Journal Watch

Ausgewählte Studien aus der Hämato-Onkologie



CD19 CAR T-Zell-Therapie bei Autoimmunkrankheiten – eine Fallserie mit Nachuntersuchung

• CD19 CAR T-Cell Therapy in Autoimmune Disease – A Case Series with Follow-up. Müller F, Taubmann J, Bucci L, et al. N Engl J Med. 2024 Feb 22;390(8):687-700.
• CAR T Cells – A New Horizon for Autoimmunity? Isaacs JD. N Engl J Med. 2024 Feb 22;390(8):758-759

A report on 15 patients severe SLE (…), idiopathic inflammatory myositis (…), SSC (…) receiving CD19 CAR-T cells after conditioning with FluCy. After 15 months all patients had clinical response with moderate toxicity.

Dies ist eine Fallsammlung von Patienten mit schweren Autoimmunkrankheiten. Die Patienten litten entweder an systemischem Lupus erythematodes (n=8), idiopathischer inflammatorischer Myositis (n=3) oder systemischer Sklerose (n=4). Alle Patienten wurden mit einer lymphodepletierenden Therapie mit Fludarabin + Cyclophosphamid behandelt, gefolgt von CD19-gerichteten CAR-T-Zellen. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 15 Monate. Alle Patienten sprachen an und zeigten eine deutliche Verbesserung in den Krankheitsaktivitätsscores. Zudem konnte eine Eliminierung der vorliegenden Autoantikörper erreicht werden, wodurch die immunsuppressive Basistherapie sistiert werden konnte. Die Nebenwirkungen waren im Allgemeinen geringfügig. Obwohl es sich um eine Therapie handelt, bei der typischerweise CRS (Cytokine Release Syndrome) und ICANS (Immune Cell Associated Neurotoxicity Syndrome) auftreten können, waren diese selten und nur schwach ausgeprägt.

In einem begleitenden Editorial wurden diese Resultate bewertet und in den Zusammenhang weiterer Therapien für Autoimmunerkrankungen gestellt. Die vorliegenden Resultate wurden als vielversprechend für schwere Autoimmunerkrankungen gewürdigt und speziell wird auf die Frage eingegangen, wieso eine zelluläre Therapie die CD19 adressiert, so viel besser wirken soll als z.B. die Therapie mit monoklonalen Antikörpern mit ähnlichem Zielmolekül.

Kommentar

Es verdichten sich Anzeichen dafür, dass die Technologie der CAR-T-Zellen nicht nur bei Malignomen, sondern auch bei Autoimmunerkrankungen nützlich sein kann. Derzeit ist dies jedoch noch hochexperimentell. Es wird daher notwendig sein, gut geplante Studien mit klar definierten Entitäten durchzuführen, die im Vergleich zu herkömmlichen Therapien einen klaren Benefit zeigen. In Analogie: vor über 20 Jahren wurden Hochdosischemotherapie und autologe Stammzelltransplantation als Behandlungsmöglichkeiten für refraktäre Autoimmunerkrankungen propagiert. In einer ersten Phase wurden verschiedene Krankheiten auf diese Weise behandelt. Diese Technologie konnte bei der Systemsklerose und bis zu einem gewissen Grad bei der Multiplen Sklerose etabliert werden.

Azacitidin, Venetoclax und Gilteritinib bei neu diagnostizierter und rezidivierter oder refraktärer FLT3-mutierter akuten myeloischen Leukämien

Azacitidine, Venetoclax, and Gilteritinib in Newly Diagnosed and Relapsed or Refractory FLT3-Mutated AML. Short NJ, Daver N, Dinardo CD, J Clin Oncol. 2024 Jan 26: JCO2301911. doi: 10.1200/ JCO.23.01911. Online ahead of print. PMID: 38277619

Hypomethylierende Substanzen (HMA) sind seit 20 Jahren Standard in der Behandlung von akuten myeloischen Leukämien (AML). Seit 5 Jahren hat sich die Kombination von HMA mit bcl2-Inhibitoren (Venetoclax) durchgesetzt und die Ansprechrate von 10-20% auf 30-50% erhöht. Bei AML treten in bis zu 30% der Fälle Mutationen im FLT3-Gen auf. FLT3 ist eine Tyrosinkinase, die spezifisch gehemmt werden kann (Midostaurin, Gilteritinib, Quazartinib). Es liegt nahe, verschiedene zielgerichtete Substanzen zu kombinieren. Diese Studie untersucht die Kombination von Azacytidin (s.c.), einem HMA, mit Venetoclax und Gilteritinib bei neu diagnostizierten AML-Patienten, die für eine intensive Chemotherapie nicht in Frage kamen, sowie bei Patienten mit rezidivierter/refraktärer AML mit FLT3-Mutation.

