Editorial

Medizinische Revolution durch künstliche Intelligenz (KI)



Chatbots wie ChatGPT sind nun seit drei Jahren auf unseren Computern, Tablets und Handys installiert. Sie helfen in vielen Lebenslagen mit klugen Antworten. Meine regelmässigen Anfragen haben mir gezeigt, welche Möglichkeiten und Grenzen Chatbots bieten. Literatur und Video-Tutorials auf YouTube haben meine Kenntnisse über KI in der Medizin vertieft.

Als 2022 ChatGPT auf den Markt kam, beeindruckte mich besonders die Abfrage einer Differentialdiagnostik mit Eingabe von verschiedenen Symptomen. Geben Sie die Symptome Atemnot, rezidivierender Pneumothorax, Lungenzysten und Nierentumor mit der Bitte nach einer Differentialdiagnose ein, erhalten Sie als eine mögliche Diagnose Lymphangioleiomyomatosis, eine äusserst seltene Diagnose, welche praktisch nur Frauen betrifft. Eine besondere Stärke der KI-Systeme stellt die Diagnose von seltenen Krankheiten dar. Und dies ist nur der Anfang.

Wissen Sie, dass es ein schweizerisches Chatbot-System gibt, welches Schweizer Dialekte verstehen und in geschriebene Sprache umsetzen kann? Das Unternehmen Alpine AI mit dem Chatbot SwissGPT Health hat sich auf das Schweizer Gesundheitswesen spezialisiert. Ein Pilotsystem kann versuchsweise in der Praxis eingesetzt werden. Der Chatbot kann bei Patientengesprächen im Hintergrund mitlaufen und ein digitales Protokoll sowie eine Zusammenfassung für die Ablage in der Krankengeschichte erstellen; eine gewaltige Zeitersparnis!

Es bleibt die Frage, wo KI uns hinführen wird und welche Aufgabe wir Mediziner/-innen in Zusammenarbeit mit KI haben werden. Ein Chatbot ist emotions- und schonungslos in der Vermittlung von schwierigen Diagnosen. Er hat kein ethisches Bewusstsein. Der Chatbot ist (noch?) nicht in der Lage, eine Diagnose patientengerecht und individuell zu vermitteln. Unsere Aufgabe ist es, die Chatbot-Sprache zu «übersetzen» und Inhalte kritisch zu reflektieren sowie empathisch im persönlichen Gespräch zu erklären. Wir werden wieder mehr Zeit dazu haben, denn KI wird auch unsere Administration verschlanken.

Die ärztliche Untersuchung, das persönliche Gespräch mit unseren Patient/-innen und die Aus- und Weiterbildung für unseren Nachwuchs sollen wieder zu unserem unkonkurrenzierten, weil von Administration entlasteten Kerngeschäft werden. Ist das nur ein hoffnungsloser Wunschtraum oder baldige Realität? Es sieht danach aus, als wäre der Chatbot erst der Anfang von dem, was uns KI bieten wird. Viele administrative Prozesse sind schon heute mit KI automatisierbar. Freuen wir uns darauf!

Prof. Dr. med. Gabriel Schär

Aarau

gabriel.schaer@usz.ch

info@gynäkologie

  • Vol. 15
  • Ausgabe 2
  • April 2025