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60. Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie

Best of ASH 2018

Im Rahmen der 60. Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie (ASH, 1.-4.12.2018 in San Diego) wurden wiederum zahlreiche neue Studienergebnisse bei hämatoonkologischen Neoplasien präsentiert, die Eingang finden werden in die alltägliche Patientenversorgung. Sie beinhalten wichtige Fortschritte in Richtung Präzisionsmedizin, also den zielgerichteten Einsatz des richtigen Medikaments beim richtigen Patienten zum richtigen Zeitpunkt. Dabei dürfte sich das Erreichen einer MRD (minimal residual disease)-Negativität als ein wichtiges neues Therapieziel etablieren.



CLL

Bei der CLL ist Ibrutinib als primäre Monotherapie oder in Kombination mit einer Immuntherapie hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens (PFS) der Chemoimmuntherapie überlegen (ILLUMINATE- und ALLIANCE-Studie). Vor allem Patienten mit einem unmutierten IGHV profitieren von der Dauertherapie mit Ibrutinib. Es ergab sich aber beim Gesamtüberleben kein Unterschied zwischen der Ibrutinib-Monotherapie und der Kombination mit Rituximab.
Bzgl. Rezidivtherapie ist die Kombination Venetoclax plus Rituximab eine effektive Therapie bei einer begrenzten Therapiedauer. Nur 13 Prozent aller mit dieser Kombination behandelten
Patienten entwickelten innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Therapie eine Progression. Dabei erwies sich der MRD-Status als ein wichtiger prädiktiver Marker, der gut mit dem PFS korreliert (MURANO-Studie). Auch die zeitlich begrenzte, MRD-gesteuerte Kombinationstherapie mit Venetoclax plus Obinutuzumab ergab vielversprechende Ergebnisse sowohl in der Gesamtstudienpopulation als auch beim Hochrisiko-Kollektiv (CLL2-BXX-Studien). Bzgl. der CAR-T-Zell-Therapie, die auch bei der CLL machbar ist, konnte die zusätzliche Gabe von Ibrutinib die Rate an Cytokin-Release-Syndromen reduzieren (schweres CRS: 25 Prozent vs. 0 Prozent) und die Wirksamkeit dieser Therapie leicht verbessern (JCAR014-Studie).

Multiples Myelom

Bei dieser sehr heterogenen Erkrankung können im Rahmen der Primärtherapie mit neuen Induktionsregimen hohe Ansprechraten erzielt werden. Dabei kommen zunehmend 4fache Kombinationen zum Einsatz, die neben den etablierten Substanzen auch Carfilzomib oder einen immunaktivierenden monoklonalen Antikörper umfassen. Mit einer solchen Intensivierung der Therapie lassen sich die Ansprechraten erhöhen (Myeloma XI-Studie). Als Standard hat sich die Hochdosistherapie (HDT) etabliert, bei Hochrisikopatienten sollte auch eine Tandem-HDT diskutiert werden. Das gleiche gilt auch für die Erhaltungstherapie mit Ixazomib (TOURMALINE-MM3-Studie). Für nicht HDT-geeignete Patienten empfehlen sich die Kombinationen Daratumumab plus VMP (ALCYONE-Studie) oder Daratumumab plus Rd (MAIA-Studie). Auch für das Frührezidiv steht eine Reihe von Kombinationen zur Verfügung. Eine HDT ist aber nicht vorteilhaft. Bei Spätrezidiven werden jetzt CAR-T-Zellen und Kombinationen mit Pomalidomid erforscht.

Non-Hodgkin-Lymphome

Ein Update der GALLIUM-Studie verfestigt den Stellenwert von Obinutuzumab plus Chemotherapie beim unbehandelten Follikulären Lymphom. Auch hier erwies sich der MRD-Status als zuverlässiger prädiktiver Marker und somit als wichtiger Schritt zu einer individualisierten Therapieentscheidung. Im Rahmen der AUGMENT-Studie konnte gezeigt werden, dass bei Patienten mit einem Rezidiv die Gabe von Lenalidomid zusätzlich zu Rituximab (R2 vs. R) das PFS signifikant verlängert.
Beim diffusen grosszelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) konnte jetzt erstmals gezeigt werden, dass eine Therapiedeeskalation erfolgreich ist. 4 x R-CHOP 21 plus 2 x Rituximab war 6 x R-CHOP 21 nicht unterlegen, weder beim PFS noch beim OS (FLYER-Studie). Diese Dosisreduktion dürfte für Patienten bis 60 Jahre mit einem aaIPI=0 ohne Bulk der neue Standard werden. Ähnlich sind die Ergebnisse der GOYA-Studie, die 8 Zyklen R-CHOP 21 mit 6-Zyklen R-CHOP 21 verglich und keinen signifikanten Unterschired ergab. Nach diesen Daten stellen 8 Zyklen eine Übertherapie dar, die insbesondere bei älteren Patienten vermieden werden sollte.
Eine «Real-World-Analyse» der Daten einer CAR-T-Zell -Therapie (Axicabtagene Ciloleucel) ergab folgendes: Die ORR Tag 30 betrug 80 Prozent, die Rate an kompletten Remissionen lag an Tag 30 bei 47 Prozent, das mediane PFS bei 6,2 Monate und das OS nach 6 Monate bei 72 Prozent und dies bei einem CRS von 7 Prozent. Diese Daten zeigen, dass die CAR-T-Zell-Therapie zwischenzeitlich den Bereich des experimentellen Ansatzes bei den aggressiven Lymphomen verlassen und einen zunehmenden Stellenwert in der Routineversorgung erreicht hat.

Quelle: ASH-Jahrestagung, San Diego, 30.11.-4.12.2018

Dr. med.Peter Stiefelhagen

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  • Vol. 9
  • Ausgabe 2
  • April 2019