- Paradigmenwechsel hin zur Rhythmuskontrolle und Katheterablation
Das Vorhofflimmern ist eine sehr häufige Erkrankung. In den letzten Jahren hat sich die Technologie für die elektrophysiologische Ablation stark weiterentwickelt und diese Behandlungsstrategie zeigt nun gar prognostische Vorteile. Ziel des Artikels ist es, die wichtigsten neuen Erkenntnisse darzulegen.
La fibrillation auriculaire est une maladie très courante. Ces dernières années, la technologie de l’ablation électrophysiologique a considérablement évolué, et aujourd’hui cette stratégie de traitement offre même des avantages sur le plan du pronostic. L’objectif de cet article est de présenter les nouvelles découvertes les plus importantes.
Das Vorhofflimmern ist die häufigste Rhythmusstörung in westlichen Ländern und die Inzidenz nimmt mit dem Alter zu. Es kann sowohl idiopathisch vorkommen, wie auch durch auslösende Faktoren begünstigt werden. Dabei spielen die konventionellen kardiovaskulären Risikofaktoren, aber auch Komorbiditäten und Operationen eine Rolle. Viele Jahre wurde die Wahl in Bezug auf Rhythmus- oder Frequenzkontrolle ausschliesslich von der Symptomatik beeinflusst.
Die Rhythmus-wirksamen Medikamente haben viele Kontraindikationen oder ein erhebliches Nebenwirkungsprofil und die Ablation des Vorhofflimmerns eine kurze Geschichte.
Auf der einen Seite gab es seit dem eher selten eingesetzten Dronedarone/Multaq, welches vor gut 10 Jahren auf den Markt kam, keine neuen Rhythmus- oder Frequenz-kontrollierenden Medikamente mehr für das Vorhofflimmern. Auf der anderen Seite hat die Ablation des Vorhofflimmerns grosse technologische Fortschritte gemacht, so dass das Vorhofflimmern invasiv immer besser behandelt werden kann. In den letzten Jahren ergaben sich zusätzlich neue Erkenntnisse, welche zu einem Umdenken bei der Wahl der Therapiestrategie geführt haben. In diesem Artikel werden diese neuen Entwicklungen diskutiert.
Beurteilung des Vorhofflimmerns
Wichtig bei der Charakterisierung des Vorhofflimmerns ist die Herzfrequenz (bradykard, normokard, tachykard), die Symptomatik (mittels EHRA Klassifikation I-IV, wobei I asymptomatisch ist und IV massiv symptomatisch) und die Vorhofflimmerlast (1). Letztere wird mit der folgenden in den aktuellen ESC Guidelines neu definierten Einteilung beschrieben (1):
Paroxysmales Vorhofflimmern terminiert spontan oder mit Kardioversion innerhalb von 7 Tagen.
Persistierendes Vorhofflimmern dauert länger als 7 Tage inklusive Kardioversion nach 7 Tagen.
Long-Standing persistent Vorhofflimmern dauert >12 Monate mit einem Entscheid zur Rhythmuskontrolle.
Permanentes Vorhofflimmern dauert >12 Monate oder nach dem Entscheid zur alleinigen Frequenzkontrolle.
Neue Erkenntnisse in der Behandlung des Vorhofflimmerns: Rhythmus- vor Frequenzkontrolle
In den letzten Jahren kam es zu einem Paradigmenwechsel in der Behandlung des Vorhofflimmerns. Der Erhalt des Sinusrhythmus dient nicht mehr nur der Symptomkontrolle, sondern kann auch für die Prognose der Patientinnen und Patienten wichtig sein. Voraussetzung dafür waren die technologischen Fortschritte und die damit einhergehende Verbesserung der Effektivität der Katheterablation.
