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Ausgewählte Studien zu soliden Tumoren



Statine und Überleben bei Männern, die Androgen-ablative Therapien gegen fortgeschrittenen Prostatakrebs erhalten

Quelle: Jayalath VH et al Statin Use and Survival Among Men Receiving Androgen-Ablative Therapies for Advanced Prostate Cancer. A Systematic Review and Meta-analysis JAMA Network Open. 2022;5(11):e2242676. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.42676

Eine systematische Überprüfung und Meta-Analyse

Statine, die zur Senkung des Cholesterinspiegels verschrieben werden, haben in jüngster Zeit die Aufmerksamkeit als potenzielle Zusatztherapie bei Prostatakrebs erregt. Obwohl Statine anscheinend bevorzugt in späteren Krankheitsstadien eingesetzt werden, bleibt unklar, bei welcher Subpopulation sie am wirksamsten sind (1, 4). Eine mögliche Kohorte sind Männer, die eine Kastrationstherapie erhalten. Präklinische Studien legen nahe, dass Statine synergistisch mit Androgen-ablativen Therapien wirken können, um die intratumorale Steroidogenese zu begrenzen und den Androgentransport aus der Nebenniere in Prostatakrebszellen zu hemmen (2). Beobachtungsdaten unterstützen diesen Mechanismus und deuten auf einen Überlebensvorteil bei Männern mit CRPC hin. In der Tat scheinen Statine die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung zu verlängern, während ADT und ARAT eingesetzt werden (2, 3). Eine kürzlich durchgeführte Metaanalyse (4) ergab, dass Statine mit einem geringfügig niedrigeren Risiko eines biochemischen Wiederauftretens verbunden sind. Dieser Zusammenhang wurde jedoch aufgehoben, nachdem Männer, die eine ADT erhielten, ausgeschlossen wurden. Mehrere zusätzliche Studien haben seitdem über einen schützenden Zusammenhang zwischen Statinen und dem Überleben von Männern, die Androgen-ablative Therapien erhalten, berichtet (5).

Eine neue Metaanalyse (6) ging der Frage nach, ob die Einnahme von Statinen während Androgen-ablativer Therapien (Androgenentzug oder auf die Androgenrezeptorachse zielgerichteten Therapien) mit einer geringeren Sterblichkeit bei Männern mit Prostatakrebs einhergeht.

Resultate

In dieser systematischen Überprüfung und Meta-Analyse von 25 Kohorten mit insgesamt 119’878 Männer war die gleichzeitige Einnahme von Statinen mit einem um 27% verringerten Risiko für Gesamtsterblichkeit und einem um 35% verringerten Risiko für Prostatakrebs-spezifischer Sterblichkeit verbunden. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die gleichzeitige Einnahme von Statinen das Überleben von Männern verbessern könnte, die Androgen-ablative Therapien für fortgeschrittenen Prostatakrebs erhalten. Die Resultate müssten allerding mit randomisierten klinischen Studien bestätigt werden.

Schlussfolgerung

Der Gedanke, ein leicht verfügbares Medikament mit nachgewiesenem kardiovaskulärem Nutzen und günstigem Toxizitäts­profil wie Statine in die Behandlung von Prostatakrebs einzubeziehen, ist spannend. In dieser systematischen Übersichtsarbeit und Meta-Analyse von Beobachtungsstudien konnte ein signifikanter Vorteil für die Gesamtmortalität und die Prostatakrebs-spezifische Mortalität bei gleichzeitiger Einnahme von Statinen bei Männern festgestellt werden, die eine androgenablative Therapie erhalten. Die Ergebnisse tragen zu unserem Verständnis der Zusammenhänge zwischen Prostatakrebs, der Androgenachse und Statinen bei und liefern hochwertige Belege für eine chemopräventive Rolle von Statinen bei Prostatakrebs. Die Verwendung retrospektiver Daten und die unerklärliche Heterogenität verringern jedoch die Zuversicht, die Ergebnisse direkt in die klinische Praxis einfliessen zu lassen. Auf der Suche nach dem optimalen Umfeld für eine erfolgreiche Behandlung von Prostatakrebs mit Statinen muss noch die optimale Statindosis und -klasse bestimmt werden. «Die Zeit ist reif für gut konzipierte, randomisierte klinische Studien, um die Wirkung von Statinen auf das Überleben bei Prostatakrebs zu untersuchen», so die Autoren.

