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Lipide bei peripherer Arterienerkrankung

Schlechte Erreichung der Lipidzielwerte bei Patienten mit symptomatischer peripherer Arterienerkrankung



Internationale Richtlinien betrachten periphere Arterienerkrankung (PAD) als einen mit sehr hohem kardiovaskulärem (CV) Risiko assoziierten Zustand (1-3). Es hat sich gezeigt, dass Patienten mit PAD sogar ein höheres Risiko für CV-Ereignisse haben als Patienten mit koronarer Herzkrankheit (4-7). Der Grund dafür ist möglicherweise die Dyslipidämie und der erhöhte Entzündungszustand der Erkrankung, wie die Erhöhung des C reaktiven Proteins (CRP), welche bei PAD ausgeprägter ist als bei koronaren Patienten, andeutet. (8,9). In den Leitlinien wird eine strikte Risikofaktorenkontrolle empfohlen. Diese umfasst unter anderem die Kontrolle des LDL-Cholesterins. In randomisierten klinischen Studien erwiesen sich Statine als wirksam in der Senkung kardiovaskulärer Ereignisse auch bei Patienten mit PAD (10, 11). Es hat sich aber gezeigt, dass die Adhärenz zur Statintherapie im Allgemeinen mangelhaft ist, trotz des gut dokumentierten Nutzens dieser Therapie. Im Gegensatz zur Literatur über Patienten mit CAD gibt es nur wenig klinische Daten über die Einhaltung einer lipidsenkenden Therapie (LLT) und das Erreichen der Zielwerte bei Patienten mit PAD.
Deshalb war das Ziel einer an einem universitären Zentrum durchgeführten grossen Beobachtungsstudie die Definition der Behandlungspraktiken bei aufeinander folgenden, nicht ausgewählten Patienten mit symptomatischer PAD, die sich einer Revaskularisierung der unteren Extremitäten unterzogen hatten (12). Dabei wurden die Trends bei der Erreichung der LDL-C-Zielwerte über die Zeit und das Verhältnis zu kardiovaskulären Mortalitätsraten bewertet.
1109 Patienten mit chronischer, symptomatischer PAD (Fontaine II, III oder IV), die an einem tertiären universitären Zentrum für eine endovaskuläre Revaskularisierung der unteren Extremitäten vorgesehen waren, wurden in die Studie eingeschlossen.

Lipidsenkende Therapie

Ungefähr zwei Drittel der Patienten (69.3%) erhielten Statine. Die am häufigsten verschriebenen Statine waren Atorvastatin (52.3%) und Rosuvastatin (23.5%). Die mittlere Statindosis normalisiert auf 40mg Simvastatin (13) betrug 52mg pro Tag. Über die Zeit nahm die lipidsenkende Therapie von 59% im Jahr 2010 auf 81% im Jahr 2017 zu. Obschon eine signifikante Verbesserung der LDL-Cholesterinwerte von 2010 bis 2017 (Mittelwert 2.85mmol/l vs. 2.07mmol/l) stattfand, blieb die Zielwerterreichung bescheiden. Nur 295 (27%) der Patienten wiesen die von den Richtlinien empfohlenen Werte unter 1.8mmol/l auf, während 504 Patienten (45.4%) Werte über 2.6mmol/l hatten, davon lagen 37% sogar über 3.5mmol/l. Die meisten Patienten (73.4%) wiesen nicht die von den Richtlinien empfohlenen Ziel-Werte auf.
Über die Zeit zeichnete sich aber eine konsistente Abnahme der LDL-Cholesterinwerte ab, die besonders deutlich nach Einführung einer Lipidklinik im Jahre 2016 war. Trotzdem waren in den Jahren 2016 und 2017 immer noch nur 42% bzw. 45% unterhalb des Zielwerts von 1.8mmol/l.
Die Rate an Statinintoleranz war in dieser Studie erstaunlich gering mit nur 1.8%, was im Hinblick auf Literaturdaten erstaunlich ist. Vermutlich handelt es sich bei der untersuchten Kohorte mit symptomatischer PAD um Patienten, die ihre Muskelschmerzen eher der zugrunde liegenden Krankheit zuschrieben als der Statintherapie.

Überlebensdaten

Neben der Erfassung der lipidsenkenden Therapien und der Zielwerterreichung war die Untersuchung der Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Mortalität ein weiteres Studienziel. Es zeigte sich dabei, dass mit Statin behandelte Patienten eine signifikant niedrige kardiovaskuläre Mortalität aufwiesen als solche, die nicht mit einem Statin behandelt wurden (4% vs. 11%, p<0.01).

Fazit

Die Studie vermittelt ein zeitgemässes Real-World-Bild des derzeitigen Standes der lipidsenkenden Therapie bei Patienten mit symptomatischer peripherer arterieller Krankheit. Es geht daraus hervor, dass eine Verbesserung der Risikofaktorkontrolle möglich, aber derzeit ungenügend ist. Anreize für eine bessere Lipidkontrolle sollten sich auf Patienten mit peripherer arterieller Krankheit konzentrieren

Quelle: Dopheide JF et al.Poor attainment of lipid targets in patients with symptomatic peripheral artery disease. J Clin Lipidol 2018; 12:711-717

Prof. em. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen

riesen@medinfo-verlag.ch

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3. Gerhard-Herman MD et al. 2016 AHA/ACC Guideline on the Management of Patients With Lower Extremity Peripheral Artery Disease: Executive Summary. A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Clinical Practice Guidelines. Circulation. 2017;135:e86–e725.
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12. Dopheide JF et al. Poor attainment of lipid targets in patientswith symptomatic peripheral artery disease.J Clin Lipidol 2018; 12:711-717
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  • Vol. 10
  • Ausgabe 1
  • Februar 2020