Forum Oncosuisse

Gute Noten für die onkologische Versorgungsqualität in der Schweiz

Eine aktuelle Gfs-Umfrage zeigt: Die wahrgenommene Versorgungsqualität von Krebspatient:innen ist in der Schweiz ausgesprochen hoch. Doch die Ergebnisse zeigen auch Handlungsbedarf auf gesamtgesellschaftlicher Ebene – besonders in der Vor- und Nachsorge. Eine Volksabstimmung für eine nationale Krebsstrategie würde die Mehrheit der Befragten befürworten.



Im Auftrag des Pharmaunternehmens MSD Merck Sharp & Dohme AG führte GfS Bern Ende 2021 eine Umfrage zur Krebsversorgung in der Schweiz durch (1). Das Meinungsforschungsinstitut hat dazu insgesamt 1’510 Personen aus der ganzen Schweiz befragt.

Gute Krebsversorgung basiert auf gutem Gesundheitssystem

Die Mehrheit der Befragten fühlt sich in Zusammenhang mit Krebsversorgung gut informiert. Die Fortschritte in der Krebsforschung empfinden die Befragten positiv; eine Mehrheit ist sogar der Meinung, dass Krebs in Zukunft vollständig heilbar sein wird.

Die wahrgenommene Versorgungsqualität von Krebspatient:innen ist in der Schweiz gemäss der Umfrage hoch. Die gute Krebsversorgung zeichne sich insbesondere dadurch aus, dass sie in einem äusserst guten Gesundheitssystem stattfinde. Interessant ist, dass bei denjenigen, die persönliche Erfahrungen der Krebsversorgung in der Schweiz gesammelt haben, das Lob signifikant deutlicher ausfällt, als bei jenen, die indirekt oder gar nicht betroffen sind.

Doch welche Faktoren sind zentral, damit die Krebsversorgung positiv beurteilt wird? Die Auswertung zeigt, dass Früherkennung, Prävention und Informationen ebenso funktionieren müssen wie die (Dauer bis zur) Medikamenten- und Therapieversorgung, die ärztliche Versorgung im Spital und die Dauer bis zur Diagnose.

Verbesserungsbedarf in Prävention, Früherkennung und Nachsorge

Rund die Hälfte der Befragten gab an, dass sie eine ihnen nahestehende Person kennen, die von einer Krebserkrankung betroffen ist oder war. 136 Personen (ca. 11% der Befragten) waren bzw. sind früher oder aktuell selbst von Krebs betroffen. 90 Prozent davon gaben an, sich in der Regel an die Behandlungsvorgaben gehalten zu haben und ebenso viele, dass sie genügend Informationen und Unterstützung erhielten und sie sich erneut auf denselben Behandlungsweg begeben würden. Uneinigkeit demgegenüber herrscht bei den Aspekten Früherkennung und Prävention – während eine Hälfte froh gewesen wäre, wenn der Krebs früher entdeckt worden wäre, gab knapp die andere Hälfte der Befragten das Gegenteil an. Ähnlich fallen die Ergebnisse auf die Frage aus, ob frühere Präventionsinformationen nützlich gewesen wären.

Betroffene wurden auch gefragt, inwiefern sie aktuell noch an den Konsequenzen von Krebs leiden. Demnach leiden Betroffene vor allem an körperlichen, psychologischen und allgemeinen Konsequenzen auf die Lebensqualität am stärksten. Berufliche, finanzielle und gesellschaftliche Konsequenzen seien zweitrangig. Aktuell Betroffene leiden aktuell stärker an den Konsequenzen, sie gaben aber gleichzeitig auch häufiger an, wenig oder nicht mehr an den Konsequenzen zu leiden. Für die Hälfte der Betroffenen hatte die Diagnose keine berufliche Veränderung gebracht (49%), ein Viertel war nicht berufstätig. Keine Zahlen gibt es hierzu zur Altersverteilung der Betroffenen, in diesem Zusammenhang wäre eine entsprechende vertiefte Analyse interessant.

Knapp die Hälfte der Betroffenen wollte keine Auskunft geben, ob die Erkrankung finanzielle Konsequenzen hatte. Ein Drittel gab jedoch an, dass die Lebenskosten gestiegen sind, ein Fünftel, dass die Versicherungskosten gestiegen sind und je rund 10 Prozent, dass es zu finanziellen Schwierigkeiten wegen des Jobverlusts oder zu Kostenanstiegen wegen psychologischer Folgen kam. Dementsprechend zeigen die Ergebnisse den Handlungsbedarf auf gesamtgesellschaftlicher Ebene auf für die Zeit vor der Erkrankung hinsichtlich Prävention und Früherkennung sowie für das Leben nach der Krebserkrankung in der Schweiz.

