- Therapie der absoluten uterinen Infertilität
Die absolute uterine Infertilität betrifft etwa 3 bis 5% aller Frauen und galt bisher als praktisch unheilbar. Diese Frauen konnten sich bisher auf legale Weise den Wunsch nach einem genetisch eigenen Kind nicht erfüllen, denn in der Schweiz ist die Leihmutterschaft verboten. Im Jahr 2014 konnte erstmals gezeigt werden, dass durch eine Uterustransplantation die absolute uterine Infertilität erfolgreich behandelt werden kann.
L’ infertilité utérine totale (all: absolute uterine Infertilität) frappe environ 3 à 5 % des femmes. Elle était considérée comme intraitable à ce jour. Ainsi en Suisse, les femmes touchées ne pouvaient espérer avoir légalement un enfant qui porte leurs gênes (car la loi interdit le recours à une mère porteuse). En 2014 pour la première fois, la possibilité de vaincre cette forme d’ infertilité par la transplantation de l’ utérus a pu être démontrée.
Die absolute uterine Infertilität betrifft 3 bis 5 % aller Frauen und war bis vor kurzem eine praktisch unheilbare Ursache der weiblichen Unfruchtbarkeit. Die Ursachen der uterinen Infertilität reichen von geringfügigen Fehlbildungen oder gutartigen Veränderungen des Cavum uteri, die mittels operativer Therapie (Dissektion, Resektion) beseitigt werden können, bis hin zum kompletten Fehlen des Uterus, sei es von Geburt an (kongenitale Aplasie) oder nach notwendiger Entfernung aus benigner oder maligner gynäkologisch-geburtshilflicher Indikation (1, 2).
Einzige Alternative zum «Fertilitätstourismus»
Die einzigen Möglichkeiten für Frauen mit absoluter uteriner Infertilität, Mütter zu werden bzw. sogar genetisch eigene Kinder zu bekommen, waren die Adoption bzw. für letzteres die Leihmutterschaft, die wiederum in der Schweiz nicht erlaubt ist. Die Kinderlosigkeit belastet die Psyche der betroffenen Frauen extrem (3). Vor dem Hintergrund der Gesetzgebung stellt die Uterustransplantation die einzig machbare und zukünftige Alternative zum sogenannten «Fertilitätstourismus» dar und ist eine Möglichkeit, die psychische Belastung der Patientinnen mit absoluter uteriner Infertilität zu mildern.
Die Arbeitsgruppe um Prof. Mats Brännström konnte im Jahr 2014 erstmals zeigen, dass durch eine Uterustransplantation die absolute uterine Infertilität erfolgreich behandelt werden kann (4). Die bisher veröffentlichten Ergebnisse der internationalen Arbeitsgruppen haben gezeigt, dass bei richtig ausgewählten Lebendspenderinnen und Empfängerinnen und nach intensiver Vorbereitung bisher keine besonderen Risiken und Komplikationen aufgetreten oder zu erwarten sind (5-7).
In mehr als 18 Zentren weltweit, werden aktuell Uterustransplantationen durchgeführt. Bislang sind weltweit über 70 Uterustransplantationen (Lebend- und post-mortem Spenden) durchgeführt worden, und mindestens 19 Kinder haben bislang das Licht der Welt erblickt (5, 8). Allerdings gibt es zahlreiche Hinweise von nicht veröffentlichten Daten, dass die Anzahl der durchgeführten Uterustransplantationen und geborenen Kindern höher sein könnte.
Am Universitätsspital Zürich unter der Leitung der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie, der Klinik für Gynäkologie und der Klinik für Reproduktions-Endokrinologie laufen die Planungen (experimentelle und klinische Vorarbeiten, technische Machbarkeit, psychosozialer und ethischer Hintergrund, klinisches Setting und Organisation) für die erste Uterustransplantation seit mehreren Jahren.
Die Lebendspende
Manche Arbeitsgruppen bevorzugen die Lebendspende wegen der besseren Planbarkeit des Eingriffes und der immunologischen Vorteile, insbesondere auch aufgrund der Möglichkeit der genaueren Anamnese (z. B. Zustand nach unkomplizierter Schwangerschaft und Spontangeburt) und der präoperativen Diagnostik der Spenderin (v. a. hinsichtlich Morphologie des Uterus und Gefässversorgung, mikrobieller Besiedlung der Vagina, Zytologie, HPV-Testung) (5). Voraussetzung für eine Lebendspende-Transplantation ist eine gesunde, möglichst Verwandte (Mutter, Schwester, Tante) oder sehr enge Bekannte (analog zur entsprechenden Gesetzgebung) die freiwillig und ohne Druck bereit ist, ihre Gebärmutter zu spenden und die die entsprechenden Einschlusskriterien erfüllt. Die in Frage kommenden Spenderinnen werden ausführlich und detailliert über die Organentnahme aufgeklärt, vor allem darüber, dass die Entfernung der Gebärmutter zum Zweck der Transplantation wesentlich länger dauert, als die Entfernung der Gebärmutter aus gesundheitlichen Gründen.
