- Katheter-Intervention bei erektiler Dysfunktion
Die erektile Dysfunktion (ED) ist ein in der Praxis auftretendes klinisches Problem mit zunehmender sozioökonomischer Bedeutung. Betroffene Männer sprechen nicht gerne über die Krankheit; sie ist schambehaftet, weil sie die Standhaftigkeit des Mannes infrage stellt. Häufig ist die ED ein Indiz für weitere schwerwiegendere bislang unentdeckte kardiovaskuläre Erkrankungen. Bei Vorliegen einer ED sind umfassende Abklärungen angezeigt. Damit ist die ED eine klinisch sehr wichtige Marker-Erkrankung.
La dysfonction érectile (DE) est un problème clinique émergent qui revêt une importance socio-économique croissante. Les hommes touchés n’ aiment pas parler de la maladie; c’ est honteux car cela remet en question la ténacité sexuelle de l’ homme. Souvent, la DE est le signe d’ autres maladies cardiovasculaires plus graves qui n’ ont pas encore été détectées. Les enquêtes approfondies sont indiquées en présence de la DE. Ainsi, la DE est une maladie marqueur très importante sur le plan clinique.
Prävalenz, sozioökonomische und medizinische Bedeutung der ED
Im Jahr 1995 litten weltweit schätzungsweise 150 Millionen Männer an ED. Bis zum Jahr 2025 soll diese Zahl auf 322 Millionen Männer angestiegen sein (1). Die Prävalenz der ED ist altersabhängig und reicht von 2% bei jüngeren (< 40 Jahren) bis zu 86% bei Männern über 80 Jahren (2).
Der Leidensdruck bei ED ist meistens enorm. Männer, die an ED leiden, haben typischerweise eine depressive Stimmungslage mit einem Mangel an Selbstwert. Die ED kann eine Partnerschaft schwer belasten. Die ED stellt nicht nur für die betroffenen Männer, sondern auch für deren Partner eine relevante Erkrankung dar. Zudem ist die ED ein Marker-Symptom für andere kardiovaskuläre Erkrankungen. Bei Auftreten von ED Symptomen muss nach medizinischen Abklärungen verlangt werden, da das lebensrettend ist. Bis zu 70 % der Männer mit angiografisch gesicherter koronarer Herzerkrankung (KHK) hatten vor der Herzkatheteruntersuchung ED-Symptome (3, 4). Häufig finden sich im Rahmen computertomographischer Abklärungen der ED atherosklerotische Manifestationen in anderen arteriellen Stromgebieten (5).
Angiologisches Work-up bei Patienten mit ED
Die Behandlung der ED erfolgt idealerweise interdisziplinär. Vaskuläre Ursachen sind mit Abstand die häufigsten und oft eine hinreichende Erklärung für die ED-Symptome. Zusätzlich sollten urologische fachärztlich ausgeschlossen werden und sichergestellt werden, dass kein Hypogonadismus vorliegt.
Eine Erektion ist eine sorgfältig orchestrierte Reihe von Ereignissen. Mehrere Komponenten sind erforderlich, um eine normale Erektion zu gewährleisten, nämlich, ein funktionierendes Nervensystem, einen guten arteriellen Fluss, gesunde Schwellkörper und die Fähigkeit, das Auslaufen von venösem Blut zu blockieren.
Das sympathische Nervensystem neigt dazu, Erektionen zu hemmen, und das parasympathische System ist einer von mehreren wichtigen Erregungswegen. Die exzitatorischen Nerven reagieren mit der Freisetzung von Neurotransmittern, einschliesslich Stickoxid und Acetylcholin. Diese chemischen Stoffe signalisieren den Muskeln der Penisarterien, sich zu entspannen, wodurch mehr Blut in das Organ fliesst. Wenn sich diese ausdehnen, komprimieren sie die Venen, die normalerweise Blut aus dem Penis ablassen. Dieser Druck drückt die Venen zusammen, bis sie fast geschlossen sind, wodurch Blut in den Kammern eingeschlossen und eine Erektion erzeugt wird. Ursächlich können die folgenden Risikofaktoren der ED sein: kardiovaskuläre Krankheiten, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Medikation (Antidepressivum), Operationen (Prostata, Beckeneingriffe), neurologische Krankheiten, endokrinologische Krankheiten, positive Familienanamnese, Hyperlipidämie, Hyperlipoproteinämie (a), Nikotin- und Cannabisabusus (5, 6).
