- VZI Symposium 2021
Am 27.01.2021 wurde das jährliche VZI Symposium nicht in den üblichen Räumen der Universität Irchel, sondern remote ausgetragen. Die Technik war gut koordiniert, so dass diese Fortbildung auch als «Bildschirm only»-Anlass reibungslos funktioniert hat. Die beiden VZI-Gastgeber-Kollegen, Dr. med. Barbara Himmelmann, Klinik Hirslanden, Zollikon und Dr. med. Stephan Vavricka, Zentrum für Gastroenterologie und Hepatologie AG, Zürich haben mit viel Esprit und interessanten Inputs bis zum Schluss durch das attraktive Programm geführt. Es würde hier den Rahmen sprengen, alle tollen Referate, auch ganz aktuell zum Thema COVID-19, zu erwähnen, aber gerne führe ich ein paar spannende Details aus dem interdisziplinären Hauptreferat aus.
Am 27.01.2021 wurde das jährliche VZI Symposium nicht in den üblichen Räumen der Universität Irchel, sondern remote ausgetragen. Die Technik war gut koordiniert, so dass diese Fortbildung auch als «Bildschirm only»-Anlass reibungslos funktioniert hat. Die beiden VZI-Gastgeber-Kollegen, Dr. med. Barbara Himmelmann, Klinik Hirslanden, Zollikon und Dr. med. Stephan Vavricka, Zentrum für Gastroenterologie und Hepatologie AG, Zürich haben mit viel Esprit und interessanten Inputs bis zum Schluss durch das attraktive Programm geführt. Es würde hier den Rahmen sprengen, alle tollen Referate, auch ganz aktuell zum Thema COVID-19, zu erwähnen, aber gerne führe ich ein paar spannende Details aus dem interdisziplinären Hauptreferat aus.
Das allen bestens bekannte und in der Praxis manchmal kräfteraubende Symptom Husten wurde sowohl aus dem Blickwinkel der Allgemeinen Inneren Medizin als auch aus fachärztlicher Sicht der ORL, Allergologie und Pneumologie «zerlegt» und «aufgeräumt».
Eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung bilden wie immer den ersten Schritt und eine wichtige Basis für die weitere Betreuung. Sofern keine «redflags» vorliegen, darf ruhig mit aufwändigen Abklärungen acht Wochen zugewartet werden. In den ersten zwei Wochen sind pflanzliche Präparate vorzuziehen und bei der Therapiewahl spielt es keine Rolle, ob der Husten produktiv oder unproduktiv bzw. trocken ist.
Chronischer Husten – die drei Hauptursachen
Als Auslöser eines mehr als acht Wochen dauernden und somit chronischen Hustens werden vor allem «the big three» – das Postnasal-Drip-Syndrom (oder Upper-airway-cough-Syndrom, UACS), das Cough-variant Asthma (CVA) und der gastroösophageale bzw. laryngopharyngeale Reflux – allgemein diskutiert. In der neueren Literatur wird vermutet, dass eher nur in 50% der Fälle auf diese drei bekannten Ursachen zurückgegriffen werden kann. Auch betreffend UACS besteht eine gewisse Unsicherheit, nur 21% der Patienten mit Postnasal Drip weisen einen Husten auf.
Aus der Perspektive der ORL ist eine einmalige sorgfältige endoskopische Inspektion der Atemwege zu empfehlen, um eine ursächliche chronische Rhinosinusitis oder seltene Ursachen wie eine Thornwaldzyste nicht zu verpassen.
Eine aufwändige radiologische Bildgebung sollte nicht routinemässig, sondern nur mit klarer Indikation von einem ORL-Spezialisten veranlasst werden. Der Säuregehalt des Refluxes scheint für das Auslösen des Hustenreflexes eher keine Rolle zu spielen. Ein Therapieversuch mit PPI 2x 40 mg täglich, flankierend zu den bekannten Anpassungen des Lebensstils, müssen für mindestens sechs Wochen (aus pneumologischer Sicht eher acht bis 12 Wochen) konsequent durchgeführt werden.
Eine eher seltenere Ursache und daher wichtig, wieder daran zu denken, ist die Laryngeale Sensorische Neuropathie (LSN). Neben dafür möglichen Auslösern wie stattgehabte virale Infekte oder eine mechanische Irritation durch Intubation lohnt es sich, eine mögliche Struma in Betracht zu ziehen.
Pricktests und neue CHIP-Technologie in der Hausarztpraxis
Aus dem allergologischen Blickwinkel ist die sorgfältige Anamnese zentral, damit weitere Abklärungen mittels Hauttests oder Serologie vernünftig eingegrenzt werden können. Neben den naheliegenden saisonalen, örtlichen und zeitlichen Korrelationen lohnt es sich auch, an Zimmerpflanzen und Tiere inkl. Fischaquarium und die rote Mückenlarve im Fischfutter zu denken.
