Editorial

Auch das noch? Ja, auch das noch!



Als wir in Bern im Juni 2016 nach der eidgenössischen Volksabstimmung das grossmehrheitliche JA zur Re   vi-sion des Fortpflanzungsmedizingesetzes feiern konnten, kam eine Frau aus dem gegnerischen Lager auf mich zu. Sie bat mich, ihr doch zu garantieren, dass dies nun das Ende der Liberalisierung der Reproduktionsmedizin in der Schweiz sei. Natürlich konnte ich eine solche Garantie nicht abgeben, da sich die Welt ja weiterdreht. Im Gegenteil: Schon damals hatte ich im Hinterkopf, nun endlich auch für die Zulassung der Eizellspende in der Schweiz zu kämpfen – was ich meiner Kontrahentin auch unverblümt kommunizierte. Sie meinte dann in einem Anflug von Verzweiflung: Auch das noch? Und ich antwortete mit einem milden Lächeln im Gesicht: Ja, auch das noch!

Ein Parlamentarier prophezeite mir, dass ein Gesetz in der Schweiz frühestens nach 10 Jahren wieder revidiert werde. Unmöglich, dachte ich, bei den schnellen Fortschritten in der Fortpflanzungsmedizin. Aber seit jenem Frühsommertag im Jahre 2016 sind nun fast 7 Jahre vergangen und wir sind bei weitem noch nicht am Ziel. Immerhin sind wir nach mehreren erfolglosen Anläufen im eidgenössischen Parlament nun endlich auf Kurs. GLP-Nationalrätin Katja Christ lancierte im März 2021 eine parlamentarische Initiative, um das Verbot der Eizellspende in der Schweiz aufzuheben und erfreulicher­weise wurde letztes Jahr dieser Vorstoss von beiden Kammern angenommen. Ein Aufatmen ging durch die Reihen vieler betroffener Paare und Frauen. Sie müssen sich in hoffentlich baldiger Zukunft nicht mehr in die Hände von so manchem unseriösen Kinderwunsch­zentrum im Ausland begeben.

Jetzt geht es um die Gesetzgebungsarbeit, die nicht einfach sein wird. Entscheidend für die Akzeptanz im Parlament und beim Stimmvolk ist sicher, dass wir uns in der Schweiz auf eine vernünftige Indikationsregelung beschränken. So soll beispielsweise die obere Limite des natürlichen Fertilitätsfensters von 50 Jahren sicher nicht überschritten werden. Damit kann verhindert werden, dass Frauen in ihren 70ern auch für das Kind risiko­reiche Schwangerschaften eingehen. Die Suche nach Eizellspenderinnen, eine weitere wichtige Frage bei der Regelung der Eizellspendenbehandlung, wird sich mit den zukünftig nicht benötigten Eizellen von «Social Egg Freezings» bestimmt massiv vereinfachen.

Sinnvoll ist bestimmt auch, wenn wir uns jetzt um die Zulassung ausschliesslich der Eizellspendenbehandlung kümmern. Zwar wird vom zuständigen Bundesrat Berset eine Gesamtrevision des Fortpflanzungsgesetzes favorisiert. Wenn er aber das Fuder mit zu vielen Neuerungen, wie z.B. der Zulassung der Embryonenspende, der Leihmutterschaft oder sogar des Klonens, überlädt, ist eine Ablehnung der Gesetzesrevision durch Parlament und Volk so sicher wie das Amen in der Kirche. Darum: Kämpfen wir jetzt alle zusammen mit den Betroffenen für die Zulassung der Eizellspende in der Schweiz!!

Prof. Dr. med. Bruno Imthurn

Prof. em. Dr. med. Bruno Imthurn

Senior Consultant Kinderwunschzentrum
360° Zürich

bruno.imthurn@uzh.ch

info@gynäkologie

  • Vol. 13
  • Ausgabe 1
  • Februar 2023