Die vaskulär bedingte ED ist eine Krankheit, die prinzipiell zwei Ursachen haben kann: ein nicht genügender arterieller Inflow oder ein zu schneller venöser Abstrom.
ED wird als durch arterielle Obstruktionen verursacht angesehen, wenn die arterielle systolische Spitzengeschwindigkeit einer oder beider Kavernosalarterien ≤ 0,3 m/s zehn Minuten nach einer intrakavernosalen Injektion von 10 μg Alprostadil (Prostaglandin E1, PGE-1) am proximalen Rand des Penisschafts beträgt. Das PGE-1 führt bei einem Gefässgesunden zu einem gesteigerten arteriellen Bluteinstrom nach Relaxation der kavernösen Muskelzellen und zur Erektion. Bei neurogener oder endokriner Ursache reicht eine initiale Dosis von 5 μg PGE-1 aus, bei vaskulärer Genese empfiehlt sich eine Dosis von 10–20 μg.
Eine end-diastolische Spitzengeschwindigkeit über 5 cm/s ist ein Hinweis für eine venöse Leckage. Bei gleichzeitig bestehenden arteriellen Obstruktionen kann eine venöse Leckage duplexsonographisch sehr schwer interpretierbar sein. Ebenso kann bei einer venösen Leckage die endsystolische Spitzengeschwindigkeit reduziert sein. Daher kann ein venöses Leck duplexsonographisch schwer zu diagnostizieren sein (7).
Vaskuläre Ursachen der ED werden auch heute noch nur unzureichend untersucht. In unserer Erfahrung werden Patienten oft als «Psychos» stigmatisiert ohne, dass eine vaskuläre Abklärung durchgeführt wurde. Dies kann zu unnötiger Kränkung und Vertrauensverlust des Patienten und auch zu einer Verzögerung der Behandlung führen.
Katheter-Therapie arterieller Obstruktionen bei ED
Führt die Verwendung vasoaktiver Medikamente wie PDE-5-Hemmer nicht mehr zu einer ausreichenden Erektion oder verursacht schwere Nebenwirkungen und liegen gleichzeitig arterielle Obstruktionen der Penis-zuführenden Arterien vor, so ist eine Angiographie in PTA-Bereitschaft gerechtfertigt. Die aktuelle Studienlage rechtfertigt keine endovaskuläre Revaskularisation bei Patienten, bei denen PDE-5-Hemmer noch wirken und ohne Nebenwirkungen sind.
Prinzipiell können Obstruktionen der folgenden arteriellen Segmente eine ED auslösen: Aorta abdominalis, A. iliaca communis, A. iliaca interna, A. glutea inferior (anamnestisch gleichzeitig bestehende Glutealclaudicatio möglich), A. pudenda interna, A. penis communis, A. cavernosa und A. dorsalis penis (anamnestisch oftmals harter Schwellkörper aber für eine Penetration zu weiche Eichel).
Die endovaskuläre Therapie erektionsrelevanter Arterien ist in den Händen erfahrener Interventionalisten technisch sehr gut machbar und sicher (8) und wurde seit vielen Jahren im Bereich der grösserkalibrigen Arterien durchgeführt. Die Miniaturisierung des Kathetermaterials hat in der Folge die endovaskuläre Therapie von Arterien kleinen Kalibers ermöglicht (9). Hierdurch kann der Blutfluss wiederhergestellt und die Symptome der ED wesentlich verbessert (9, 10, 11, 12, 13).
Nach örtlicher Betäubung wird ein arterieller Zugang zur A. femoralis communis erzielt. Hierfür ist eine Schleuse mit einem 6F Aussendurchmesser nötig, was neben der dualen Antiplättchentherapie die Notwendigkeit für einen stationären Aufenthalt begründet (14). Nach ausführlicher angiographischer Darstellung werden die Läsionen unter Verwendung eines 0,014-Zoll-Führungsdrahtes passiert. Anschliessend werden die Läsionen nach intra-arterieller Applikation von 5000 IE Heparin hauptsächlich mit einem dünnen Sirolimus-beschichteten Stent behandelt.
