- Gemeinsames Symposium der Frauenkliniken Aarau und Frauenfeld
Das gemeinsame Symposium der Frauenkliniken Aarau und Frauenfeld fand dieses Jahr in Folge der COVID-19 Pandemie online aus dem Kantonsspital Aarau statt. Der Organisator, Prof. Dr. med. Gabriel Schär, hatte einmal mehr ein äussert attraktives Programm zusammengestellt, das Themen wie Altersgynäkologie, Mikrobiom, Inkontinenzschlingen, Stammzellen für Belastungsinkontinenz, Urogynäkologische Sonographie, Prolapsoperationen, Physiotherapie der betagten Frauen, physiotherapeutische Diagnostik, Sexualität und Beckenboden, umfasste. Der folgende Bericht enthält eine Auswahl aus den verschiedenen Präsentationen.
Urogynäkologie der alten Frau – eine Übersicht
Die Lebenserwartung nimmt seit dem 19. Jahrhundert stetig zu. Im Jahre 2050 wird ein Drittel der Bevölkerung über 60 Jahre alt sein. Damit müssen wir umgehen können und dabei sollten wir viele Dinge wissen, stellte Prof. Dr. med. Gabriel Schär, Direktor der Klinik für Gynäkologie, UniversitätsSpital Zürich, eingangs fest. Der Alterungsprozess tut uns allen weh – es gibt sichtbare Dinge, die sehen wir im Gesicht und es gibt Dinge, die sehen wir nicht aber die spüren wir, wir haben Symptome, weil unser Organismus die Altersringe spürt. Dass wir dies beeinflussen können durch gesündere Lebensweise wissen wir, nur müssen wir es unter die Menschen bringen. Das Ziel von uns allen ist gesund zu sterben, so der Referent.
Bereits im Jahre 1980 hat T. Rud mit Hilfe eines Mikro-Tip-Katheters Urethradrucke gemessen und hat eine lineare Beziehung zwischen dem Urethraverschlussdruck und dem Alter zeigen können. Der Grund ist eine altersabhängige Abnahme der Muskelfasern, wie die Zusammenarbeit einer Gruppe um Daniele Perucchini mit einer Gruppe aus Ann Arbor bei der auch der Referent mitwirkte, zeigen konnte (Perucchini D et al Am J Obstet Gynecol. 200; 186: 356-60). Mit dem Verlust der Muskelfasern sinkt auch der Druck. Mit diesen Veränderungen steigt die Inzidenz der Harninkontinenz an. Es ist wichtig zu wissen, dass 80-90jährige Frauen eine Inzidenz an Harninkontinenz von 40-45% haben werden. Das Leben mit Harninkontinenz geht mit einer erheblichen Komorbidität an psychischen Störungen einher. So sind Depressionen 2.5-fach häufiger, und Angsterkrankungen 3.5-fach häufiger als in der Normalbevölkerung. Sie korrelieren positiv mit dem Ausmass der Inkontinenz und der sozialen Beeinträchtigung. Depressionen bei Dranginkontinenz sind stärker als bei Stressinkontinenz.
Diagnostik bei der betagten Patientin Mit Anamnese, Miktionskalender und klinischer Untersuchung können 90% der Diagnosen gestellt werden. Es braucht keine komplexe Diagnostik. Mit Besprechung, Miktionskalender und Hustentest kann festgestellt werden, ob es eine Belastungsinkontinenz, eine überaktive Blase oder eine Mischform ist. Mit dem Alter steigen aber sog. «einfache» Störfaktoren an, wie Harnwegsinfektionen, die Kolpitis und die Genitalatrophie. Diagnostik und Therapie sind hier einfach. Etwas schwieriger wird es bei den «komplexen» Störfaktoren. Aus Untersuchungen weiss man, dass die Miktionsstörungen häufiger werden. Die Blase degeneriert und die Restharnbildungen nehmen zu. Häufig sind die Frauen voroperiert und haben Rezidive, Blasenschmerzen und komplizierende Grunderkrankungen. Da braucht es manchmal eine spezialisierte Diagnostik und da sind Beckenbodenzentren und Blasenzentren oft gefordert.
