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Prädiabetes mellitus

Ein aktueller sehr guter Review Artikel im JAMA (1) zeigt die Bedeutung eines Prädiabetes mit seinen Komplikationen und den therapeutischen Massnahmen umfassend auf. Die Prävalenz in der Bevölkerung der USA beträgt ca. 10% – einer von drei Erwachsenen ist betroffen und etwa 720 Millionen Menschen weltweit.



Übergewicht resp. eine Adipositas (BMI >25/≥30), eine Insulinresistenz und eine Beta-Zell-Dysfunktion führen zu einem Prädiabetes mellitus. Die Definition nach WHO lautet: Nüchtern-Blutzucker (nBz) 6,1-6,9mmol/l, 2-Stunden Blutzucker postprandial: 7,8-11,0 mmol/l (75g Glucose Belastung), HbA1c: 6,0-6,4%. Nach der amerikanischen Diabetes Gesellschaft (ADA) sind die Werte etwas strenger mit: nBz: 5,6-6,9 mmol/l, HbA1c: 5,7-6,4%. Risikofaktoren für einen Prädiabetes sind: eine positive FA für DM, Alter, Über-gewicht/Adipositas, körperliche Inaktivität und ein Schwangerschafts-Diabetes.

Ca. 10% der Patienten mit einem Prädiabetes in USA entwickeln mit der Zeit einen Diabetes mellitus Typ 2. Bei einem Prädiabetes besteht bereits ein deutlich erhöhtes Mortalitäts-Risiko und eine erhöhte kardiovaskuläre Ereignisrate. Die makrovaskulären Komplikationen sind: nicht tödlicher Myokardinfarkt und Schlaganfall. Es kommt auch zu mikrovaskulären Komplikationen wie: Retinopathie, Neuropathie und Nephropathie. Patienten mit einem chronischen Koronarsyndrom haben nach ADA-Kriterien in 67% einen Prädiabetes, nach WHO-Kriterien in 34%. Pathophysiologisch besteht eine hepatische Insulinresistenz mit erhöhter endogener Glucose Produktion, eine verminderte hepatische Blutzucker Clearance, eine Beta-Zell-Dysfunktion mit Abnahme des Betazellvolumens im Pankreas und ein verminderter Blutzuckerübertritt in die Muskulatur. Der HbA1c-Wert eignet sich sehr gut zur Diagnose des Prädiabetes mellitus. Cave: eine hämolytische Anämie, ein Eisenmangel, eine Hämopathie, eine Urämie, eine Schwangerschaft (SS) und die Schwarze Bevölkerung – hier kann man sich nicht auf obige HbA1c-Werte stützen.

Die Therapie besteht aus einer deutlichen Veränderung des Lebensstils mit Einschränkung der Kalorien und einer Gewichts-reduktion, einer regelmässigen körperlichen Betätigung (≥150 Min/Woche) und eventuell einer Metformin-Therapie. Letztere wird empfohlen bei einem Alter <60 Jahren mit einem BMI ≥35, einem nBz >5,7mmol/l oder einem HbA1c >6,0%. Ebenso bei einem anamnestischen SS-Diabetes. Cave B-12 Mangel bei langer Therapie. Lifestyle Modifikationen sind deutlich besser als die Verordnung von Metformin. Empfohlen werden auch eine Selbstkontrolle und eine Motivationshilfe. Diese Massnahmen führen zu einer Remission des Prädiabetes. Bei Risikopatienten sollte mindestens alle 2-3 Jahre ein Prädiabetes im Labor ausgeschlossen werden. Auch die restlichen kardiovaskulären Risikofaktoren müssen behandelt werden.

In einem zweiten lesenswertem Fortbildungs-Artikel aus Tübingen (2) wird Prädiabetes mellitus als ernst zu nehmende Erkrankung dargestellt. Es ist wichtig, Prädiabetes frühzeitig zu diagnostizieren, da man damit nicht nur Menschen mit einem hohen kardiovaskulären Risiko und einer NAFLD („non-alcoholic fatty liver disease“) rechtzeitig identifizieren kann, sondern auch in dieser Phase der Hyperglykämie oft noch rechtzeitig präventive Maßnahmen erfolgreich einleiten kann. Sie reduzieren das Risiko für die Entstehung eines DM um 50-60%; auch wird die kardiovaskuläre Mortalität gesenkt.

Quelle: 1) Echouffo-Tcheugui J.B. et al; Diagnosis and Management of Prediabetes – A Review ; JAMA 2023; 329 (14): 1206-1216
2) Stefan N.; CME: Prädiabetes – eine Krankheit? Diabetologie 2023;19:215-222

Dr. med. Urs N. Dürst

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  • Vol. 13
  • Ausgabe 4
  • September 2023