Literatur:
1. Alfaqih MA, Allott EH, Hamilton RJ, Freeman MR, Freedland SJ. The current evidence on statin use and prostate cancer prevention: are we there yet? Nat Rev Urol. 2017;14(2):107-119. doi:10.1038/nrurol.2016.199
2. Harshman LC, Wang X, Nakabayashi M, et al. Statin use at the time of initiation of androgen deprivation therapy and time to progression in patients with hormone-sensitive prostate cancer.JAMA Oncol. 2015;1(4):495-504. doi: 10.1001/jamaoncol.2015.0829
3. Harshman LC, Werner L, Tripathi A, et al. The impact of statin use on the efficacy of abiraterone acetate in patients with castration-resistant prostate cancer. Prostate. 2017;77(13):1303-1311. doi:10.1002/pros.23390
4. Tan P, Wei S, Yang L, et al. The effect of statins on prostate cancer recurrence and mortality after definitive therapy: a systematic review and meta-analysis. Sci Rep. 2016;6:29106. doi:10.1038/srep29106
5. Yang H, Pang L, Hu X, et al. The effect of statins on advanced prostate cancer patients with androgen deprivation therapy or abiraterone/enzalutamide: a systematic review and meta-analysis.J Clin Pharm Ther. 2020;45(3):488-495. doi:10.1111/jcpt.13092
6. Jayalath VH et al Statin Use and Survival Among Men Receiving Androgen-Ablative Therapies for Advanced Prostate Cancer A Systematic Review and Meta-analysis JAMA Network Open. 2022;5(11):e2242676. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.42676

Trastuzumab-Deruxtecan bei fortgeschrittenem oder rezidivierendem Gebärmutterkarzinosarkom, das HER2 exprimiert. Die STATICE Studie

Quelle: Nishikaw T et al Trastuzumab Deruxtecan for Human Epidermal Growth Factor Receptor 2–Expressing Advanced or Recurrent Uterine Carcinosarcoma (NCCH1615): The STATICE Trial DOI: 10.1200/JCO.22.02558 Journal of Clinical Oncology, Published online March 28, 2023.

Fortgeschrittene oder rezidivierende Uteruskarzinosarkome (UCS) sind schwierig zu behandeln. Eine beträchtliche Anzahl von ihnen weist eine gewisse HER2-Expression auf. Diese Ergebnisse eröffnen einen vielversprechenden neuen therapeutischen Weg. Tratuzumab-Deruxtecan (T-DXd) ist die erste Anti-HER2-Therapie, die bei zuvor behandelten Patienten mit fortgeschrittenem oder rezidivierendem UCS unabhängig vom HER2-Status klinische Aktivität zeigte.

Das Ziel einer kürzlich veröffentlichten Studie war die Untersuchung der Wirksamkeit und Sicherheit von Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd) bei Patienten mit fortgeschrittenem oder rezidivierendem Uteruskarzinom (UCS), die eine niedrige oder hohe Expression des humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors 2 (HER2) aufweisen.

Patientinnen und Methoden

Eingeschlossen wurden Patientinnen mit rezidivierendem UCS mit HER2-Immunhistochemie-Scores ≥1+, die zuvor mit Chemotherapie behandelt worden waren. Die Patientinnen wurden für die primäre und die explorative Analyse der Gruppe mit hohem (Immunhistochemie-Score ≥2+; n = 22) bzw. niedrigem (Immunhistochemie-Score von 1+; n = 10) HER2-Gehalt zugeordnet. Trastuzumab Deruxtecan 6,4 oder 5,4 mg/kg wurde einmal alle 3 Wochen intravenös verabreicht, bis eine inakzeptable Toxizität oder ein Fortschreiten der Erkrankung eintrat. Die Dosisanpassung erfolgte auf der Grundlage der aktualisierten empfohlenen Phase-II-Dosis für Brustkrebs von 5,4 mg/kg. Der primäre Endpunkt war die objektive Ansprechrate bei zentraler Überprüfung in der HER2-high-Gruppe. Zu den sekundären Endpunkten gehörten die Gesamtansprechrate (ORR) in der HER2-High-Gruppe nach Einschätzung des Prüfarztes, die ORR in der HER2-Low-Gruppe, das progressionsfreie Überleben (PFS), das Gesamtüberleben (OS) und die Sicherheit.

