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Gynäkologische Infektionen Teil 3

Mitarbeiter der Klinik für Gynäkologie und der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene des Universitätsspitals Zürich führten unter dem Vorsitz von Prof. Dr. med. Daniel Fink, Direktor der Klinik für Gynäkologie am 4.4.2019 ein Symposium über gynäkologische Infektionen durch. Über die entsprechenden Vorträge wurde in der «info@gynäkologie» berichtet: Teil 1 erschien in gyn_3-19, S. 28-30, Teil 2 in gyn_4-19, S. 26-28. Der nachfolgende Beitrag stellt den Abschluss dieser Berichterstattung dar.



Neuere Entwicklungen zur Therapie vaginaler Infektionen

Die Vorteile von topischen Therapien sind: Mindestens ebenso wirksam wie systemische Therapien, weniger Nebenwirkungen. vorteilhafter bezüglich Resistenzen.

Dr. G. P. Ghisu

Herausforderungen sind: niedrige vaginale Retention und niedrige Akzeptanz. Neue Formulierungen versprechen eine verbesserte Wirksamkeit, so Dr. med. Gian-Piero Ghisu, Oberarzt meV Klinik für Gynäkologie, USZ.
Der Referent besprach zunächst Strategien zur Beeinflussung der Galenik etablierter Substanzen. Die Wirksamkeit eines Präparates wird durch die Trägersubstanz bzw. durch die angewendete Substanz definiert. Diese umfassen: Polyacrylate, bioadhäsive Systeme, Filme, Thermogele, Milchsäure + Vitamin C, Antiseptika + Desinfektiva, neue und wieder entdeckte Wirkstoffe, essentielle Öle, Prä- und Probiotica.
Zu den neuen und wieder aufgegriffenen «alten» Wirkstoffen zählen die Kombination von AmB + Flucytosin in Aquagel als Träger: Die Substanzen weisen eine synergistische Wirkung gegen Nicht-Candida-Pilzinfektionen auf. Lidocain + Nitroglycerin: fungizider Effekt (in vitro). Antidepressiva Sertralin und Fluoxetin: Fungizide Wirkung auf Candida spp. (in vitro). Gentianaviolett: Wirksamkeit bei rezidivierenden VVC gesichert.
Pflanzliche Therapien: Alternative Therapien sind gerade bei Rezidiven und Resistenzen nützlich. Für «natürliche» Produkte besteht im Allgemeinen eine höhere Akzeptanz. Verschiedene pflanzliche Extrakte weisen eine beträchtliche in vitro-Aktivität gegen die häufigsten Pathogene vaginaler Infektionen auf. Essentielle Öle geniessen dabei besondere Aufmerksamkeit. Der Referent nennt Teebaumöl aus Maleleuca spp. Es wirkt gegen Candida, Gardnerellen und Trichonomaden, alteriert dabei die Milchsäurebakterien wenig. Schon der Extrakt wirkt gegen Candida, in Kombination mit Imitrazol entsteht ein synergistischer Effekt.
Prä- und Probiotica: Probiotika sind lebende Organismen, die in adäquaten Mengen verabreicht, vorteilhafte Effekte auf die Gesundheit bewirken. Pharmabiotik ist ein neuerer Begriff, der zusätzlich tote Zellen, zelluläre Metaboliten, aber auch Moleküle, z.B. Hormone umfasst. Es wird also auch die Immunantwort auf die verabreichte Substanz berücksichtigt. Prä- und Probiotika bewirken bei BV und AV die Wiederherstellung eines sauren Milieus und der Vaginalflora. Bei VVC ist die Wiederherstellung des sauren Milieus eher sekundär. Hier ist vor allem die Hemmung des Pilzwachstums und der Adhäsion von Candida an Epithelzellen sowie die Modulation lokaler immunologischer Reaktionen wichtig.
Probiotica sind für die Behandlung der akuten Infektion kein Ersatz für die etablierten Substanzen, können aber eine wichtige Rolle zur Prävention von Rezidiven spielen.

Fazit

Trotz der hohen Prävalenz der vaginalen Infektionen sind die Behandlungsstrategien eher traditionell.
Limitierungen bestehen in Bezug auf Wirksamkeit und Akzeptanz.
Ein grosses Interesse geniesst die Erforschung neuer Trägersubstanzen, nur wenige haben aber Marktreife erlangt.

Als Hauptziele werden verfolgt:

  • Kontrollierte Abgabe des Wirkstoffs
  • Verminderung der Toxizität
  • Verbesserung der Verteilung und Retention im Vaginaltrakt

Mukoadhäsive Formulierungen, Micro- und Nanotechnologie-basierte Ansätze sind noch nicht ausgereift.
Substanzen, die für andere Indikationen eingesetzt werden, könnten sich für die Behandlung vaginaler Indikationen eignen.
Desinfektionsmittel und Pflanzenextrakte als alternative Therapie umgehen das Problem der Resistenzentwicklung.
Probiotica könnten die Rekolonisierung der vaginalen Flora unterstützen.
Evidenz für nicht traditionelle Behandlungsmöglichkeiten ist praktisch fehlend.

Quelle: Symposium «Gynäkologische Infektionen», organisiert durch die Klinik für Gynäkologie am Universitätsspital Zürich, 04.02.2019.

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

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  • Vol. 10
  • Ausgabe 1
  • Februar 2020