Die CIRCA-DOSE Studie, welche mit implantierbaren Loop Recordern die Vorhofflimmerlast nach der Cryoballoon-Ablation auswertete, zeigte, dass durch eine Ablation eine Abnahme der Vorhofflimmerlast um >98% erreicht werden konnte. Ein Jahr nach der Ablation waren etwas mehr als 50% der Patienten noch Rezidiv frei. Subjektiv waren fast 80% der Patienten innerhalb des ersten Jahres beschwerdefrei (2). Die CLOSE TO CURE Studie, in der Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern mittels Radiofrequenzablation behandelt wurden, zeigte nach 1 und 2 Jahren ebenfalls eine Reduktion der Vorhofflimmerlast von 100% (3).
Zwei neue Studien (4, 5) bestätigen ältere Daten (6), die zeigen, dass die Katheterablation auch als first line Therapie, d.h. ohne vorgängigen Versuch einer pharmakologischen Rhythmuskontrolle, den Antiarrhythmika überlegen ist.
Als erste Gruppe profitieren Patienten mit einer Herzinsuffizienz und Vorhofflimmern von der Katheterablation. Herzinsuffiziente Patienten leiden besonders häufig unter Vorhofflimmern. Nicht nur kann ein tachykardes Vorhofflimmern zu einer Tachykardiomyopathie führen, auch die Herzinsuffizienz begünstigt das Auftreten von Vorhofflimmern. In zwei randomisierten kontrollierten Studien zeigte sich, dass die Katheterablation einer medikamentösen Therapie (u.a. mit Amiodarone) bezüglich Hospitalisationsrate und Gesamtmortalität überlegen war (7, 8). Eine zweite Gruppe, bei der für die Rhythmuskontrolle ein prognostischer Vorteil nachgewiesen werden konnte, bilden Patienten mit neu diagnostiziertem Vorhofflimmern. Die EAST-AFNET4 Studie untersuchte Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren, bei denen Vorhofflimmern innerhalb der letzten zwölf Monate diagnostiziert worden war. Es zeigte sich, dass die Rhythmuskontrolle mit Antiarrhythmika oder einer Katheterablation zu einer deutlichen Verbesserung der kardiovaskulären Endpunkte (inkl. Hirnschlag und Gesamtmortalität) führte. Die Studie musste, weil der Unterschied zu gross war, frühzeitig abgebrochen werden (9).
Den Nutzen der Katheterablation gegenüber der medikamentösen Behandlung in einem allgemeinen Patientenkollektiv mit Vorhofflimmern wurde in der CABANA Studie untersucht. Da mehr als ein Drittel der Patienten während der Studie die Behandlungsgruppe wechselte (cross-over), ist die Interpretation der Studie nicht einfach. Während die Auswertung nach Randomisierung (intention to treat) keinen signifikanten Unterschied zwischen den zwei Behandlungsgruppen zeigte, ergab die Auswertung aufgrund der effektiven Behandlung (per protocol, as treated) für die Katheterablation eine signifikante Reduktion des primären Endpunktes (Tod, Hirnschlag, Blutung, Herzstillstand) und der Gesamtmortalität (10).
Es gibt verschiedene Gründe, die die Vorteile der Rhythmuskontrolle durch eine Katheterablation bei Patienten mit Vorhofflimmern erklären können:
1. Im Sinusrhythmus leistet der Vorhof durch die physiologische Sequenz von Vorhofs- undVentrikelkontraktion ca. 20% des Herz-Minuten-Volumens. Diese Pumpleistung fehlt beiPatienten mit Vorhofflimmern.
2. Die Förderung des Sinusrhythmus verhindert das mit Tachykardien und Arrhythmien assoziierte Auftreten einer Kardiomyopathie (11).
3. Die Reduktion der Vorhofflimmerlast kann, wie Analysen der grossen Antikoagulantienstudien zeigen, auch zur Verminderung der thromboembolischen Komplikationen, insbesondere des Hirnschlags beitragen (12-14).
Neben der Prognose ist auch die Lebensqualität für die Patientinnen und Patienten von grosser Wichtigkeit. Auch in diesem Bereich zeigte die Katheterablation in mehreren Studien im Vergleich zu den anderen Therapieoptionen die besten Ergebnisse (3, 15, 16) (Abb. 1).
