- Update sexuell übertragbare Infektionen
Ein neues nationales Programm sagt HIV, Hepatitis und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) den Kampf an. Um die Ziele bis 2030 zu erreichen, werden klassische Präventionsmassnahmen wie Information und Beratung der sexuell aktiven Bevölkerung und das Kondom durch biomedizinische Massnahmen, sprich den Einsatz von Medikamenten und Impfungen, ergänzt. Aber auch die sekundäre Prävention, das Erkennen und Behandeln und damit Verhindern von weiteren Infektionen hat einen hohen Stellenwert zum Erreichen der Ziele. Neue Diagnosemethoden wie die Multiplex-PCR sowie Resistenzentwicklungen gegen Antibiotika erfordern ein regelmässiges Auffrischen des Wissens über STIs. In diesem Artikel geben wir eine Übersicht über Neuerungen, die entweder bereits jetzt relevant sind oder in Zukunft werden, und wollen Ihnen damit den Zugang zum Thema STIs in der Praxis vereinfachen.
A new national program is fighting HIV, hepatitis and other sexually transmitted infections (STI). In order to achieve the goals by 2030, traditional prevention measures such as information and advice for the sexually active population and condoms will be supplemented by biomedical measures, i.e. the use of medication and vaccinations. However, secondary prevention, the detection and treatment and thus prevention of further infections, is also very important for achieving the goals. New diagnostic methods such as multiplex PCR and the development of resistance to antibiotics mean that knowledge about STIs needs to be regularly refreshed. In this article, we provide an overview of innovations that are either already relevant or will become relevant in the future and aim to simplify your access to the topic of STIs in practice.
Key Words: sexually transmitted infections (STI), prevention, HIV, hepatitis
Hintergrund
Im November 2023 verabschiedete der Bund das neue nationale Programm (NAPS): «Stopp HIV, Hepatitis B-, Hepatitis C-Virus und sexuell übertragene Infektionen» (1). Bis 2030 soll es keine weiteren Übertragungen von HIV und dem Hepatitis B- und C-Virus mehr geben. Damit schliesst sich die Schweiz dem internationalen Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und den vereinten Nationen (UNAIDS) an (2). Für HIV scheinen wir auf dem richtigen Weg zu sein. Die Zahl der Neudiagnosen sinkt. Bezüglich der drei meldepflichtigen bakteriellen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) Syphilis, Neisseria gonorrhoea (NG) und Chlamydia trachomatis (CT) sieht es jedoch anders aus (3). Hier wäre schon ein Rückgang der Neudiagnosen ein Erfolg, denn die Meldezahlen steigen seit Jahren. Um die Ziele des NAPS zu erreichen, sind daher auch die Grundversorger gefragt. Der Umgang mit diesen Erkrankungen in der Praxis ist anspruchsvoll. Neben guten Kommunikationsfähigkeiten braucht es den Durchblick bei wechselnden Test- und Behandlungsstrategien.
Von den über 30 Krankheitserregern, welche ausschliesslich oder hauptsächlich durch Sexualkontakte übertragen werden, sind nicht alle gleich relevant (4). In diesem Artikel wollen wir Ihnen daher eine Übersicht über Neuerungen sowie ein Auffrischen von wichtigem Wissen zu denen für die Praxis relevanten Erregern geben.
Prävention
Sie erinnern sich vielleicht noch an die «Stop Aids»-Kampagne der 80er Jahre. Seitdem hat sich einiges getan in der Prävention. Beschränkte sich früher die Prävention auf Verhaltensänderungen mit dem Ziel der Monogamie, Abstinenz und vor allem der Anwendung von Kondomen, gab es in den letzten 15 Jahren entscheidende Entwicklungen. Heute akzeptieren wir, dass nicht alle Menschen sich immer in jeder Situation an unsere Empfehlungen halten können. Daher werden die oben genannten Präventionsziele heute individuell mit biomedizinischen Präventionsmassnahmen ergänzt. Gemeint sind hierbei präventiv eingesetzte Medikamente wie die HIV Prä- und Postexpositonsprophylaxe, das «Test-and-Treat»-Konzept oder Impfungen für manche STIs sowie individuelle Beratungen und Schutzkonzepte, zum Beispiel abrufbar unter dem Safer-Sex-Check (Abb. 1).