Therapie – Spezifische Problemstellung «Alter»
Bei der Therapie sind wir darauf angewiesen, mit dem Umfeld Kontakt zu halten. Es sind die Familienmitglieder, die unterstützen, es sind die Ärzte, die uns die eingenommenen Medikamente und die Frage der Polypharmazie melden. Auch bei alten Frauen ist eine konservative Therapie möglich. Dazu braucht es kognitive Kompetenz und Kooperation. Beckenbodentherapie und körperliche Ertüchtigung verbessern die Kontinenz und erhöhen die Lebensqualität. Aufmerksamkeitstraining und Unterstützung zum Toilettengang reduzieren Urinverlust.
Pessare werden leider bei den betagten Frauen selten angewendet. Pessare werden gut toleriert. Sie verbessern das Senkungsgefühl und die Lebensqualität und können Miktions- und Defäkationsprobleme verbessern. Komplikationen sind minimal und können gut behandelt werden. Kontinuierliche Pessarträger-Betreuung ist wichtig und verhindert bedeutendere Komplikationen wie aus einer Studie von Griebling (Curr. Opin. Urol. 2016) hervorgeht. Auch die Wahl des Pessars ist wichtig. Dabei helfen die unverzichtbaren Fachfrauen der Urogynäkologie.
Ein weiteres Thema ist die vaginale Oestrogentherapie. Sie wird oft wegen Thromboembolien und Brustkrebs als gefährlich angesehen. Das ist aber nicht richtig, stellte der Referent fest. Es gibt evidenzbasierte Informationen, dass die vaginale Oestrogentherapie wirksam ist bei Harnwegsinfektionen, sie verbessert die Belastungsinkontinenz, aber nur wenn sie vaginal appliziert wird und verbessert nachweislich die Trophik. Sie ist damit eine wichtige Vorbedingung für die Pessartherapie. Die Cochrane Database äussern keine Bedenken wegen Sicherheit und attestieren der Therapie Wirksamkeit und Sicherheit. Dasselbe sagt die Nurses’ Health Study. Die Gefahren für die kardiovaskulären Nebenwirkungen sind nicht vorhanden, wenn topisch behandelt wird. Die Therapie kann auch durchgeführt werden bei Frauen, die Brustkrebs hatten. Diese Sicherheit ist gegeben. Bei Patientinnen die gerade einen Aromatasehemmer erhalten, gibt es andere Therapieoptionen. Es ist zu beachten, dass es verschiedene lokale Oestrogene gibt. Wenn die Patientin Schmerzen hat, muss eine andere Form gewählt werden. Prof. Schär beginnt nie mit Ovula, die Trägersubstanzen haben, die oft zu Schmerzen führen. Er verwendet zunächst Crèmen. Ferner muss daran gedacht werden, dass Anticholinergika das Risiko für dementielle Erkrankungen erhöhen.
Die grösste Gefahr besteht durch das Oxybutinin, das direkt durch die Blut-Hirnschranke gehen kann. Es hat deutlich mehr zentrale Nebenwirkungen. Die Angehörigen müssen orientiert werden, um Demenzen zu verhindern. Alternativ kann ein Antimimetikum gegeben werden, wovon es nur eines gibt, Betmiga®. Bei der Therapie mit Betmiga® sollte der Blutdruck überwacht werden. Zehn Prozent der Patientinnen entwickeln unter Betmiga® eine Hypertonie, die sie sonst nicht hätten.
Die operative Therapie beinhaltet ein 13mal höheres Mortalitätsrisiko bei über 80jährigen. Hier gibt es einen guten Screeningwert auf rein anamnestischer Basis für die kardiopulmonale Belastbarkeit. Im Falle eines erhöhten Risikos muss eine weitere Abklärung erfolgen.
Zuallerletzt erinnert der Referent daran, dass es nachgewiesen ist, dass alte Menschen ein erhöhtes Risiko für Hauterkrankungen haben. Eine der schwierigsten Stellen ist der Genitaltrakt. Deshalb sollten die Patientinnen entsprechend instruiert werden. Es sollten keine aggressiven Seifen, gar keine oder pH-neutrale Seifen verwendet werden und immer eine Rückfettung erfolgen Es ist unsere Aufgabe, die alten Menschen zu begleiten damit sie eine gute Lebensqualität haben. Die Altersgynäkologie kann hier viel sehr gute Dinge tun, wenn wir auch wissen was wir tun, so die Schlussworte des Referenten.