Resultate

Die ORR nach zentraler Überprüfung betrug in den Gruppen mit hohem und niedrigem HER2-Gehalt 54,5% (95% KI, 32,2 bis 75,6) bzw. 70,0% (95% KI, 34,8 bis 93,3), und die ORR nach Bewertung durch den Prüfarzt 68,2% bzw. 60,0%. Das mediane PFS und OS in den Gruppen mit hohem und niedrigem HER2-Gehalt betrugen 6,2 und 13,3 Monate bzw. 6,7 Monate und wurden nicht erreicht. Unerwünschte Ereignisse vom Grad ≥ 3 traten bei 20 Patienten (61%) auf. Pneumonitis/Interstitielle Lungenerkrankung der Grade 1-2 und 3 traten bei acht (24%) bzw. einem (3%) Patienten auf.

Schlussfolgerung

Trastuzumab Deruxtecan ist bei Patienten mit UCS unabhängig vom HER2-Status wirksam. Das Sicherheitsprofil entsprach im Allgemeinen dem zuvor berichteten. Die Toxizitäten waren bei angemessener Überwachung und Behandlung beherrschbar.

Präoperative Chemotherapie bei operablem Dickdarmkrebs

Quelle: Morton D et al. Preoperative Chemotherapy for Operable Colon Cancer: Mature Results of an International Randomized Controlled Trial . J Clin Oncol 2022. DOI: 10.1200/JCO.22.00046 Journal of Clinical Oncology – published online before print January 19, 2023

Reife Ergebnisse einer internationalen, randomisierten, kontrollierten Studie

Darmkrebs ist mit jährlich 1,7 Millionen Diagnosen die zweithäufigste Krebserkrankung weltweit (1). Die Standardbehandlung besteht in einer Operation, gefolgt von einer adjuvanten Oxaliplatin-Fluoropyrimidin-Chemotherapie bei Patienten mit einem mittleren bis hohen Risiko (2). Trotz adjuvanter Chemotherapie (AC) entwickeln 20-30 % der Patienten ein Rezidiv, das in der Regel unheilbar ist (3,4). Die präoperative oder neoadjuvante Chemotherapie (NAC) hat die Ergebnisse bei anderen gastrointestinalen Krebsarten (5, 6) erheblich verbessert und bietet potenzielle Vorteile gegenüber der postoperativen AC bei Dickdarmkrebs. Die Verkleinerung des Tumors vor der Operation kann das Risiko einer unvollständigen Resektion und der Ablösung von Tumorzellen während der Operation verringern (7) Die NAC kann viele Wochen früher als die AC beginnen und könnte daher bei der Beseitigung von Mikro­metastasen wirksamer sein (8), zumal die Operation die Aktivität von Wachstumsfaktoren auslöst, die möglicherweise die Tumorproliferation anregen, bevor die AC beginnt (9). Ausserdem ist das Ansprechen auf die NAC im Gegensatz zur AC beobachtbar, so dass sie möglicherweise als Richtschnur für nachfolgende Behandlungsentscheidungen dienen kann. Es gibt jedoch auch potenzielle Nachteile von NAC, die ihre Bewertung bei Dickdarmkrebs verzögert haben. Könnte die Toxizität während der NAC die Operationsfähigkeit beeinträchtigen oder zu mehr perioperativen Komplikationen führen? Könnten chemoresistente Krebsarten während der NAC fortschreiten und die Chance auf eine chirurgische Heilung verringern? Könnte es sein, dass Patienten mit niedrigem Risiko angesichts der Ungenauigkeit der radiologischen Stadieneinteilung den Toxizitäten und Unannehmlichkeiten einer Chemotherapie ausgesetzt werden, wenn eine Operation allein als ausreichend ange­sehen worden wäre?

In einer kürzlich publizierten Studie (10) sollte ermittelt werden, ob die Verabreichung einer Chemotherapie in den 6 Wochen vor der Operation das Rezidivrisiko bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem, aber operablem Dickdarmkrebs sicher verringern könnte.

Methoden

Patienten mit Kolonkarzinom im radiologischen Stadium T3-4, N0-2, M0 wurden nach dem Zufallsprinzip (2:1) entweder 6 Wochen Oxaliplatin-Fluoropyrimidin präoperativ plus 18 postoperativ (NAC-Gruppe) oder 24 Wochen postoperativ (Kontrollgruppe) zugeteilt. Patienten mit RAS-Wildtyp-Tumoren konnten ausserdem im Verhältnis 1:1 randomisiert werden, um Panitumumab während der NAC zu erhalten oder nicht. Der primäre Endpunkt war die Resterkrankung oder das Wiederauftreten innerhalb von 2 Jahren. Zu den sekundären Endpunkten zählten chirurgische Morbidität, histopathologisches Stadium, Regressionsgrad, Vollständigkeit der Resektion und ursachenspezifische Mortalität. Die Log-Rank-Analysen erfolgten nach dem Intention-to-treat-Prinzip.