Kondome
Aufgrund ihrer sehr guten Schutzwirkung auf das HI-Virus standen Kondome 40 Jahre im Zentrum der Präventionskampagnen weltweit. Hierbei wurde oft die Tatsache ausgeblendet, dass der Schutz, insbesondere bei bakteriellen STIs, welche in der Regel Schmierinfektionen sind, weit unter dem für HIV liegt. Wie hoch die Wirkung der Kondome auf bakterielle STIs wirklich ist, ist schwer zu sagen; beinahe alle Studien hierzu weisen methodische Schwächen auf (5). Klar ist aber, dass das Kondom, um zu wirken, auch im entscheidenden Moment getragen werden muss. Gerade beim Oralverkehr, welcher zwar kein Risiko für HIV, jedoch aber für bakterielle STIs darstellt, ist das selten der Fall.
Test-and-Treat
In den letzten 15 Jahren wurde daher viel Hoffnung auf das sogenannte «Test-and-Treat»-Konzept gesetzt. Das Konzept beruht auf der Erkenntnis, dass die meisten bakteriellen STIs asymptomatisch verlaufen (6). Die Personen, die Sie mit Symptomen in der Praxis sehen, bilden also nur die Spitze des Eisberges. Würden nun alle Personen, die ein Risiko für eine STI haben, regelmässig getestet, würde man zwar zunächst einen Anstieg an Diagnosen erwarten, durch die Unterbrechung der Infektionsketten sollte es nach einer gewissen Zeit aber zu einer Abnahme der Diagnosen kommen (7). Bei HIV ist diese Strategie durchaus erfolgreich. Auch wenn HIV nicht heilbar ist, so kann doch das Virus unter einer gut behandelten antiretroviralen Therapie nicht mehr weitergegeben werden (8). Bei der Syphilis sehen wir ebenfalls zumindest ein Plateau der Neudiagnosen (3). Bei CT und NG hingegen konnte weltweit noch kein Rückgang beobachtet werden. Der Anstieg in den aktuellen Meldezahlen des Bundesamtes für Gesundheit ist in erster Linie auf die Bemühungen zurückzuführen, dieses Ziel zu erreichen, indem mehr Personen ohne Symptome getestet werden. Aktuell wird daher viel in der Wissenschaft diskutiert, in welcher Form dieses Prinzip bei CT und NG weitergeführt werden soll (9). Für den Einzelnen oder die Einzelne mag der Nutzen jedoch durchaus gegeben sein, um beispielsweise mit einer besseren Sicherheit in eine neue Beziehung zu gehen.
Unbestritten ist bisher der Nutzen der Partner-Notifikation und gegebenenfalls Behandlung, wenn eine STI diagnostiziert wurde. Hier kann auch in Absprache mit dem Patienten eine Blindtherapie indiziert sein. Wichtig ist, dass Sie Ihre Patient/-innen über die Vor- und Nachteile einer eventuell unnötigen Antibiotikagabe aufklären und – falls sie sich für einen Test entscheiden – auf das diagnostische Fenster achten (bei CT und NG 14 Tage).
Wichtig zu erwähnen ist zudem, dass das «Test-and-treat»-Konzept nur für die Infektionen mit HIV, Syphilis, CT und NG gilt. Bei anderen Erregern, wie beispielsweise Mycoplasma genitalium oder Ureaplasmen, ist das Screening von asymptomatischen Personen nicht empfohlen, da diese selten zu Symptomen und so gut wie nie zu Komplikationen führen, die Behandlung aber sehr belastend sein kann (10). Hier gilt der Grundsatz «Primum non nocere!» Wir raten daher auch von der Verwendung von Multiplex-PCR, welche fünf oder mehrere Erreger gleichzeitig suchen, insbesondere bei asymptomatischen Personen, ab.