Ernährung des alten Menschen – «Muskel-Food» für den Beckenboden
Ist es überhaupt möglich, nur mit Ernährungsmassnahmen die Muskulatur bei älteren Menschen zu stärken? So die initiale Frage von Prof. Dr. med. Reto W. Kressig, Basel. 80% antworteten mit Ja. In grossen Kohortenstudien wurde gezeigt, wie die Muskelkraft bis zum 70. Lebensjahr abnimmt und dies beginnt bereits im Alter von 30 Jahren. Nach 75 Jahren erfolgt ein starker Knick zu weiterem Abfall in der Muskelkraft und ein Abbau der Muskelmasse. Rund ein Drittel der Muskelmasse geht zwischen 30 und 80 Jahren verloren, so der Referent. Wir unterscheiden langsame und schnelle Muskelfasern, Typ 1 und Typ 2. Im Alterungsprozess sind vor allem die schnellen Muskelfasern betroffen, die für schnelle Kompensationsbewegungen, etwa bei Stürzen, wichtig sind. Man spricht von einer krank machenden Muskelerkrankung, wenn eine funktionelle Einschränkung besteht. Eine sehr einfache Messung dazu ist die Messung der Ganggeschwindigkeit: wenn sie geringer ist als 80cm/s spricht man von einer Sarkopenie. Als Beispiel dazu ist die Grünphase bei der Strassenüberquerung. Bei einer Ganggeschwindigkeit von 120cm/s schafft man die Überquerung bei grün. Es gibt auch mehrere andere Verfahren wie die Handschlusskraftmessung oder der «Timed Up and Go»-Test zur Beurteilung der Muskelkraft. Zur Abklärung einer Sarkopenie gehört nicht nur die Bestimmung der Masse, sondern immer auch eine funktionelle Messung.
Mittlerweile gibt es gute Evidenz, dass parallel zur Sarkopenie auch Urininkontinenzsymptome auftreten. Training funktioniert bei allen Muskeln auch im Beckenboden. Ein körperliches Training ist aber bei sehr alten Personen, insbesondere wenn kognitive und kräftemässige Probleme vorhanden sind, häufig schwierig.
Ernährungsmässig wurden in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht. Man braucht im Alter weniger Kalorien, aber gleichzeitig gleich viel Nährstoffe, d.h. nährstoffdichter essen oder weniger Kalorien aber mehr Proteine. Die neuesten Empfehlungen der Ernährungskommission lauten: Bei gesunden Senioren ab Alter 65 1-1.2g Protein/kg Körpergewicht. Das bedeutet, dass jemand, der 75kg schwer ist, 90g Protein pro Tag konsumieren muss. 90g Protein ist nicht gleich 90g Fleisch, sondern entspricht ungefähr 450g Fleisch. Dies ist fast nicht erreichbar. Eine grosse Studie zeigt aber, dass man bei 1.2g Protein/kg Körpergewicht viel weniger Muskelmasse verliert als bei 0.8g Protein/kg Körpergewicht. In der Schweiz konsumiert gemäss der menuCH Studie nur jeder zweite über 65jährige genügend Protein. Jüngere konsumieren mehr als die empfohlene Fleischmenge, während bei den über 65jährigen das umgekehrte Verhältnis beobachtet wird. Protein findet sich glücklicherweise nicht nur im Fleisch, sondern auch in anderen Lebensmitteln. Beispielsweise enthalten Nüsse mehr Protein als Fleisch, aber auch Milch und Milchprodukte enthalten Protein und diese werden zudem um fast 20% besser verwertet als Fleisch. Man kann sich also sogar vegan mit genügend Protein ernähren. Letztlich braucht es, wenn man wirksam an der Muskelmasse arbeiten will, auch die körperliche Aktivität. In einer amerikanischen Studie bei 90jährigen wurde gezeigt, dass nur mit Training allein innerhalb von 10 Wochen sich die Kraft verdoppelte und wenn noch zusätzlich mit Protein supplementiert wurde (in der Studie war es Soja-protein), nochmals ein um 30% oder 40% zusätzlicher Kraftgewinn verzeichnet wurde.
