der STEP-HFpEF Studie konnte mit einem GLP1-RA bei einer Herzinsuffizienz (HI) mit erhaltener EF (>50%) und einer Adipositas (BMI ≥30kg/m2) neben einer Gewichtsreduktion, eine Verbesserung der HI-Symptome und eine Verbesserung der körperlichen Einschränkung, der Lebensqualität und eine CRP-Senkung erzielt werden (8).
In der aktuellen SELECT-Studie, welche am diesjährigen AHA Kongress im November vorgestellt wurde, zeigte sich unter 2,4mg Semaglutid s.c. 1x wö. bei 8803 kardiovaskulären adipösen Risiko-patienten ohne T2DM eine signifikante Reduktion des primären Endpunktes (cv Tod, nicht tödlicher Infarkt/Schlaganfall) von 20%. Die kardiometabolischen Parameter (KG -9,4%, BD, Taille, HbA1c, Lipide) wurden verbessert: das hs-CRP sank um 39% (9). Die Studie zeigt erstmals Adipositas als einen behandelbaren kardiovaskulären Risikofaktor. Die Reduktion von Tod, Herzinfarkt und Schlaganfall durch Semaglutid wurde, zusätzlich zu einer guten leitliniengerechten Therapie, beobachtet.
Semaglutid senkt in einer tiefen Dosis von 0,1/0,2/0,4mg s.c. tgl. über 72 Wochen bei einer nicht alkoholischen Steatohepatitis die ALT/GPT (10). Diese Phase-2-Studie mit Patienten mit einer MASH zeigte, dass die Behandlung zu einem signifikant höheren Prozentsatz von Patienten mit Verbesserung der Fettleberentzündung führte (59 vs 17%). Die Studie zeigte jedoch keinen deutlichen Unterschied zwischen den Gruppen im Prozentsatz der Patienten mit einer Verbesserung des Fibrose Stadiums.
Ein Dreifach-Agonist (GIP/GLP-1/Glucagon-RA) Namens Retatrutid 8 resp. 12mg/Wo führte bei adipösen Patienten ohne T2DM neben einer Gewichtsreduktion von ≥15% in 83% auch zu einer Reduktion der Leberverfettung; diese bildet sich bei mehr als 85% der Teilnehmer in 48 Wochen zurück. Effektive Gewichtsreduktion von bis zu 24%. Zusätzlich positive Wirkung bezüglich BD, Glukosehomöostase und Lipidprofil (11, 12). Das Ausmass der Gewichtsreduktion scheint grösser zu sein als mit Semaglutid oder Tirzepatid, einem dualen Agonisten, bei vergleichbarem Sicherheitsprofil (13). Bei der Behandlung der reinen Adipositas ohne T2DM sind diese Medikamente oft noch off-label use. Sie könnten in Zukunft die bariatrisch/metabolische Chirurgie partiell verdrängen.
Wir werden also zu diesem Thema in den kommenden Jahren noch einige hochinteressante Studien zur Behandlung der kardiometabolischen Parameter, der cv und renalen Protektion, der Lebersteatose und ihrer Folgeerkrankungen mit diesen vielversprechenden Rezeptor-Agonisten und deren Kombinationen erhalten.
Abkürzungen:
ASCVD: atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung
CKD: chronic kidney disease
HFpEF: Herzinsuffizienz bei erhaltener LVEF (≥50%)
TOD: Endorganschäden
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Der Autor hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
- Durch eine effektive Gewichtsreduktion von ≥15% des Körpergewichts kann eine Lebersteatose therapiert werden, das kardiovaskuläre Risiko, die hepatische Morbidität/Mortalität und die metabolische Stoffwechsellage deutlich verbessert werden. Dies ist nur mit Hilfe von GLP1-RA und weiterer innovativer Darmhormon-Rezeptor-Agonisten möglich. Inkretine stehen bei der Therapie des T2DM und bei der Adipositas zur Verfügung. Sie erhöhen die postprandiale Insulinsekretion und haben eine Wirkung auf verschiedene Zielorgane.
- SGLT2-Hemmer und GLP1-RA haben eine kardio-, nephro- und
hepatoprotektive Wirkung.
1. Dürst U., SGLT2-H. in der Therapie, Teil 1 Herzinsuffizienz, Der informierte Arzt, Sept. 2023
2. Dürst U., SGLT2-H. in der Therapie, Teil 2 Niereninsuffizienz, Der informierte Arzt, Nov.2023
3. Rinella ME et al., A multi-society Delphi consensus statement on new fatty liver disease nomenclature, Hepatology 2023, June 24, 101133
4. Kim JH et al., Fatty liver index and development of cardiovascular disease in Koreans without pre-existing myocardial infarction and ischemic stroke: a large population-based study, Cardiovasc Diabetol.2020, (19);Mai 2;19(1):51.doi: 10.1186/s12933-020-01025-4
5. Lomanaco R. et al., Advanced Liver Fibrosis Is Common in Patients With Type 2 Diabetes Followed in the Outpatient Setting: The Need for Systematic Screening, Diabetes Care 2021;44(2):399-406
6. Xu R. et al., SGLT2-I. for Non-Alcoholic Fatty Liver Disease : A Review, Front Biosci (Land-mark Ed) 2023;28(7):134
7. Marx N. et al., 2023 ESC Guidelines for the management of cardiovascular disease in patients with diabetes, European Heart Journal (2023) 00, 1–98, https://doi.org/10.1093/ eurheartj/ehad192
8. Kosiborod MN et al., Semaglutide in patients with heart failure with preserved ejection fraction and obesity, 25. August 2023 DOI: 10.1056/NEJMoa2306963
9. Lincoff AM et al. Semaglutide and Cardiovascular Outcomes in Obesity without Diabetes. N Engl J Med. 2023 Nov 11. doi: 10.1056/NEJMoa2307563. Epub ahead of print. PMID: 37952131
10. Newsome PN et al., N Engl J Med 2021 Mar 25 ;384(12) :1113-1124
11. Jastreboff A.M. et al., Triple-Hormone-Receptor Agonist Retatrutide for Obesity – A Phase 2 Trial, N Engl J 2023 Aug 10, 389(6):514-526
12. Sanyal AJ et al., ADA Kongress 2023 in San Diego
13. Nauck M.A. et al., GIP und GLP-1-Rezeptoragonismus in der Therapie des Typ 2 Diabetes mit Fokus auf Tirzepatid, Diabetol. Stoffwechs 2023, Thieme Verlag
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