Prophylaktische Gabe von Antiinfektiva und Impfungen
Aufgrund des ausbleibenden Effektes des «Test-and-treat»-Konzepts wurde nach neuen Präventionsstrategien gesucht. Impfungen gibt es bereits gegen HPV und Hepatitis B. Zu erwähnen ist zudem die Impfung mit dem Pocken-Impfstoff Jynneos®, welcher auch eine Wirkung auf das Mpox (ehemals Affenpocken) Virus zeigt und daher für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) und trans Personen mit wechselnden Sexualpartnern empfohlen ist. Die Impfung wird für diese Gruppen von den Krankenkassen übernommen und erfolgt je nach Kanton an speziellen Impfstellen. Gegen Syphilis, Gonokokken und Chlamydien stehen leider noch keine Impfungen zur Verfügung, auch wenn Studien hierzu laufen. Retrospektive Studien von Personen, die eine Impfung gegen einen den NG verwandten Erreger, den Meningokokken Gruppe B (Bexsero), erhalten haben, zeigen eine 40 % Reduktion von NG (11). Neueste, prospektive Studien konnten diesen Effekt jedoch leider nicht bestätigen (12). Aktuell gibt es daher keine offizielle Empfehlung für Risikopersonen, diese Impfung off-label zum Schutz von NG anzubieten.
Neben Impfungen wurde auch das Prinzip der Chemo-prophylaxe untersucht. Bei HIV kennen wir dieses Prinzip schon eine Weile und seit dem 01. Juli 2024 kann die HIV-Präexpositonspophylaxe (PrEP) für bestimmte Risikogruppen durch die Krankenkassen vergütet werden. Voraussetzung ist, dass man zu den vom Bund vorgegebenen Gruppen gehört und die verschreibenden Ärzte und Ärztinnen Teil des SwissPrEPared Programms sind (13). Mehr zur PrEP und zur Teilnahme am Programm finden Sie unter www.swissprepared.ch.
Aber auch bei den bakteriellen STIs bekommt dieses Konzept immer mehr Bedeutung. Studien mit einmalig 200 mg Doxycyclin bis zu 72 Stunden nach einer sexuellen Risikosituation konnten bei MSM beachtliche Effekte von bis zu 70 % Reduktion von Chlamydien- und Syphilis-Infektionen zeigen (12, 14). Bei Gonokokken, die eine rasante Resistenzentwicklung in den letzten Jahrzehnten gezeigt haben, war der Effekt deutlich geringer oder nicht nachweisbar. Einige Länder haben daher die sogenannte Doxy-PEP bereits in ihre Empfehlungen für MSM und trans Personen aufgenommen, da hier aufgrund der engen sexuellen Netzwerke die Infektionen am meisten verbreitet sind. Die Eidgenössische Kommission für Fragen zu sexuell übertragbaren Infektionen (EKSI) arbeitet aktuell an einer Empfehlung für die Schweiz. Leider gibt es noch wenig Studien, die Daten zu dem Langzeitrisiko, insbesondere auf die Resistenzentwicklung und auf das Mikrobiom, untersucht haben (15).
Diagnostik
Immer wieder sehen wir in der klinischen Praxis verunsicherte Patienten und Patientinnen, bei denen Antikörper im Blut gegen CT oder NG bestimmt wurden. Diese Analysen haben ihre klinische Relevanz nur bei disseminierten Infektionen. Zur Ursache bei einer akuten Erkrankung wie einer Urethritis haben sie keinen Stellenwert. Zur Diagnostik einer genitalen Infektion eignet sich ein PCR-Test aus einem Abstrich oder eine Urinprobe. Zervikale und vaginale Abstriche sind gleichwertig. Der Abstrich aus der Harnröhre bei einem Penis muss nicht tief eingeführt werden, auch muss das Abstrichstäbchen nicht hin und hergedreht werden. Ein kurzes Einführen in die Harnröhre von < 1cm oder sogar ein Abstrich nur aus dem Meatus ohne Einführen ist ausreichend (16). Beim Abstrich aus dem Penis ist darauf zu achten, dass die Person 2 Stunden vorher nicht uriniert hat, damit die Erreger nicht ausgespült wurden. Bei einer Urinprobe sollte der Erststrahlurin aus dem gleichen Grund verwendet werden (17, 18).