Technik der Katheterablation
Bei 90% aller Vorhofflimmern ist der Ursprung in den Pulmonalvenen am Übergang zum linken Vorhof lokalisiert (17). Bei 10% der Patienten liegt der Trigger für das Vorhofflimmern im linken Vorhof, seltener auch in der Vena cava superior oder im rechten Vorhof.
Für die Katheterablation wird ein Zugang über die Leiste gewählt. Via Vena cava inferior gelangt man in den rechten Vorhof. Es erfolgt eine transseptale Punktion, das heisst eine Punktion des Vorhofseptums, um in den linken Vorhof zu gelangen. Der linke Vorhof und der Eingang zu den Pulmonalvenen wird mit Hilfe eines technischen Systems dreidimensional abgebildet. Bei der Radiofrequenzablation wird im Bereich der Ostien der Pulmonalvenen Wärme abgegeben um Linien zur elektrischen Isolation zu ziehen. Bei Cryo-Ablationen wird mittels eines Ballons, welcher in die Ostien der Pulmonalvenen gelegt wird, Kälte abgegeben, um eine elektrische Isolation der Pulmonalvenen zu erzeugen. Die vollständige elektrische Isolation ist bei beiden Methoden erreicht, wenn keine elektrischen Signale mehr vom Vorhof in die Pulmonalvenen gelangen. (Abb. 2). Im Falle eines Rezidivs werden bei der Reintervention die wieder leitenden Gaps in den Isolationslinien gesucht und erneut verschlossen. Die Hospitalisation dauert 2-3 Tage. Die Untersuchung kann, je nach Wunsch und Komorbiditäten des Patienten, in Analgosedation oder in Intubationsnarkose durchgeführt werden. Die periinterventionellen Komplikationen sind selten. Am wichtigsten sind der Hirnschlag 0.5%, vaskuläre Probleme (Zugang), wobei nur 0.5% der Patienten eine Intervention oder Operation brauchen, sowie die Perikardtamponade 0.8% (1, 18). Extrem selten sind atrio-oesophageale Fisteln.
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AS hat keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel.
AM erhielt Fellowship- und Ausbildungsunterstützung von Biotronik, Boston Scientific, Medtronic, Abbott/St. Jude Medical und Biosense Webster; Referentenhonorare von Biosense Webster, Medtronic, Abbott/St. Jude Medical, AstraZeneca, Daiichi Sankyo, Biotronik und MicroPort. AM ist Consultant für Biosense Webster, Medtronic und Abbott/St. Jude Medical.
◆ Für Patienten mit Vorhofflimmern kann die Rhythmuskontrolle gegenüber der Frequenzkontrolle einen Überlebensvorteil haben. Dies gilt insbesondere für Patienten mit neudiagnostiziertem Vorhofflimmern
(<1 Jahr) und ausgewählte Patienten mit einer Herzinsuffizienz (19-11).
◆ Die Katheterablation des Vorhofflimmerns ist der pharmakologischen Rhythmuskontrolle bezüglich Effektivität und klinischem Nutzen überlegen (4-6).
◆ Bei der Wahl der Behandlungsstrategie und -modalität müssen weitere Faktoren wie der Patientenwunsch und die zu erwartenden Erfolgschancen und Risiken der Behandlung berücksichtigt werden (1).
Messages à retenir
◆ Pour les patients atteints de fibrillation auriculaire, le contrôle du rythme peut présenter un avantage en termes de survie par rapport au contrôle de la fréquence. Cela est particulièrement vrai pour les patients chez qui la fibrillation auriculaire vient d’être récemment diagnostiquée (<1 an) et pour certains patients souffrant d’insuffisance cardiaque (19-11).
◆ L’ ablation par cathéter de la FA est supérieure au contrôle pharmacologique du rythme en termes d’efficacité et de bénéfice clinique (4-6).
◆ Le choix de la stratégie et des modalités de traitement doit tenir compte d’autres facteurs tels que les souhaits du patient, les chances de réussite et les risques du traitement. (1).
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- Vol. 11
- Ausgabe 2
- März 2021