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FDA genehmigt erste Gentherapien zur Behandlung von Patienten mit Sichelzellanämie

https://www.fda.gov/news-events/press-announcements/fda-approves-first-gene-therapies-treat-patients-sickle-cell-disease

Die U.S. Food and Drug Administration (FDA) hat einen Meilenstein gesetzt und heute am 8. Dezember 2023 zwei bahnbrechende Behandlungen, Casgevy und Lyfgenia, zugelassen, die die ersten zellbasierten Gentherapien zur Behandlung der Sichelzellanämie bei Patienten ab 12 Jahren darstellen. Darüber hinaus ist eine dieser Therapien, Casgevy, die erste von der FDA zugelassene Behandlung, bei der eine neuartige Genom-Editing-Technologie zum Einsatz kommt, was einen innovativen Fortschritt auf dem Gebiet der Gentherapie signalisiert. Für Lyfgenia wurde allerdings eine Black Box Warnung betreffend «blood cancer» als Folge der Behandlung im Beipackzettel angeordnet. Deren verktorgestützte Stammzellgenmodifizierung codiert für HbAT87Q,das ähnlich wie das natürliche HbA funktioniert und weniger sichelt.

Die Sichelzellanämie ist eine genetisch bedingte Krankheit, deren größte Verbreitung in den Malariagebieten Afrikas und Asiens ist. In Äquatorialafrika sind 25 bis 40 % der Bevölkerung heterozygote Merkmalsträger. Die Häufigkeit des Defekts nimmt mit dem Abstand zum Äquator deutlich ab. Bei der schwarzen Bevölkerung Amerikas liegt die Häufigkeit nur noch zwischen 5 und 10 %. Dieses Phänomen lässt sich dadurch erklären, dass heterozygote Merkmalsträger eine relative Resistenz gegen Malaria besitzen – ein Umstand, der in Malariagebieten einen deutlichen Selektionsvorteil darstellt. In gemäßigten Breiten ist der Selektionsvorteil aufgrund der fehlenden Malaria nicht wirksam.

“Die Sichelzellkrankheit ist eine seltene, schwächende und lebensbedrohliche Blutkrankheit mit erheblichem ungedecktem Bedarf, und wir freuen uns, das Feld insbesondere für Personen, deren Leben durch die Krankheit stark beeinträchtigt wurde, voranzubringen, indem wir heute zwei zellbasierte Gentherapien zugelassen haben”, sagte Nicole Verdun, M.D., Direktorin des Office of Therapeuticproducts im Center for Biologics Evaluation and Research der FDA. “Die Gentherapie verspricht gezieltere und wirksamere Behandlungen, insbesondere für Menschen mit seltenen Krankheiten, bei denen die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten begrenzt sind.”

CRISPR/Cas9 kann so gesteuert werden, dass DNA in bestimmten Bereichen geschnitten wird, was die Möglichkeit bietet, DNA an der Stelle, an der sie geschnitten wurde, genau zu bearbeiten (zu entfernen, hinzuzufügen oder zu ersetzen). Die modifizierten Blutstammzellen werden zurück in den Patienten transplantiert, wo sie sich im Knochenmark einnisten (anheften und vermehren) und die Produktion von fetalem Hämoglobin (HbF) erhöhen. Bei Patienten mit Sichelzellanämie verhindert ein erhöhter HbF-Spiegel die Sichelbildung der roten Blutkörperchen.

“Diese Zulassungen stellen einen wichtigen medizinischen Fortschritt dar, da innovative zellbasierte Gentherapien eingesetzt werden, um potenziell verheerende Krankheiten zu bekämpfen und die öffentliche Gesundheit zu verbessern”, sagte Peter Marks, M.D., Ph.D., Direktor des Center for Biologics Evaluation and Research der FDA.

Diese Stammzellentransplantation ist teuer: Die Einmalbehandlung mit Casgevy hat einen Listenpreis von 2,2 Millionen Dollar, wie Vertex auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP schrieb.
Als Folge der FDA-Zulassung erhält das Zuger Biotechunternehmen von Vertex nun eine Meilensteinzahlung von 200 Millionen Dollar, wie beide Firmen weiter mitteilten. CRISPR Therapeutics erhält 40 Prozent der Gewinne, Vertex 60 Prozent.
Für die CRISPR-Technologie hatten die CRISPR Therapeutics-Co-Gründerin Emmanuelle Charpentier und die Amerikanerin Jennifer Doudna im Jahre 2020 den Nobelpreis erhalten.
Alles schön und gut. Die Frage, wie das Medikament die vielen Patienten in Äequatornähe, aber selbst in den USA erreichen soll, bleibt vorerst ungelöst.

Prof. Dr. med. Beat Thürlimann

Brustzentrum, Kantonsspital St. Gallen
Rorschacher Strasse 95
9007 St.Gallen

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  • Vol. 14
  • Ausgabe 1
  • Februar 2024