Da diese Erreger aber auch auf anderen Schleimhäuten übertragen werden können, sollten vor allem bei asymptomatischen Personen ein Rachen- und je nach Sexualanamnese zusätzlich ein Rektalabstrich durchgeführt werden. Gerade bei MSM würde man bei einem reinen genitalen Screening bis zu 2/3 aller Infektionen verpassen. (19) Um Geld zu sparen, können die 3 Abstriche gepoolt werden, um nur eine PCR durchzuführen. Hierzu werden alle 3 Abstrichtupfer in ein Röhrchen mit Trägerlösung gegeben (19). Sprechen Sie aber vorher mit Ihrem Labor ab, ob Analysen an gepoolten Abstrichen angeboten werden. Bei MSM mit rektalen Beschwerden, insbesondere Schmerzen oder inguinaler Lymphknotenschwellung und positivem CT-Abstrich, sollte immer auch eine weitere Testung auf Lymphogranuloma venerum (LGV) (CT Serotypen L1-3) erfolgen, da diese eine längere Behandlung benötigen.
Bei der Syphilis erfolgt die Diagnose primär durch serologische Marker. Lediglich bei der frischen Syphilis, mit einem klassischen Ulcus, kann es Sinn machen, auch eine PCR aus einem Ulcus-Abstrich auf Treponema pallidum durchzuführen, da es aufgrund des diagnostischen Fensters zu falsch negativen Resultaten in der Serologie kommen kann. Bei Personen, welche noch nie eine Syphilis hatten, kann der Syphilis-Screening-Test oder Treponema-pallidum-Partikel-Agglutination-Test (TPPA) durchgeführt werden. Da dieser nach einer behandelten Syphilis lebenslang positiv bleibt, muss bei Verdacht eine Re-Infektion und zur Bestätigung eines positiven TPPA der Rapid Plasma Reagin (RPR) oder der Veneral Disease Research Laboratory (VDRL) Test gewählt werden (21). Die Interpretation, ob es sich um eine Sero-Narbe oder eine Re-Infektion handelt, kann schwierig sein. Insbesondere dann, wenn keine Vorwerte vorliegen. Bei der Anamnese sollte zudem immer nach neurologischen Symptomen, speziell nach Seh- und Hörstörungen, gefragt werden. Zudem soll bei Verdacht auch eine neurologische Untersuchung inklusive Lumbalpunktion mit der Frage nach intrathekaler Syphilis-Antikörperproduktion durchgeführt werden, um eine Neuro-Lues nicht zu verpassen. Bei Schwierigkeiten in der Interpretation sollte Rücksprache mit einem Facharzt oder einer Fachärztin für Infektiologie oder Dermatologie/Venerologie gehalten werden.
Behandlungen
In der Behandlung von CT/NG gab es in den letzten Jahren vor allem eine wesentliche Änderung. Auf den Einsatz von Makroliden (Azithromycin) soll aufgrund der raschen Resistenzentwicklung weitgehend verzichtet werden und nur noch bei Unverträglichkeiten auf die Erstlinientherapie ausgewichen werden. Die Erstlinientherapie besteht bei CT aus Doxycyclin 100 mg 2 x täglich für 7d (21d bei LGV) (18).
