Fortbildung AIM

Benigne Veränderungen (Teil 1)

Sonographie von Nierenzysten

Nierenzysten sind ein häufiger Zufallsbefund in der Sonographie. Einfache Zysten werden in 50% der Fälle in Autopsien von über 50-jährigen Patienten gefunden (1). Komplexere Zysten und zystische Tumore sind seltener und werden in fünf Kategorien nach Bosniak (2-7) eingeteilt. Daneben existieren auch angeborene Zystennierenerkrankungen – die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD),
die autosomal-rezessive polyzystische Nierenerkrankung
(ARPKD) sowie die erworbene Zystennierenerkrankung (engl. acquired cystic kidney disease, ACKD) – welche typischerweise bei langjährigen Dialysepatienten gefunden werden (8, 9).



Bosniak-Einteilung der Zysten

Ursprünglich wurden diese Kategorien nur für die kontrastmittel-verstärkte Computertomographie (CT) gebildet, später folgten auch die kontrastmittel-verstärkte Magnetresonanzbildgebung (MRI) und die kontrastmittel-verstärkte Sonographie (CEUS). Dabei muss man betonen, dass diese Kategorien nicht ganz identisch sind. Deshalb ist es sinnvoll, jeweils die Art der Bildgebung anzugeben, auf deren Basis die Bosniakklassifikation vorgenommen wurde, z.B. Kategorie Bosniak II nach CEUS.

Folgende Kategorien werden unterschieden:
• Bosniak I: einfache Zyste (benigne)
• Bosniak II: minimal komplexe Zyste (benigne)
• Bosniak IIF (Follow): leicht komplexer als II, noch nicht III
(95 % benigne)
• Bosniak III: komplexe Zysten (40-60% maligne)
• Bosniak IV: gemischt zystisch-solide Läsion (85-100% maligne)

Kriterien für die Einteilung sind:
• Wand
• Septen
• Zysteninhalt
• Kontrastierung
• Solide Anteile

Bosniak I: einfache Zyste
Diese Zysten sind rund, dünnwandig, ohne Septen und zeigen im Ultraschall eine dorsale Echoverstärkung, in der Kontrastuntersuchung (CEUS, CECT oder CEMR) zeigen sie keine Kontrastierung. Sie entstehen im Nierenparenchym und werden daher auch Parenchymzysten genannt (Abb. 1). Ähnlich sehen auch parapelvine Zysten aus, die ihren Ursprung im Sinus renalis haben (Abb. 2). Es kommt auch vor, dass eine einfache Bosniak I Zyste durch zystoide Formen des Non-Hodgkin Lymphoms in der Niere vorgetäuscht wird (Abb. 3). In der Regel kann man Bosniak I Zysten sicher mit einer B-Mode Sonographie diagnostizieren, nur atypische Ausnahmen machen eine CEUS-Untersuchung notwendig (z.B. Non-Hodgkin Lymphom, das im Gegensatz zu einer Zyste perfundiert ist).

Charakteristika Bosniak I Zyste:
• Wand dünn < 2 mm
• Septen keine
• Zysteninhalt echofrei
• Kontrastierung keine
• Solide Anteile keine

Charakteristika Bosniak II komplexe Zyste:
• Wand dünn, leicht verdickt
(2-3 mm und oder verkalkt
• Septen 1-3, <2 mm dünn, kaum perfundiert
•Zysteninhalt
echofrei, oder homo- gen oder gemischt echogen
• Kontrastierung minim
• Solide Anteile keine

Die Einteilung der komplexen Zysten erfordert immer eine Bildgebung mit Kontrastverstärkung (CECT, CEMR, CEUS). Ultraschall hat hier viele Vorteile: hohe Sensitivität, gute örtliche Auflösung und dass der Einsatz von ionisierenden Strahlen oder nephrotoxischen Substanzen vermieden werden kann. Daher ist es von Vorteil, als erste Untersuchung bei komplizierten Zysten eine CEUS durchzuführen. Die Bosniak II Zyste ist entweder septiert, mit sehr dünnen Septen (Abb. 4a-b) oder die Zyste hat eine verdickte und oder verkalkte Wand, die nicht oder kaum perfundiert ist (Abb. 5a-c). Diese Zysten sind gutartig und brauchen daher prinzipiell keine Nachkontrollen. Zysten mit Einblutungen haben einen echogenen Zysteninhalt im B-Bild. In diesen Fällen ist die Untersuchung mit CEUS besonders wichtig, da die örtliche Auflösung dieser Methode besser ist als CECT oder CEMR. Die beim Ultraschall eingesetzten Kontrastmittel sind Gasblasen, die etwas kleiner als Erythrozyten sind und somit strikt intravaskulär bleiben, währenddessen bei CT und MR als Kontrastmittel kleinmolekulare Stoffe verwendet werden, welche aus den Gefässen diffundieren, so dass dabei auch Anteile, die nicht durchblutet sind fälschlicherweise als perfundierte Strukturen beurteilt werden. Bei kleinen homogen echogenen Zysten ist die CEUS deshalb sehr wichtig, wie der folgende Fall illustriert: Ein Patient hatte beidseits je eine echogene Zyste. Die Situation war im CEMR und CECT unsicher, weshalb eine CEUS folgte. Dabei konnte eine Zyste links als harmlose eingeblutete Zyste, die rechte jedoch als Nierenzellkarzinom diagnostiziert werden (Abb. 6 a-d).