Resultate

Von 699 Patienten, die der NAK zugewiesen wurden, begannen 674 (96 %) die NAK und 606 (87 %) schlossen sie ab. Insgesamt wurden 686 von 699 (98,1 %) NAK-Patienten und 351 von 354 (99,2 %) Kontrollpatienten operiert. Bei dreissig Patienten (4,3 %), die der NAC zugewiesen wurden, traten obstruktive Symptome auf, die eine schnellere Operation erforderten, doch gab es bei der NAC weniger schwerwiegende postoperative Komplikationen als bei der Kontrollgruppe. Die NAK führte zu einem deutlichen T- und N-Downstaging und einer histologischen Tumorregression (alle P < .001). Die Resektion war häufiger histopathologisch vollständig: 94 % (648/686) gegenüber 89 % (311/351), P < .001. Bei weniger NAC-Patienten als bei Kontrollpatienten trat innerhalb von 2 Jahren eine Restkrankheit oder ein Rezidiv auf: 16,9 % (118/699) gegenüber 21,5 % (76/354), Ratenverhältnis = 0,72 (95 % CI, 0,54 bis 0,98), P = 0,037. Die Rückbildung des Tumors korrelierte stark mit der Rezidivfreiheit. Panitumumab verstärkte den Nutzen der NAK nicht. Bei Mismatch-Reparatur-defizienten Tumoren war der Nutzen der NAK gering.

Schlussfolgerung

Eine sechswöchige präoperative Oxaliplatin-Fluoropyrimidin-Chemotherapie bei operablem Dickdarmkrebs kann sicher durchgeführt werden, ohne die perioperative Morbidität zu erhöhen. Dieses Chemotherapieschema führt bei präoperativer Verabreichung zu einem deutlichen histopathologischen Downstaging, weniger unvollständigen Resektionen und einer besseren 2-Jahres-Krankheitskontrolle. Die histologische Regression nach NAC ist ein starker Prädiktor für ein geringeres postoperatives Rezidivrisiko und kann daher als Leitfaden für die postoperative Therapie. Eine sechswöchige NAC sollte als Behandlungsoption für lokal fortgeschrittenen Dickdarmkrebs in Betracht gezogen werden.

Literatur:
1. GBD 2016 Disease and Injury Incidence and Prevalence Collaborators: Global, regional, and national incidence, prevalence, and years lived with disability for 328 diseases and injuries for 195 countries, 1990–2016: A systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2016. Lancet 390:1211-1259,
2. National Institute for Health and Care Excellence: Colorectal Cancer. NICE Guideline [NG151]. London, UK, 2020. https://www.nice.org.uk/guidance/ng151 Google Scholar
3. André T, Boni C, Mounedji-Boudiaf L, et al: Oxaliplatin, fluorouracil, and leucovorin as adjuvant treatment for colon cancer. N Engl J Med 2004 ;350:2343-2351
4. Grothey A, Sobrero AF, Shields AF, et al: Duration of adjuvant chemotherapy for stage III colon cancer. N Engl J Med 2018 ;378:1177-1188
5. Medical Research Council Oesophageal Cancer Working Party: Surgical resection with or without preoperative chemotherapy in oesophageal cancer: A randomised controlled trial. Lancet2002; 359:1727-1733
6. Cunningham D, Allum WH, Stenning SP, et al: For the MAGIC trial participants: Perioperative chemotherapy versus surgery alone for resectable gastroesophageal cancer. N Engl J Med 2006;355:11-20
7. Alieva M, van Rheenen J, Broekman MLD: Potential impact of invasive surgical procedures on primary tumor growth and metastasis. Clin Exp Metastasis 2018;35:319-331
8. Hu Z, Ding J, Ma Z, et al: Quantitative evidence for early metastatic seeding in colorectal cancer. Nat Genet 2019 ;51:1113-1122
9. Zeamari S, Roos E, Stewart FA: Tumour seeding in peritoneal wound sites in relation to growth-factor expression in early granulation tissue. Eur J Cancer2004 ; 40:1431-1440
10. Morton D et al. Preoperative Chemotherapy for Operable Colon Cancer: Mature Results of an International Randomized Controlled Trial . J Clin Oncol 2022. DOI: 10.1200/JCO.22.00046

Prof. Dr. med. Beat Thürlimann

Brustzentrum, Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
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  • Vol. 13
  • Ausgabe 3
  • Mai 2023