Gute Noten für alle Akteure

Während einer Behandlung spielen unterschiedliche Akteure eine Rolle, die mehrheitlich positiv bewertet wurden. Insbesondere Leistungserbringer und Versicherer erhielten gute Noten. Vermutlich weniger häufig in Anspruch genommen und mit weniger positiven Meinungen assoziiert wurden der Austausch mit anderen Betroffenen, die «Schweizerische Krebsliga (2)» – die es in dieser Form nicht gibt – sowie verschiedene weitere Angebote.

Für Betroffene sind unterschiedliche Informationsquellen am nützlichsten: Gedruckte Broschüren von Patientenorganisationen sowie Artikel und Berichte in Gesundheitsmedien oder –sendungen im Fernsehen wurden am besten bewertet. Online-Informationen wurden weniger häufig als hilfreich bewertet.

Die Schweiz braucht wieder eine Krebsstrategie

Nicht überraschend haben drei Viertel der Befragten noch nie etwas von der nationalen Krebsstrategie gehört. Persönlich von Krebs betroffene Personen haben häufiger davon gehört (ein Drittel). Ebenso äussern sich persönlich Betroffene vermehrt gegen das Auslaufen der nationalen Krebsstrategie. Sollte es zu einer Volksabstimmung über die Krebsstrategie kommen, würden die Mehrheit der Befragten wahrscheinlich teilnehmen und auch mehrheitlich Ja stimmen. Gründe liegen im Sparpotential, der Förderung von Krebs-Früherkennung und -Prävention sowie der Stärkung der Koordination der Akteure und der Betreuung von Krebsbetroffenen. Als Gegenargumente gegen eine Krebsstrategie wurden vor allem die unnötige Sonderstellung von Krebs sowie die Heterogenität von Krebsbetroffenen erwähnt. Zudem wurde berechnet, welche Argumente am stärksten für ein Ja oder Nein bei einer solchen «nationalen Krebsinitiative» sprechen. Da der konkrete Inhalt der Initiative allerdings nirgendwo beschrieben ist, sind die Umfrage­ergebnisse schwierig einzuordnen. Die Ergebnisse sind entsprechend ideologisch geprägt wie beispielswiese die Frage, nach mehr Staat oder mehr privaten Angeboten.

Dies widerspiegelt sich auch im letzten Teil der Umfrage:

  • Konkret wünscht sich ein Drittel mehr Macht für den Markt, wohingegen sich die anderen zwei Drittel wünschen, dass der Staat das Gesundheitswesen stärker regelt.
  • Während für eine Hälfte die Eigenverantwortung wichtiger ist, wünschen sich knapp die andere Hälfte eine Schweiz, in der die gemeinschaftliche Verantwortung wichtiger ist als die persönliche.
  • Knapp die Hälfte der Befragten bevorzugt eine möglichst regionale Gesundheitsversorgung, wohingegen die andere Hälfte die Gesundheitsversorgung mit spezialisierten Zentren bevorzugt.
  • Während die eine Hälfte eine medizinische Versorgung gemäss der «Schulmedizin» bevorzugen, tendiert die andere Hälfte zu einer medizinischen Versorgung gemäss alternativen Methoden.

Der MSD-Krebsversorgungsmonitor soll als Gradmesser für die Schweizer Politik und relevante Akteure des Gesundheitswesens und somit für die aktive Gestaltung der Versorgung dienen. Dabei werde das argumentative Feld nicht nur der Politik und Akteuren aus dem Umfeld der Verbände und NGOs überlassen, sondern aktiv die Stimme der Wirtschaft in die Diskussion eingebracht.
Es ist zu begrüssen, dass die Umfrageergebnisse eine Diskussionsbasis im politischen Diskurs für eine optimale Krebsversorgung bieten. Zu bedenken ist dabei, dass Auftragsstudien in der politischen Kommunikation eine beliebte Lobbyingmassnahme sind.

Franziska Lenz

Leiterin Politik und Public Affairs Krebsliga Schweiz

1. MSD Krebsversorgungsmonitor 2022: Krebsversorgungsqualität weiterhin sicherstellen. gfs.bern im Auftrag von MSD Merck Sharp & Dohme AG, Februar 2022.
2. 17 kantonale und regionale Krebsligen bieten telefonisch oder vor Ort verschiedene Unterstützungsangebote bei sämtlichen Fragen rund um das Thema Krebs. Die Krebsliga Schweiz als Dachorganisation betreibt mit dem Beratungs- und
Informationsdienst das Krebstelefon und publiziert u.a. zahlreiche Broschüren.

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  • Vol. 12
  • Ausgabe 4
  • Juli 2022