Eine Abklärung mittels Prick-Tests kann auch in der Hausarztpraxis durchgeführt werden. Gut zu wissen: Die Test-Sets können relativ kostengünstig bezogen werden! Praktische Tipps für die korrekte Durchführung sind auf der Website: www.ck-care.ch zusammengefasst. Als neue In-vitro-Möglichkeit der Allergieabklärung wird die CHIP-Technologie vorgestellt, welche bei unklarem Auslöser mit kleinsten Mengen von Serum eine breite Allergen-Suche ermöglicht, insbesondere auch um Sensibilisierungsmuster und Kreuzreaktionen festzulegen. Die Interpretation dieser breiten Suche braucht Erfahrung, kann aber in gewissen Fällen effizienter als eine multiple spezifische IgE-Suche sein, die Kosten werden ca. ab 8-10 spezi schen IgE günstiger.
Eosinophile Bronchitis oder Asthma bronchiale?
Klinisch lässt sich die eosinophile Bronchitis kaum von einem Asthma bronchiale abgrenzen. Bei der eosinophilen Bronchitis liegt eine normale Lungenfunktion und keine bronchiale Hyperreagibilität vor. Die Diagnose wird durch das Vorhandensein von >3% Eosinophile im Sputum gestellt, allerdings ist dies technisch nicht immer einfach, so dass eine Schleimhautbiopsie mittels Bronchoskopie hinweisend sein kann. Die eosinophile Bronchitis spricht gut auf inhalative Steroide an, so dass sich ein Therapieversuch bei einer solchen Verdachtsdiagnose lohnt.
Betreffend ACE-Hemmer als auslösendes Moment ist die zeitliche Korrelation der Symptome nicht immer klar, in ca. 16% der Fälle entwickelt sich ein chronischer Husten mit einer Latenz von Stunden bis über ein Jahr. Bei Verdacht sollte eine entsprechende Therapie gestoppt werden. Mit einem Abklingen des Hustens kann nach einer (bis zu 40!) Wochen gerechnet werden.
Eine häufig verkannte Ursache des Hustens stellt das OSAS dar. Bei einem Drittel der OSAS-Patienten liegt ein chronischer Husten vor. Bei 70% der Fälle hat die CPAP-Therapie auch auf das Symptom Husten einen günstigen Einfluss.
Am Ende der Abklärungs-Kaskade befindet sich das eher neu definierte Krankheitsbild des idiopathischen bzw. refraktären Hustens (Cough Hypersensitivity Syndrome, CHS). Merkmale sind unter anderem ein Reizgefühl im Larynx und schwer kontrollierbare Hustenanfälle auf Trigger wie Sprechen, Lachen, Singen oder thermische/chemische Auslöser (z.B. kalte Luft, Gerüche, Sprays). Verantwortlich dafür scheint eine Über-empfindlichkeit des hustenauslösenden Reflexbogens zu sein, ähnlich einem neuropathischen Schmerz. So kann auch eine Therapie mit der gleichen Medikamenten-Gruppe hilfreich sein (Amitriptylin, Gabapentin). Gefaxipant, ein neu entwickelter P2X3-Rezeptor-Antagonist, könnte sich bei diesen Patienten positiv auf die Hustenfrequenz auswirken.
Pneumologischer Tipp für die AllgemeinpraktikerIn
Für den Praxis-Alltag praktisch erscheint mir auch der folgende Vorschlag: Bei Abwesenheit von expliziten Hinweisen auf eine maligne oder infektiöse Ursache, welche eine unverzügliche Abklärung erfordern, ist aus pneumologischer Sicht empfohlen, die drei grossen möglichen Ursachen (UACS, Asthma/eosinophile Bronchitis, GERD) nicht sequenziell, sondern parallel zu behandeln. D.h. topische Steroide für die oberen und unteren Atemwege zu verordnen sowie PPI gleichzeitig zu etablieren, da diese drei Krankheitsbilder oft überlappend vorliegen. Sollte der Patient auf diesen 8- bis 12-wöchigen Therapieversuch nicht ansprechen, ist eine Überweisung an einen Spezialisten zu überlegen. Als persönliche Bemerkung möchte ich anfügen, dass bei einer mehrwöchigen hochdosierten PPI-Therapie nach Absetzen das Risiko einer Rebound-Hyperazidität besteht und daher die Indikation zur probatorischen Therapie trotz allem sorgfältig gestellt werden muss.
Quelle: VZI-Symposium online, 27.01.2021, Referate von Dr. med. Renate Albrecht, PD Dr. med. Martina Broglie Däppen, Prof. Dr. med. Peter Schmid-Grendelmeier und Dr. med. Alexander Turk.
Gastroenterology 2009-137: 80-87, Ch. Reimer et al., Proton-Pump Inhibitor Therapy Induces Acid-Related Symptoms in Healthy Volunteers After Withdrawal of Therapy
Aerzteverlag medinfo AG
Dr. med. Vera Stucki-Häusler
Seestrasse 141
8703 Erlenbach
stucki@medinfo-verlag.ch