Molkenprotein, Leucin und «Pavé du Soleil»
Wichtig ist, wie schnell diese Proteine im Muskel ankommen. Der Referent zeigte, dass das Molkenprotein diesbezüglich das schnellste ist. Das Molkenprotein enthält zudem viel Leucin, welches für die Stimulation der Muskelsynthese entscheidend ist. Beim älteren Menschen braucht es mehr Leucin zur Stimulation als bei jüngeren. Ältere brauchen 5g Leucin. Leucin kommt in Erdnüssen vor, auch der Parmesankäse enthält viel Leucin. Mit Hilfe von mit Leucin verstärkter Molke kann Muskelmasse gewonnen werden. Ein Produkt mit so viel Leucin gab es bisher nicht, da Leucin bitter schmeckt. Der Referent hat mit einer Start Up Firma 2 Produkte kreiert: Eine Linie, Moltein, enthält 5g Leucin und Low carb, die andere Linie enthält 5 g Leucin und auch Kohlenhydrate (Moltein plus). Sie ist vom BAG als Nahrungsmittel zugelassen.
Zum Schluss wandte sich Prof. Kressig noch dem Vitamin D zu. Vitamin D lässt die Muskelkraft ansteigen. Es hat einen positiven Effekt auf die schnellen Muskeln. Prof. Kressig hat zusammen mit einem Confiseur in Interlaken und einem Apotheker ein Produkt kreiert, welches Vitamin D enthält. Er nennt es «Pavé du Soleil».
Der Referent hielt zum Schluss fest:
- Muskelgesundheit im Alter braucht Proteine und körperliche Aktivität.
- Milchprodukte und Eier sind ausgezeichnete Proteinquellen (bereits zum Frühstück), «gute Zwischenmahlzeiten» sind Nüsse (40g Nüsse enthalten 10g reines Protein).
- Molkenprodukte (Ziger/Ricotta) sind schnelle und hochwirksame «Muskelproteine». Für den spezifischen Muskelaufbau im Alter (in
- Kombination mit oder ohne körperliche Aktivität) ist Leucin-verstärkte Molke empfohlen.
- Vitamin D Supplementierung im Alter dient zur verbesserten Sturzreduktion.
- Wichtig für die Funktionalität im Alter ist Training von Muskelschnellkraft, Gleichgewicht und Koordination (T’ai Chi, Rhythmik, Tanz).
Stammzellen zur Therapie der Belastungsinkontinenz
MUS.I.C. – Neustart der Stammzellentherapie nach dem Absturz.
Weltweit sind etwa 423 Mio. Personen von einer Belastungsinkontinenz betroffen, vorwiegend Frauen. 55% leiden an Stressurininkontinenz oder gemischter Urininkontinenz, stellte Prof. Dr. Dr. med. Daniel Eberli, Zürich eingangs fest. Die Folgen sind Depression, Angst, Scham und Verlust des Selbstwertgefühls.
Allgemeine Therapien umfassen Bulking-Agenzien, Suspensions- und Schlingen-Chirurgie, künstliche Schliessmuskel, die alle Mängel aufweisen (kurzlebig, Arrosion, Infektion) und die Stammzelltherapie.
Bioengineering mit Stammzellen
Der Referent stellte eine eigene Studie zur funktionellen Wiederherstellung des Schliessmuskels mit autologen Muskelvorläuferzellen (MPCs) als injizierbare, zellbasierte Therapie vor. Durch mikrochirurgische Entfernung eines Teils des Schliessmuskels bei 24 Hunden wurde ein Hundemodell einer Harnschliessmuskelinsuffizienz erstellt. Es wurden autologe MPCs gewonnen, in Kultur expandiert und in den geschädigten Schliessmuskel von 12 Tieren injiziert. Die Tiere wurden bis zu 6 Monate nach der Injektion verfolgt. Es wurden urodynamische Studien, funktionelle Organstudien, ultrastrukturelle und histologische Untersuchungen durchgeführt. Tiere, die MPC-Injektionen erhielten, wiesen Schliessmuskeldrucke von etwa 80% der Normalwerte auf, während die Drucke bei den Kontrolltieren ohne MPC-Injektionen bei 20% der Normalwerte blieben. Die histologische Analyse zeigte, dass die implantierten Zellen überlebten und Gewebe, einschliesslich neuer innervierter Muskelfasern, innerhalb der injizierten Sphinkterregion bildeten. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass autologe Muskelvorläuferzellen in der Lage sein könnten, die ansonsten irreversibel geschädigte Funktion des Harnschliessmuskels klinisch wiederherzustellen.