Postmortale Spende
Im Gegensatz zur Lebendspende, ist die postmortale Spende die weitaus häufigere Form der Organtransplantation in der westlichen Welt. Naheliegend wäre es diese auch für die Uterustransplantation durchzuführen. Das kann aber in zweierlei Hinsicht problematisch sein. Einerseits ist die Voraussetzung für eine Organspende in der Schweiz nur bei ausdrücklichem Wunsch der Spenderinnen oder ihren nächsten Angehörigen vorhanden, eine sogenannte erweiterte Zustimmungslösung. Dieser Wunsch ist sehr schwierig zu eruieren, da wir kaum davon ausgehen können, dass eine potentielle Spenderin überhaupt jemals von der Möglichkeit einer Uterusspende gehört hat und somit dafür oder dagegen stimmen könnte. Anderseits haben wir bis jetzt sehr wenig klinische Daten über die Toleranz der Gebärmutter gegenüber einer Ischämie und ihrer anschliessenden Reperfusion (9, 10). Nichtsdestotrotz ist die postmortale Spende für eine, im Gegensatz zu anderen Organtransplantationen wie Herz, Lunge, Leber und Niere, nicht lebensrettende oder -verlängernde Therapie ethisch einfacher zu vertreten. Die ersten zwei je publizierten Uterustransplantationen, die erste in Saudi-Arabien Anfangs Jahrhundert und die zweite in der Türkei gut 10 Jahre später, waren von einer verstorbenen Spenderin (11, 12). Das erste Transplantat musste nach 3 Monaten wegen einer Organthrombose wieder entfernt werden, die zweite Transplantation galt lange Zeit als erfolgslos, da die Patientin nie eine Schwangerschaft austragen konnte. Kürzlich wurde in den Medien über die ersehnte Geburt berichtet. 2018 konnte eine Arbeitsgruppe aus Brasilien erstmalig zeigen, dass ein gesundes Kind nach Transplantation einer Gebärmutter einer verstorbenen Spenderin geboren wurde (13). Seitdem folgen immer mehr Gruppen in den USA und Europa dieser Strategie. Diese verfolgen auch wir.
Die Operation
Eine Transplantation darf nur nach erfolgreicher in-vitro Fertilisation stattfinden. Die Entnahme findet im Rahmen einer Multiorganentnahme statt. Sie darf auf keine Weise die anderen soliden abdominellen Organe negativ beeinflussen und kann entweder vor oder nach der gewohnten Entnahme stattfinden (14, 15). Es wird empfohlen die Gebärmutter nach der Entnahme zu hysteroskopieren um allfällige Pathologien auszuschliessen. Die Transplantation wird über eine untere mediane Laparotomie durchgeführt. Die vaskuläre Versorgung erfolgt beidseits mit einer arteriellen Anastomose zwischen der A. iliaca interna der Spenderin und A. iliaca externa der Empfängerin. Der venöse Abfluss wird über die V. uterina und/oder V. utero-ovarica mit der V. iliaca externa gewährt (16). Diese zwei Schritte sind einer Nierentransplantation sehr ähnlich. Zum Schluss wird die Gebärmutter mit den Lig. rotundum, Lig. sacrouterinum und das prävesikale Peritoneum der Spenderin fixiert und die Vagina End-zu-End anastomosiert. Die Graftthrombose, entweder technischer oder infektiöser Natur ist die häufigste Komplikation (16, 17). Der Spitalaufenthalt beträgt bei diesen ansonsten gesunden Patientinnen eine Woche. Neuste Daten gehen von 90% Transplantatüberleben und Baby-Take-Home-Raten um 50% aus (17).
Immunsuppression
Das wahrscheinlich grösste Hindernis für die Akzeptanz dieser Therapie ist die Notwendigkeit einer Immunsuppression. Diese ist der Immunsuppression einer Nierentransplantation sehr ähnlich. Die meisten Arbeitsgruppen induzieren mit T-Zell-depletierenden Medikamenten (Antithymozytenglobulin) und erhalten die Immunsuppression im Verlauf mit Tacrolimus und einem Antimetabolit (Mycophenolat-Mofetil)(16). Letzteres muss vor einer geplanten Schwangerschaft und dem Embryotransfer auf jeden Fall sistiert oder gewechselt werden, da ein schwerwiegendes Risiko für Teratogenität besteht. Grosse Registerdaten zeigen bei immunsupprimierten Frauen nach Organtransplantation ansonsten aber nicht vermehrte Missbildungen oder Schwangerschaftskomplikationen (18-22). Einzigartig bei der Uterustransplantation ist die passagere Form der Transplantation. Das Ziel dieser Therapie ist das Austragen einer Schwangerschaft. D.h. nach erfolgreicher Geburt kann die Gebärmutter wieder entfernt werden und eine Immunsuppression ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr notwendig.
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Klinik für Gynäkologie
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Die Autoren haben im Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.
- Die erfolgreiche Behandlung der absoluten uterinen Infertilität mittels Uterustransplantation eröffnet neue spannende Horizonte in der modernen Frauenheilkunde und in der Transplantationsmedizin.
- Sie bringt allerdings auch eine Reihe von neuen medizinischen und ethischen Herausforderungen mit sich, welche im Rahmen anderer Transplantationsvorgänge nicht vollständig geklärt worden sind.
- Nichtsdestotrotz sind die Vorteile, die dadurch für unsere Patientinnen entstehen, bedeutend.
Messages à retenir
- L’ infertilité utérine totale, traitée avec succès par le biais de la transplantation d’organe, ouvre de nouveaux horizons passionnants pour la gynécologie moderne et la médecine de transplantation
- La transplantation de l’ utérus par contre s’ accompagne de toute une série de défis d’ ordre médical et éthique qui, dans la transplantation d’autres organes, n’ ont pas été clarifiés de manière exhaustive.
- Néanmoins, cette nouvelle approche thérapeutique offre à nos patientes des avantages significatifs.
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- Vol. 10
- Ausgabe 6
- Dezember 2020