Charakteristika Bosniak IIF komplexe Zyste
• Wand teils leicht verdickt (2-3 mm) und oder
verkalkt
• Septen viele, <2 mm dünn, kaum perfundiert,
2-3 mm dick
• Zysteninhalt echofrei oder homogen oder gemischt echogen
• Kontrastierung minim
• Solide Anteile keine
Die Bosniak IIF-Zysten wurden früher der Kategorie III zugeordnet und die meisten Fälle waren benigne. In der Folge hat man eine neue Kategorie IIF gebildet, wobei «f» für «follow» steht. Bei dieser Bezeichnung ist eine Nachkontrolle in 6 Monaten angezeigt (Abb. 7a-b). In der CT-Untersuchung hat man eine Veränderung als Zyste IIF beurteilt, mit knotiger Verkalkung der Wand. Diese Veränderung hat man auch im Ultraschall gesehen, die dynamische Untersuchung zeigt jedoch rollende Steine und in der Spätaufnahme mittels CECT konnte man klar den vermuteten Kelchdivertikel mit Steinen diagnostizieren (Abb. 8 a-c).

Copyright bei Aerzteverlag medinfo AG

PD Dr. med.Jan Tuma

Zentrum für Nephrologie und Dialyse, Kompetenzzentrum für
Zystennieren, Klinik Hirslanden, Witellikerstrasse 40, 8008 Zürich

jan.tuma@hin.ch

Prof. Dr. med. Andreas Serra

Zentrum für Nephrologie und Dialyse, Kompetenzzentrum für Zystennieren, Klinik Hirslanden, Witellikerstrasse 40, 8008 Zürich

Die Autoren haben in Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.

◆ Einfache Zysten vom Typ Bosniak I können sehr gut mit B-Mode Sonographie diagnostiziert werden.
◆ Ab Bosniak II (komplizierte Zysten) ist eine Echokontrastsonographie (CEUS) notwendig.
◆ Diagnose Bosniak II mit CEUS ist definitiv benigne und braucht keine Verlaufskontrolle.
◆ Bosniak IIF sollte innert 6 Monaten mit CEUS nachkontrolliert werden.

Literatur:
1. Grantham JJ, Winklhofer F. Cystic Disease of the Kidney. In: Bren- ner B-M, Rector F-C, editors. Volume: 2, The Kidney. Philadelphia: Saunders; 2004. p. 1743–70.
2. Bosniak MA. The current radiological approach to renal cysts. Radiology 1986; 158: 1–10.
3. Israel GM, Bosniak MA. An update of the Bosniak renal cyst clasification system. Urology 2005; 66: 484–88.
4. Silverman SG, Pedrosa I, Ellis JH et al: Bosniak Classification of Cystic Renal Masses, Version 2019: An Update Proposal and Needs Assessment. Radiology 2019;292:475-488.
5. Terada N, Ichioka K, Matsuta Y, Okubo K, Yoshimura K, Arai Y The natural history of simple renal cysts. J Urol. 2002; 167: 21–23.
6. Carrim ZI, Murchison JT: The prevalence of simple renal and hepatic cysts detected by spiral computed tomography. Clin Radiol. 2003;58(8):626.
7. Cantisani v et al: EFSUMB 2020 Proposal for a Contrast-Enhanced Ultrasound-Adapted Bosniak Cyst Categorization – Position Statement Ultraschall in der Medizin – European Journal of Ultrasound 2020 (efirst) DOI: 10.1055/a-1300-1727
8. Grantham JJ, Torres VE, Chapman AB, Guay-Woodford LM, Bae KT, King BF, Jr. et al. Volume Progression in Polycystic Kidney Disease. N Engl J Med 2006;354:2122–30.
9. Taves DH. Acquired cystic disease of the kidney in patients on hemodialysis. Can.Assoc.Radiol.J 1986;37:161–63.
10. O‘Neill WC. Other Multicystic Disorders. In: O‘Neill WC, editor. Atlas of renal Ultrasonography. 2000. p. 99–105.