Bei NG wird keine duale Therapie aus Ceftriaxon und Azithromycin mehr empfohlen, sondern nur noch 1 g Ceftriaxon einmalig in Monotherapie (17). Diese kann intramuskulär (i.m.) oder intravenös (i.v.) erfolgen. Aufgrund der raschen Resistenzentwicklung empfiehlt es sich, immer auch eine kulturelle Testung der NG-Infektion anzustreben. Da diese aber oft nicht gelingt, soll sie die Therapie, vor allem bei symptomatischen Personen, nicht verzögern. Sie kann aber im Falle eines fraglichen Therapieversagens oder einer Ceftriaxon-Unverträglichkeit sehr hilfreich sein. Oft sind zudem die Kosten für die Resistenztestung ein Hindernis, gerade bei jungen Patient/-innen mit einer hohen Franchise.
Ein Test-of-Cure ist dann empfohlen, wenn von der Erstlinientherapie abgewichen worden ist oder die Symptome persistieren. Dieser sollte frühestens 14 Tage nach der Behandlung erfolgen, da die PCR in dieser Zeit noch falsch positiv sein kann.
In der Behandlung der Syphilis hat sich wenig geändert. Diese erfolgt weiterhin durch 2,4 Mio. IE Benzathin-Penicillin i.m. Da dieses in der Schweiz nicht verfügbar ist, muss es aus dem europäischen Ausland importiert werden (21). Dies sollte nicht zu einem Ausweichen auf die Zweitlinientherapie mit Doxycyclin führen, da hierunter öfters Therapieversagen beobachtet wurde. Falls Sie keinen Zugang zu Benzathin-Penicillin haben, überweisen Sie den Patienten/die Patientin lieber an ein infektiologisches oder dermatologisches Zentrum, welches das Medikament auf Lager hat. Für eine frische Syphilis (<12 Monate nach Infektion) reicht eine einmalige Gabe. Bei unklarem Infektionszeitpunkt oder >12 Monate seit der Infektion sollte diese insgesamt 3 x im Abstand von jeweils 7 Tagen durchgeführt werden. In der Praxis hat sich die Gabe von 50 mg Prednison vor der ersten Gabe zur Prophylaxe einer Jarisch-Herxheimer-Reaktion empfohlen, auch wenn die Evidenz hier nicht wissenschaftlich belegt ist. Ein Test-of-Cure ist bei der Syphilis spätestens nach 12 Monaten empfohlen, es empfiehlt sich, die Verlaufskontrolle bereits früher, nach 3 Monaten, zu machen. Auch wenn Therapieversagen selten sind, ist es sonst bei einer möglichen Re-Infektion oft sehr schwierig, die Werte zu interpretieren, wenn kein Nadir dokumentiert wurde. Eine Syphilis gilt als erfolgreich therapiert, wenn der RPR oder VDRL-Titer mindestens 4 log Stufen abgefallen oder negativ ist. Bei Menschen mit Immunschwäche, inklusive HIV und bei länger zurückliegender Infektion, kann diese Zeit gelegentlich auch länger dauern. Die Therapie einer Neuro-Syphilis erfolgt durch die intravenöse Gabe von 3–4 Mio. IE Penicillin G i.v. alle 4 Stunden für 14 Tage.
Andere bakterielle STIs
Andere bakterielle STIs spielen nur bei symptomatischen Patient/-innen eine Rolle und sollten nie als Screening abgenommen werden. Bei Patient/-innen mit Urethritis, Vaginitis oder Proktitis empfiehlt sich ein stufenweises Vorgehen. Zunächst sollte ein Abstrich auf CT/NG durchgeführt werden. Werden keine der beiden Erreger gefunden, kann weiter auf Mycoplasma genitalium und bei heterosexuellen cisgender Frauen Trichomonas vaginales getestet werden. Bei nicht spezifischen Symptomen wie Juckreiz darf auch mal abgewartet werden, ob die Symptome von selbst sistieren. Mycoplasma genitalium ist weitgehendst resistent auf die frühere Behandlungsempfehlung mit Azithromycin. Eine kulturelle Anzüchtung zur Resistenzbestimmung ist beinah unmöglich. Wenn also keine genetische Testung auf Makriolidresistenz vorliegt, sollte dieses nicht mehr eingesetzt werden. Auch bei einem auf Makrolide sensiblen Erreger sollte immer vorher 7d mit Doxycyclin behandelt werden, um den bakterial load zu reduzieren und dadurch Therapieversagen und weitere Resistenzentwicklung zu vermeiden (10).