Nach unserer Erfahrung ist die Verwendung einer einfachen Ballonangioplastie allein oder ein Ansatz unter Verwendung von medikamentenbeschichteten Ballons zum jetzigen Zeitpunkt ausserhalb von Studien nicht ideal, da die pudendo-penilen-Arterien zu elastischem Recoil neigen (15). Dieser Prozess wurde auch in den Koronararterien beobachtet und hat heutzutage zu einem direkten medikamentenfreisetzenden Stenting-Ansatz für die meisten Koronar-Obstruktionen geführt. Nach der Stentimplantation erhalten unsere Patienten 300 mg Clopidogrel einmalig im Katheterlabor und danach einmal täglich 75 mg dieser Substanz für 6 Monate zusätzlich zum dauerhaft empfohlenen Aspirin 100 mg. Darüber hinaus empfehlen wir unseren Patienten, nach der endovaskulären Revaskularisation 3 Wochen lang ein Medikament mit Tadalafil (5 mg/d) einzunehmen.
In der aktuell verfügbaren Literatur wird über einen nachhaltigen klinischen Erfolg bei etwa zwei Dritteln aller behandelten Patienten berichtet, wobei diese Studien meistens «all-comers»-Studien waren und bei vielen Patienten gleichzeitig weitere Risikofaktoren für eine ED vorlagen. Welche Patienten ein besonders gutes Ansprechen auf die Therapie haben, ist aktuell noch nicht abschliessend geklärt und wird in weiteren Studien untersucht werden müssen.
Die Restenoserate im Rahmen einer Studie mit einem älteren Zotarolimus-beschichteten Stent lag bei 34.4% nach 6 Monaten (11), während nach unseren eigenen Erfahrungen diese unter Verwendung eines moderneren ultradünnen Sirolimus-beschichteten Stents bei 15.4% nach knapp 10 Monaten lag (13).
Katheter-Therapie venöser Leckagen bei ED
Das venöse Leck bezieht sich auf die infrapubischen Teile des Penis. Das venöse Leck tritt auf, wenn eine unvollständige Entspannung der glatten Muskulatur die venösen Abflusstrakte nicht verschliesst (16).
Eine Embolisation wurde als sicheres und wirksames Verfahren beschrieben, das bei 68% der Patienten zu einer Wiederherstellung der sexuellen Funktion führt (17).
Hier steht in unserer Erfahrung mit der transpenilen retrograden Embolisation ein erfolgversprechendes Therapieverfahren zur Verfügung. Ein Zugang nach Ultraschall-gesteuertet Punktion der Vena dorsalis penis profunda ermöglicht es, direkt an die venöse Leckage zu gelangen, während dies über einen transfemoralen Zugang herausfordernder sein kann.
Erfolgsraten nach einem Jahr wurden von einer Studie gezeigt, wobei die Patienten mit oben genanntem Eingriff weiterhin spontan Erektionen ohne medikamentöse Unterstützung haben (18, 19). Eine Embolisation ist auf jeden Fall kostengünstiger als ein chirurgischer Eingriff. Auch ist die Dauer des Verfahrens kurz aufgrund der Anwendung einer Lokalanästhesie und es ist kein Krankenhausaufenthalt erforderlich (20).
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Die Autoren haben im Zusammenhang mit diesem Artikel keine Interessenskonflikte deklariert.
◆ ED ist frühzeitiger Marker atherosklerotischer Manifestationen wie Herzerkrankungen und Schlaganfall.
◆ Heutzutage können Patienten mit ED von interventionellen Behandlungen sicher profitieren. Bei der bisherigen Erstlinientherapie mit Phosphodiesterase-5 (PDE5)-Inhibitoren ergibt sich zunehmende Unverträglichkeit.
◆ Moderne kathetertechnische Verfahren ermöglichen heutzutage auch die arterielle Vaskularisation kleinkalibriger peniler Gefässe.
Messages à retenir
◆ La dysfonction érectile (DE) est un marqueur précoce des manifestations athérosclérotiques telles que les maladies cardiaques et les accidents vasculaires cérébraux.
◆ Aujourd’ hui, les patients atteints de DE peuvent bénéficier en toute sécurité de traitements interventionnels. Le précédent traitement de première ligne par des inhibiteurs de la phosphodiestérase-5 (PDE5)
a entraîné une augmentation de l’ intolérance.
◆ De nos jours, les procédures modernes par cathéter permettent également la vascularisation artérielle des vaisseaux péniens de petit calibre.
1. Aytaç IA, McKinlay JB, Krane RJ. The likely worldwide increase in erectile dysfunction between 1995 and 2025 and some possible policy consequences. BJU Int. 1999;84(1):50–6.
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- Vol. 11
- Ausgabe 3
- Mai 2021