Das MUS.I.C Projekt (MUS.I.C. – Multisystem Cell Therapy for Improvement of Urinary Continence)
Das MUS.I.C. Konsortium plant die Wirksamkeit und Sicherheit eines neuen Behandlungsansatzes für Patientinnen mit Harninkontinenz zu untersuchen. Dabei werden körpereigene Muskelvorläuferzellen aus dem Unterschenkel in den Schliessmuskel der Blase verpflanzt, mit anschliessendem Training des Beckenbodens. Parallel dazu werden im Konsortium neue Methoden etabliert, um diesen Ansatz noch effizienter zu gestalten. Die klinische Studie am Universitätsspital Zürich hat im Januar 2020 begonnen.
Die Darm-Hirn-Connection
Die Darm-Hirn-Achse ist die bidirektionale Kommunikation zwischen dem Darm und dem Gehirn, die über mehrere Wege erfolgt, zu denen hormonelle, neuronale und Immunmediatoren gehören. Die Signale entlang dieser Achse können vom Darm, vom Gehirn oder von beiden ausgehen, mit dem Ziel, eine normale Darmfunktion und ein angemessenes Verhalten aufrechtzuerhalten. Die Rolle, die dem Darmmikrobiom bei der Bestimmung der normalen Darmphysiologie und -immunität und als Modulator des Wirtsverhaltens («Mikrobiota-Darm-Gehirn-Achse») zukommt, hat vermehrte Aufmerksamkeit erweckt. Seit langem ist bekannt, dass die Exposition gegenüber Stressoren die Anfälligkeit für und den Schweregrad von Magen-Darm-Erkrankungen erhöht, so Prof. Dr. med. Gregor Hasler, Fribourg,
Zwischen depressiven und gesunden Patienten gibt es deutliche Unterschiede im Darmbakterien-Mix und die Transplantation von Darmbakterien von MDD (major depression disorder)-Patienten in Mäuse machen diese depressiv. Probiotikum dagegen, macht Mäuse mutiger. Die Myelinisierung von Nervenzellen wird durch das Mikrobiom beeinflusst. Darmbakterien als Ursache und Therapie gegen Schizophrenie? Das Mikrobiom ist bei der Maus essentiell für die soziale Entwicklung. Es stellt sich die Frage ob Darmbakterien Ursache und Therapie für Autismus und soziale Phobie sind.
Bei Autismus im Menschen hat man eine geringere Bakterienvielfalt festgestellt. Bei Mäusen wurde ein geringeres soziales Interesse und mehr Angstverhalten nach Stuhltransplantation von autistischen Menschen beobachtet.
Der Referent zeigte ausserdem Beispiele zur Ernährung und ihren Folgen. Die Schäden bei Darmbakterien durch schlechte Diät (wenig Faserstoffe, viel Zucker und Fett) sind nur teilweise reversibel. Übermässiger Zuckerkonsum führt zu Insulin-Resistenz, auch im Gehirn und zu einer Abnahme der Nervenwachstumssignale, sowie einer Abstumpfung des Hirnbelohnungssystems, wie bei einer Sucht. Das Depressionsrisiko wird erhöht und die Darmflora verändert.
Mediterrane Diät als Weg aus der Depression
Die möglichen therapeutischen Auswirkungen von Ernährungsumstellungen auf bestehende psychische Erkrankungen sind weitgehend unbekannt. Anhand eines randomisierten, kontrollierten Studiendesigns wurde die Wirksamkeit eines Programms zur Ernährungsumstellung bei der Behandlung schwerer depressiver Episoden untersucht (Jacka FN et al. BMC Med 15, 23 (2017). Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Verbesserung der Ernährung eine wirksame und zugängliche Behandlungsstrategie für die Therapie von psychischen Störungen darstellen könnte.
Quelle: 20. Symposium für Urogynäkologie 2020, Kantonsspital Aarau, Kantonsspital Frauenfeld, Arbeitsgemeinschaft für Urogynäkologie, Aarau, 23. Okt. 2020
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