Es wurden 52 Patienten eingeschlossen, die im Durchschnitt 71 Jahre alt waren. Davon waren 30 neu diagnostiziert und 22 hatten einen Rückfall oder waren refraktär. Die als verträglich eingestufte Dosis von Gilteritinib betrug 80mg (die übliche Dosierung in der Monotherapie beträgt 3x40mg). Die Rate der kompletten Remissionen betrug 96% bei den Patienten mit neu diagnostizierter AML, wobei 65% ein molekulares tiefes Ansprechen zeigten. Nach eineinhalb Jahren betrug das mediane Überleben 71% und das rezidivfreie Überleben 72%. Die Remissionsrate betrug 27% bei den rezidivierenden oder refraktären Fällen. Es wurden keine unerwarteten Toxizitäten festgestellt.

Kommentar

Diese Phase I/II Studie zeigt, dass durch die Kombination von zielgerichteten Therapien möglicherweise höhere Ansprechraten in der Leukämiebehandlung erzielt werden können. Kontrollierte Studien sind jedoch notwendig, um diese Ergebnisse zu bestätigen.

Der Menin-Inhibitor Revumenib bei KMT2A-veränderter oder NPM1-mutierter Leukämie

The menin inhibitor revumenib in KMT2A-rearranged or NPM1-mutant leukaemia. Issa GC, Aldoss I, DiPersio J, et al. Nature. 2023 Mar; 615(7954):920-924

Die Dysregulation der Transkription ist ein Treiber vieler Malignome. Epigenetische Regulatoren dieser Transkription können adressiert werden. Menin interagiert mit der Lysin Methyltransferase 2A (KMT2A), einem epigenetischen Regulator in Leukämien. Diese wird durch KMT2A Rearrangements über chromosomale Translokationen (KMT2A auf dem Chromosom 11q in Translokation mit verschiedenen Partnerchromosomen) oder durch Mutationen im Nucleophosmin 1 Gen (NPM1) verändert. KMT2A-Rearrangements treten bei Erwachsenen mit akuter myeloischer Leukämie (AML) und akuter lymphatischer Leukämie auf, insbesondere bei Neugeborenen. NPM1-Mutationen sind in bis zu 30% der AML zu finden.

Es wird hier eine Phase-1-Studie mit Revumenib beschrieben, einem oralen Inhibitor der Menin-KMT2A-Interaktion, bei Patienten mit rezidivierter oder refraktärer akuter Leukämie. Die Studie zeigt eine Rate von 30% vollständigen Remissionen bei relativ geringen Nebenwirkungen. Dosislimitierend waren Verlängerungen der QT-Zeit. Es wurde ein Differenzierungssyndrom beobachtet, das auf die Normalisierung der Differenzierungswege der unreifen Zellen zurückzuführen ist.

Kommentar

Menin-Inhibitoren sind eine neue Klasse von oralen, zielgerichteten Medikamenten in der Leukämiebehandlung, die auf der erweiterten Erkenntnis über leukämische Treibermutationen basieren. Ob sich diese Klasse von Medikamenten durchsetzen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar. Bisher gibt es weder für die große Gruppe der NPM1-mutierten Leukämien noch für die meist refraktären KMT2A-rearrangierten Leukämien eine zielgerichtete Therapie.

Prof. Dr. med. Jakob Passweg

Klinik für Hämatologie
Hämatologische Diagnostik Labormedizin
Universitätsspital Basel und Blutspendezentrum beider Basel SRK
Petersgraben 4
4031 Basel

jakob.passweg@usb.ch

info@onco-suisse

  • Vol. 14
  • Ausgabe 2
  • April 2024