- Ausgewählte Studien aus der Hämato-Onkologie
Eine Phase-2-Lernverbundstudie zur haploidentischen Knochenmarktransplantation bei Sichelzellanämie
Die vorliegende Studie ist eine Phase-2-Studie zur Knochenmarkstransplantation mit halb-passenden Spendern, d. h. haploidenten Spendern, nach einer reduzierten intensiven Therapie mit Thiotepa und der Prophylaxe der Graft-versus-Host-Krankheit (GvHD) mit posttransplantärem Cyclophosphamid bei Patienten mit Sichelzellerkrankung. Die Hypothese lautet wie folgt: Ereignisfreies Überleben (EFS) von mindestens 80 %. In die vorliegende Studie wurden insgesamt 70 Patienten eingeschlossen, darunter 38 Erwachsene und 32 Kinder. Eine Transplantatabstoßung wurde in acht von 70 Fällen (11.4 %) beobachtet, wobei dies ausschließlich bei Patienten unter 18 Jahren der Fall war. Bei sämtlichen Patienten konnte eine autologe Rekonstitution beobachtet werden, was bedeutet, dass die Funktion des eigenen Knochenmarks wieder aufgenommen wurde. Nach einem Beobachtungszeitraum von zwei Jahren wurde ein Ereignisfreies Überleben (EFS) von 82.6 % und ein Gesamtüberleben von 94.1 % ermittelt. Hierbei zeigten sich keine Unterschiede zwischen adulten und pädiatrischen Patienten. Von den Patienten, bei denen die Transplantation erfolgreich verlaufen ist, waren 96.6 % (57 / 59) ein Jahr nach der Transplantation ohne Immunsuppression. Bei 10 % der Patienten trat eine schwere akute GvHD auf, bei weiteren 10 % eine chronische GvHD. Fünf Patienten verstarben an infektiösen Komplikationen.
Literatur
An international learning collaborative phase 2 trial for haploidentical bone marrow transplant in sickle cell disease. Adetola A. Kassim, Josu de la Fuente, Erfan Nur,et al. Blood. 2024 Jun 20;143(25):2654-2665
Pegyliertes Interferon alfa (pegIFN-α) kann zu molekularen Remissionen führen
Pegyliertes Interferon alfa (pegIFN-α) kann bei Patienten mit JAK2 mutierter Myeloproliferativer Neoplasie (MPN) zu molekularen Remissionen führen. Man nimmt an, dass langlebige zur Neoplasie gehörende Stammzellen beeinflusst werden. Patienten mit MPN haben oft zusätzliche Mutationen in Genen, welche Stammzellerneuerung regulieren wie z. B. DNMT3A. Diese Patienten scheinen auf pegIFN-α schlechter anzusprechen. In dieser experimentellen Studie aus der Gruppe von R Skoda in Basel wurde untersucht ob in Mausmodellen und in Patientenstammzellen DNMT3A Verlust mit Resistenz auf pegIFN-α korreliert. pegIFN-α reduziert die mutierte JAK2 Last normalisiert die Blutwerte und korrigiert Splenomegalie im Mausmodell. Diese Wirkung wurde durch DNMT3A Verlust aufgehoben. Mechanistische Untersuchungen zeigen, dass dies nicht über einen Verlust des Interferonsignalweges geschieht. Interferon Behandlung nach DNMT3A Verlust führte zu einem aggressiveren Krankheitsverlauf im Tiermodell.
Literatur
Loss of Dnmt3a increases self-renewal and resistance to pegIFN-∂ in JAK2-V617F–positive myeloproliferative neoplasms; Marc Usart, Jan Stetka,Damien Luque Paz, et al. Blood. 2024 Jun 13;143(24):2490-2503.
Ein neuartiger monoklonaler Anti-CD38-Antikörper zur Behandlung von Immunthrombozytopenien
Die Immunthrombozytopenie zählt zu den häufigeren Autoimmunerkrankungen, welche Blutzellen betreffen. Die Therapie der chronischen Verlaufsformen erweist sich als wenig zufriedenstellend. Im Folgenden wird der CD38-Antikörper CM313 vorgestellt. Im Rahmen einer Phase-1- bis -2-Studie wurde der CD38-Antikörper CM313 wöchentlich i. v. in einer Dosis von 16 mg/kg über einen Zeitraum von acht Wochen an erwachsene Patienten verabreicht. Insgesamt wurden 22 Patienten in die Studie eingeschlossen, wobei bei 21 Patienten (95 %) ein Thrombozytenwert von > 50 × 10⁹/L erreicht wurde. Die Ansprechdauer betrug 23 Wochen (17–24 Wochen). Das Ansprechen wurde median innerhalb einer Woche beobachtet. Zu den Nebenwirkungen gehörten Infusionsreaktionen sowie Infektionen der oberen Luftwege.
Literatur
A Novel Anti-CD38 Monoclonal Antibody for Treating Immune Thrombocytopenia.
Yunfei Chen, M.D., Yanmei Xu, M.D., Huiyuan Li, M.D., et al N Engl J Med 2024;390:2178-90.
Jüngere unverwandte Spender können in der PTCy-Ära einer HLA-Übereinstimmung vorzuziehen sein
Die allogene Stammzelltransplantation gehört zum Standard bei intermediär und hochrisiko Leukämien. Bei zunehmendem Alter der behandelten Patienten stellen sich Fragen nach der besten Spenderwahl. Gleichzeitig ergeben sich durch die verbesserte Prophylaxe der Graft versus Host Krankheit (GvHD) mit posttransplantärem Cyclophosphamide (PTCy) auch Fragen nach der Rolle des Alters von unverwandten Spendern aus dem Register. In dieser observationellen Studie aus dem Transplantationsregister wurden Patienten mit akuter myeloischer Leukämie in erster oder zweiter Remission mit passendem Fremdspender (MUD) oder Fremdspender mit einem HLA mismatch (MMUD) eingeschlossen. 1011 Patienten wurden untersucht, medianes Alter 54 Jahre (18–77). Spender waren median 29 Jahre (18–64) alt. Ein Spendealter über 30 Jahre hatte einen negativen Einfluss auf den Rückfall nach Transplantation (Hazard Ratio [HR], 1.38 (1.06–1.8), Leukämiefreies Ueberleben (HR, 1.4; 95 % CI, 1.12–1.74), und Gesamtüberleben (HR 1.45; 95 % CI, 1.14–1.85). Der Einfluss von HLA mismatch war nicht signifikant und weniger stark als der des Alters der Spender.
Literatur
Younger unrelated donors may be preferable over HLA match in the PTCy era: a study from the ALWP of the EBMT. Jaime Sanz, Myriam Labopin, Goda Choi, et al Blood. 2024 Jun 13;143(24):2534-2543
Klinik für Hämatologie
Hämatologische Diagnostik Labormedizin
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