Auch ohne Einfluss auf Themen und Autoren sind Pharmafirmen Partner

So nicht!



Vielleicht ist es Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, schon ähnlich ergangen wie mir: Gelegentlich kommentiere ich beim Lesen von Zeitschriften einen Artikel so laut, dass meine Frau reagiert. Nicht selten entwickelt sich daraus eine Diskussion und öfters beenden wir das Gespräch mit der Feststellung: «Man sollte eigentlich reagieren und eine Replik schreiben». Aber fast immer bleibt es dabei.

Vor kurzem habe ich aber nun im Swiss Medical Forum (SMF) ein Interview mit dem Verleger der Schwabegruppe und somit auch Teilhaber an der Zeitschrift SMF, Prof. Dr. med. L.T. Heuss, gelesen. Anlass ist das 20-jährige Jubiläum der Zeitschrift. Auch meinerseits herzliche Gratulation und viel Erfolg an die Redaktion mit einer persönlichen Hoffnung: dass mir und uns die Rubrik «kurz und bündig» von Reto Krapf noch lange erhalten bleibe!

Im besagten Interview provozierten mich die Antworten und Begründungen auf die Frage, wo es noch Potential gebe, um die Zeitschrift SMF selbsttragend aufzustellen, umgehend zu akustischen Reaktionen. Im Verbund mit der Ärztezeitung, so der Verleger, sei das FSMF selbsttragend. «Im SMF wollten wir uns immer unterscheiden von anderen Heften, in denen man zuerst ein Inserat, eine Anzeige verkauft, und dann den Artikel schreibt…»und weiter: «Wenn man niemandem, keiner Agentur und keiner Pharmafirma nach dem Mund schreiben muss, kann man unabhängig die Autorinnen und Autoren wählen und das Themensetting betreiben. Das kann nur garantiert werden in Form eines Verbundes. Das ist das grosse «Asset», die grosse Wichtigkeit, die Verbindung mit der SÄZ… Die Unabhängigkeit sollte, meine ich, den Ärztinnen und Ärzten durchaus etwas wert sein…. Es würde der Ärzteschaft gut anstehen, vom doch grosszügigen jährlichen Mitgliederbeitrag einen bescheidenen Teil von 20 oder 50 Franken… zur Verfügung zu stellen… Es ist ein grosses Problem und ein grosses Risiko, wenn man die Kommunikation und Themen der Weiterbildung der Ärzteschaft finanziell ausschliesslich auf Zahlungen und Anzeigen der pharmazeutischen Pharmazie ablegt. Das birgt die Gefahr unguter Abhängigkeiten».

So ist es also: Nur wer keine Inserate an Pharmafirmen verkauft, ist in seiner Themenwahl frei, nur so kann unabhängig und glaubhaft eine gute Weiter- und Fortbildung betrieben werden. Die Kosten für die Realisierung solcher Printmedien sollen vom «Verbund», sprich vom Ärzteverband, getragen werden. Wirklich?
Die Fachzeitschrift «der informierte arzt» lesen Sie, weil diese primär für Hausärztinnen und Hausärzte, also für Sie, gemacht wird und Ihnen mit relevanten Themen eine praxisbezogene Weiter- und Fortbildung anbietet. Dafür bezahlen Sie freiwillig und ohne Verbandzugehörigkeit ggf. ein Abonnement und finanzieren so die Zeitschrift mit. Selbstredend finanzieren diese Einnahmen keine Zeitschrift vollumfänglich. Oder kennt der «Herr Verleger» Zeitungen und Zeitschriften, welche auf Inserate verzichten können und die Abonnementskosten dennoch bezahlbar bleiben? Unsere Zeitschrift wird von den Inseraten unserer pharmazeutischen Partner mitfinanziert. Aber: Was ist bitte daran schlecht und verwerflich? Wir haben ein Editorial- und ein Herausgeberboard, welche von Kolleginnen und Kollegen der Allgemeinen Inneren Medizin betreut werden und in der Auswahl der Themen und der Verfasser der Beiträge völlig unabhängig sind. Es gibt zwischen den Partnern der pharmazeutischen Industrie und Ihren Kolleginnen und Kollegen in der Redaktion oder den Boards keine Abmachungen oder Verpflichtungen. Wenn der «Herr Verleger» insinuiert, dass es bei den anderen Printmedien, welche im gleichen Geschäftsfeld wie er tätig sind, alles nach dem Sprichwort: «Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing» verläuft, ist das eine doch recht üble Unterstellung.

Und ausserdem: Wer finanziert dann die hochkarätigen und mit Credits wohlgefüllten Weiter- und Fortbildungsveranstaltungen unserer Fachgesellschaften? Das sind auch unsere Pharmapartner, die solche Events überhaupt möglich machen. Ich spreche von Pharma-Partnern. Ja sie sind unsere Partner in unserem medizinischen Geschäft, tagaus, tagein. Wir sind gegenseitig voneinander abhängig. Es wäre gut, diesen Partnern auf Augenhöhe zu begegnen. Eine differenziertere Betrachtung des Verhältnisses Ärzteschaft und Pharmabranche dient der Sache mehr, als Pauschalverdächtigungen in die Welt zu setzen.

Das musste gesagt sein, auch so laut, dass es meine Frau auch hörte. Ihr Kommentar: Muss der Herr Verleger vielleicht mit seinen Aussagen davon ablenken, dass seine Zeitschrift eben doch nicht ganz so selbsttragend ist…?

Dr. med. Christian Häuptle

Dr. med. Christian Häuptle

Gossau

haeuptle@hin.ch

der informierte @rzt

  • Vol. 12
  • Ausgabe 4
  • April 2022