Die Umsetzung des NAPS wird unsere praktische Arbeit in Hinblick auf die sexuelle Gesundheit unserer Patient/-innen in den nächsten Jahren verändern. Für das Ziel, der Beendigung der HIV-Epidemie bis zum Jahr 2030 und der Reduktion der anderen sexuell übertragbaren Infektionen müssen wir Ärzt/-innen, die Bevölkerung, aber auch der Bund, die Kantone und die Gemeinden gemeinsam arbeiten. Sie, liebe Leserinnen und Leser, spielen in der Praxis dazu eine wichtige Rolle. Bei jeder STI, die Sie diagnostizieren, sollten Sie vor allem bei MSM unbedingt auch an einen HIV-Test und ein Gespräch über Schutzmöglichkeiten wie die PrEP denken. MSM mit einer bakteriellen STI sind die Gruppe, mit dem statistisch höchsten Risiko sich in den nächsten Monaten mit dem HI-Virus zu infizieren (22). Setzen Sie nicht nur auf das Kondom in Ihrer Beratung, sondern passen Sie Ihre Empfehlungen individuell an Ihre Patienten/-innen an.
Copyright Aerzteverlag medinfo AG
– Department of Public and Global Health, Epidemiology, Biostatistics and Prevention Institute, University of Zurich, Hirschengraben 84, 8001 Zurich
– Checkpoint Zürich, Limmatstrasse 25, 8005 Zürich
– Eidgenössische Kommission für Fragen zu sexuell übertragbaren Infektionen (EKSI)
– Kantonsspital Aarau, Abteilung für Infektiologie und Infektionsprävention, Tellstrasse 25, 5001 Aarau
– Eidgenössische Kommission für Fragen zu sexuell übertragbaren Infektionen (EKSI)
Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
- Die Schweiz strebt an, bis 2030 keine neuen Übertragungen von HIV sowie Hepatitis B und C zu verzeichnen und unterstützt die globalen Ziele der WHO und UNAIDS.
- Neben klassischen Präventionsmassnahmen wie Kondomen gewinnen biomedizinische Ansätze an Bedeutung. Dazu gehören HIV-Prä- und Postexpositionsprophylaxe (PrEP/PEP), Impfungen (z. B. gegen HPV und Hepatitis B) sowie angepasste Beratungskonzepte wie der «Safer-Sex-Check».
- Das Konzept, durch regelmässige Tests asymptomatische Infektionen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, zeigt Erfolge bei HIV und Syphilis. Bei Gonorrhoe und Chlamydien konnte bisher jedoch kein Rückgang beobachtet werden, da viele Infektionen symptomfrei verlaufen und Resistenzen zunehmen.
- Antikörpertests sollten bei der Diagnostik von CT und NG nicht verwendet werden. Stattdessen sollen PCR aus Urin oder Abstrichen aus der Genitalregion (urethral beim Mann, cervikal oder vaginal bei der Frau), sowie, je nach Sexualanamnese, auch aus dem Rachen und Rektum durchgeführt werden.
- Der Einsatz von Azithromycin wird wegen Resistenzentwicklungen eingeschränkt. Stattdessen wird für Chlamydien Doxycyclin empfohlen, für Gonorrhoe Ceftriaxon in Monotherapie.
1. Bundesamt für Gesundheit. Nationales Programm (NAPS) Stopp HIV, Hepatitis B-, Hepatitis C-Virus und sexuell übertragene Infektionen [Internet]. 2023. Available from: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/strategie-und-politik/nationale-gesundheitsstrategien/nationales-programm-hiv-hep-sti-naps.html
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