Editorial

Unser Umgang mit den Impfskeptikern

Informieren! Informieren! Informieren!



Anfang Jahr war der Drang nach einer COVID-Impfung sehr gross. Mit einem gewissen Neid bewunderte man diejenigen, die früh an eine Impfung kamen. Das hat sich jedoch innerhalb von wenigen Wochen geändert. Obschon erst gut die Hälfte der Schweizer Bevölkerung geimpft ist und Impfstoff jetzt in grossen Mengen zur Verfügung steht, werden Impfzentren nach und nach bereits wieder geschlossen. Warum? Weil die Nachfrage nach COVID-Impfungen nicht mehr da ist. Offenbar stufen viele Menschen – irrtümlicherweise! – das Risiko einer Impfung höher ein als das einer COVID-Erkrankung. Oder sie glauben, sowohl der Impfung als auch der Erkrankung entgehen zu können. Wer aber eine COVID-Erkrankung ohne Impfung vermeiden will, muss sich in absolute Isolation begeben, und zwar nicht für 10 Tage, sondern für den Rest seiner Tage. Ich denke, dass sich die meisten Impfunwilligen dieses Umstandes nicht bewusst sind. Natürlich sinkt das Risiko einer Ansteckung, wenn die Herdenimmunität erreicht ist. Aber wann ist die erreicht? Bei 60 Prozent, 80 Prozent oder 95 Prozent Immunen? Die Erkenntnislage dazu ändert sich dauernd.

Wenn es so klar ist, dass kein Weg an der Impfung vorbeiführt, frage ich mich, warum denn bei so vielen Leuten eine so grosse Zurückhaltung, ja gar Angst und Ablehnung gegenüber einer COVID-Impfung besteht. Eine unselige Rolle spielen dabei auch Medizinerinnen und Ärzte sowie die Pflege. Wir werden von vielen Menschen als vertrauenswürdige Fachpersonen wahrgenommen, obschon wir als Gynäkologen und insbesondere Pflegefachleute von Infektiologie, Virologie, Epidemiologie und Immunologie häufig kaum mehr verstehen als Laien. Wenn sich dann unter uns Impfskeptiker befinden, die sich wichtigtuerisch in der Öffentlichkeit und über einseitig informierende Social-Media-Kanäle kritisch zur COVID-Impfung äussern, fühlen sich viele Impfzweifler bestätigt.

Was können wir alle dagegen machen? Informieren! Informieren! Informieren! Nicht im Sinne einer unseriösen Propaganda für die Impfung, sondern in voller Transparenz. So dürfen die – seltenen – ernsten Nebenwirkungen der Impfung nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden, sondern müssen in Relation zum grossen Segen der Impfung und dem viel grösseren Risiko der COVID-Erkrankung gestellt werden. Und als zusätzliche Massnahme gibt es da die Privilegien für die Geimpften: Es ist erstaunlich, wie viele Leute sich in meiner Umgebung zu einer Impfung entschlossen haben, seit sie realisiert haben, wie viel einfacher das Reisen mit dem Nachweis einer Impfung ist. Und last but not least: Nach langen Monaten der Unsicherheit und des Unbehages bedingt durch COVID fühle ich mich seit der Impfung wieder viel sicherer und viel entspannter!

Ich wünsche allen gute Gesundheit – und jenen, die noch nicht geimpft sind, etwas Mut zum kleinen Pieks!

Prof. em. Dr. med. Bruno Imthurn
bruno.imthurn@uzh.ch

Prof. em. Dr. med. Bruno Imthurn

Senior Consultant Kinderwunschzentrum
360° Zürich

bruno.imthurn@uzh.ch

info@gynäkologie

  • Vol. 11
  • Ausgabe 4
  • August 2021