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Trazodon mit verlängerter Wirkstofffreisetzung bei schwerer depressiver Störung



Eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie

Trazodon ist ein Antidepressivum auf Triazolopyridin-Basis, das über einen Serotonin-2A- und -2C-Rezeptor-Antagonismus (5HT2A/2C) und über eine Serotonin-Wiederaufnahmehemmung wirkt. (1,2). Es gehört zu einer bestimmten Klasse von Antidepressiva, die als Serotonin-2-Antagonisten/Wiederaufnahmehemmer (SARI) bezeichnet werden. Trazodon hat einen mässigen Histamin-1 (H1)-Rezeptor-Antagonismus und verfügt über anxiolytische und hypnotische Eigenschaften (3,4). Seit seiner Einführung vor 40 Jahren als atypisches Antidepressivum mit einzigartigen pharmakologischen Eigenschaften wurde die antidepressive Äquivalenz von Trazodon mit anderen Arzneimittelklassen in mehreren vergleichenden Studien nachgewiesen (4-11). Die sedierende Wirkung von Trazodon in Formulierungen mit sofortiger Wirkstofffreisetzung schränkt seine Dosierung als Antidepressivum ein (1,10.) Trazodon Contramid® once-a day (OAD) ist eine von Labopharm Inc. (Laval, Québec, Kanada) entwickelte Formulierung von Trazodon HCl mit verlängerter Wirkstofffreisetzung, die einmal täglich eingenommen wird. Trazodon Contramid OAD (TCOAD) wurde entwickelt, um die antidepressive Wirksamkeit von Trazodon zu optimieren. Contramid ist ein vernetzter, hochamylosehaltiger Stärkehilfsstoff, der eine kontrollierte Freisetzung von Trazodon über einen längeren Zeitraum ermöglicht (12).

Ziel einer randomisierten, doppelt verblindeten Phase-III-Studie war es, die Wirksamkeit, die Sicherheit und der klinische Nutzen einer einmal täglich einzunehmenden Formulierung von Trazodon (Trazodone Contramid® OAD) bei der Behandlung einer schweren depressiven Störung zu untersuchen (13).

Design/Teilnehmer

In dieser Doppelblindstudie wurden 412 Patienten mit einer schweren depressiven Störung (Kriterien des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fourth Edition) im Verhältnis 1:1 randomisiert und erhielten entweder Trazodon Contramid OAD (150 bis 375 mg) oder Placebo. Die Behandlung wurde über einen Zeitraum von zwei Wochen auf die jeweils optimale Dosis titriert. Anschliessend setzten die Patienten die Behandlung sechs Wochen lang fort; weitere Dosisanpassungen waren je nach Wirksamkeit und Verträglichkeit möglich.

Methoden

Der primäre Endpunkt war die Veränderung des Gesamtergebnisses der Hamilton Depression Rating Scale mit 17 Punkten vom Ausgangswert bis zum letzten Studienbesuch. Zu den sekundären Endpunkten zählten die Responder/Remitter der Hamilton Depression Rating Scale, die Veränderung der Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale, die Clinician and Patient Global Improvement Scales sowie die Schlafqualität.

Ergebnisse

Vom Ende der Titration bis zum Ende des sechswöchigen Behandlungszeitraums betrug die mittlere Tageshöchstdosis der Intent-to-treat-Population 310 mg in der aktiven Gruppe und 355 mg in der Placebogruppe. Es gab einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Trazodon und Placebo beim mittleren HAMD-17-Score (-11,4 vs. -9,3, P=0,012). Ein signifikanter Unterschied zeigte sich bereits in Woche 1 und blieb bei allen nachfolgenden Studienbesuchen bestehen. Viele sekundäre Endpunkte bestätigten diese Ergebnisse, einschliesslich der Verbesserung der Schlafqualität. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren sowohl in der Behandlungs- als auch in der Placebogruppe die gleichen: Kopfschmerzen und Schläfrigkeit. Es gab keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse, die mit der Behandlung in Verbindung gebracht wurden. Es traten keine klinisch bedeutsamen Elektrokardiogramm- oder Laboranomalien auf.

Schlussfolgerungen

Die Ergebnisse dieser grossen, randomisierten Doppelblindstudie zeigen, dass TCOAD – bei einer durchschnittlichen Tageshöchstdosis von 310 mg – eine signifikant grössere Verbesserung des primären Wirksamkeitsendpunkts HAMD-17 als Placebo zeigte. Die Wirksamkeit wurde darüber hinaus durch signifikante Verbesserungen bei 7 von 13 sekundären Endpunkten unterstützt, darunter HAMD-17-Responder, MADRS-Score und Schlafqualität. Die antidepressive Wirksamkeit, die Verbesserung der Schlafqualität, das Ausbleiben sexueller Funktionsstörungen und das geringe Auftreten von Angstzuständen bei Patienten, die TCOAD erhielten, könnten mit dem Antagonismus von 5HT2A/2C- und H1-Rezeptoren durch Trazodon zusammenhängen (3). Obwohl TCOAD mit serotonergen und histaminbedingten Nebenwirkungen verbunden war, die typisch für Trazodon sind, war diese einmal täglich einzunehmende Formulierung mit verlängerter Wirkstofffreisetzung mit Nebenwirkungen verbunden, die von den meisten Patienten gut vertragen wurden und vorübergehend waren.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

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  • Vol. 12
  • Ausgabe 10
  • Oktober 2022