Wissen aktuell

Dr. med. Katharina Baur, Universitätsspital Basel

Highlights EHA 2019: Multiples Myelom



Die Behandlung des rezidivierten und refraktären multiplen Myeloms ist eine Herausforderung. Der EHA-Kongress 2019 bot mehrere Highlights zu diesem Thema. Im Folgenden werden 3 Studien zusammengefasst.

COLUMBA Trial: Intravenous versus subcutaneous administration of daratumumab

Daratumumab, ein monoklonaler Antikörper gegen CD38, bewies seine Wirksamkeit beim multiplen Myelom über alle Therapielinien hinweg. Ähnlich wie beim Anti-CD20-Antikörper Rituximab dauert die intravenöse Verabreichung jedoch mehrere Stunden, insbesondere die erste Infusion dauert im Durchschnitt sieben Stunden (1). Eine subkutane Infusion hingegen benötigt nur 3-5 Minuten.
Die von Dr. Maria Victoria Mateos, aus Salamanca, vorgestellte Columba-Studie ist eine randomisierte Phase-III-Studie, die die intravenöse (IV) versus subkutane (SC) Verabreichung von Daratumumab bei Patienten mit rezidiviertem und/oder refraktärem multiplem Myelom (R/R MM) verglich (2). 522 Patienten mit R/R MM und ≥ 3 vorausgegangen Therapielinien wurden eingeschlossen und 1:1 randomisiert: Sie erhielten entweder Daratumumab SC (1800 mg) oder Daratumumab IV (16 mg/kg). Die Gesamtansprechrate (ORR) sowie die Talspiegel der Medikamente, als die beiden primären Endpunkte, waren zwischen der subkutanen und intravenösen Verabreichung von Daratumumab vergleichbar (41,1% vs. 37,1% ORR und Talspiegel dara-SC/dara-IV: 107,93%).
Darüber hinaus war das Sicherheitsprofil zwischen den beiden Verabreichungsarten ähnlich. Daratumumab SC war sogar mit einer signifikant niedrigeren Rate an Infusionsreaktionen verbunden (12,7% für SC gegenüber 34,5 % für IV; p < 0,0001).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die subkutane Verabreichung von Daratumumab sowohl sicher als auch effektiv ist und aufgrund der kürzeren Verabreichungszeit von den Patienten und dem Gesundheitspersonal als angenehmer empfunden wird.

The ICARIA-MM trial: Isatuximab plus pomalidomide and dexamethasone a new therapy option in patients with R/R MM?

Die von Dr. Paul Richardson vom Dana-Farber Cancer Institute, Boston, vorgestellte ICARIA-MM-Studie untersuchte Isatuximab, einen weiteren monoklonalen Anti-CD38-Antikörper (3). Die Funktion von Isatuximab ist in vielerlei Hinsicht ähnlich wie diejenige von Daratumumab. Isatuximab hat jedoch eine geringere komplementabhängige Zytotoxizität als Daratumumab. Daher führt Isatuximab möglicherweise zu weniger Infusionsreaktionen und hat eine kürzere Infusionszeit als Daratumumab.
In der ICARIA-Studie, einer internationalen Phase-III-Studie, wurden 307 Patienten mit R/R-MM und ≥ 2 vorausgegangen Therapielinien eingeschlossen und erhielten entweder Isatuximab in Kombination mit Pomalidomid und Dexamethason (Isa-Pd) oder eine alleinige Behandlung mit Pomalidomid und Dexamethason (Pd) (4).
Das mediane progressionsfreie Überleben war signifikant höher in der Patientengruppe, die Isa-Pd erhielt (11,53 Monate für den Isa-Pd-Arm gegenüber 6,47 für den Pd-Arm, (95% CI 0,44-0,81), P = 0,001). Im Einklang mit diesen Ergebnissen war auch die Gesamtansprechrate (ORR) mit 60,4% im Isa-Pd-Arm signifikant höher als mit 35,3% im Pd-Arm.
Das Sicherheitsprofil war beherrschbar trotz einer höheren Neutropenie- und Infektionsrate in der Kohorte mit Isatuximab. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Isatuximab in Kombination mit Pomalidomid und Dexamethason eine neue Therapieoption bei R/R MM darstellt.
Fragen bleiben jedoch offen: Ist Isatuximab noch wirksam bei Myelompatienten, die auf Daratumumab und/oder Elotuzumab nicht ansprachen? Kann Isatuximab nach einer Behandlung mit Daratumumab verabreicht werden? Diesbezüglich bräuchte es weitere Studien.
Bezüglich Pomalidomid ist aktuell für Patienten mit R/R MM in der Schweiz die SAKK 39/16-Studie, OptiPOM, verfügbar, die ein alternatives Dosierungsschema von Pomalidomid prüft.

AMG 420, an Anti-BCMA Bispecific T-Cell Engager (BITE®) Immunotherapie

Das B-Zell-Maturationsantigen (BCMA) ist ein Zelloberflächenrezeptor, der zur Superfamilie der Tumornekrosefaktorrezeptoren (TNFR) gehört und fast ausschliesslich auf Plasmazellen und Plasmablasten exprimiert wird (5). In den letzten Jahren wurden mehrere Immuntherapien gegen BCMA entwickelt, wie zum Beispiel BCMA CAR-T oder BCMA-BiTE®. BCMA-BiTE® bindet an CD3 auf T-Zellen sowie am BCMA auf Plasmazellen.
Auf der EHA Tagung präsentierte Prof. Dr. Max Topp aus Würzburg, die Ergebnisse einer First-in-Human Phase I Dosisfindungsstudie mit dem anti-BCMA BiTE® AMG 420. Primäre Endpunkte waren die dosislimitierende Toxizität (DLT) sowie die maximale verträgliche Dosis (MTD) (6).
AMG 420 wurde über eine kontinuierliche Infusion in 6-Wochen-Zyklen über 5 Zyklen, bis zur Krankheitsprogression(PD), oder bis zur nicht kontrollierbaren Toxizität verabreicht. Die DLT wurde bei drei von 42 Patienten und in zwei Fällen bei einer Dosis von 800 ug/d beobachtet. Die maximal verträgliche Dosis betrug somit 400 ug/d.
Insgesamt sprachen 13 von 42 Patienten auf die Behandlung an. Die höchste Ansprechrate von 70% wurde bei einer Dosis von 400 ug/d erreicht (7 von 10 Patienten). Daher ist die empfohlene Dosis für weitere Untersuchungen 400 ug/d.

1. DARZALEX® (Daratumumab)-Injektion, zur intravenösen Anwendung[Beipackzettel]. Horsham, PA:: Janssen Biotech, Inc.; 2019
2. Mateos M-V. et al., COLUMBA-Studie, mündliche Präsentation EHA 2019, Abstract S823
3. Richardson PG et al, Isatuximab plus Pomalidomid/Dexamethason versus Pomalidomid/Dexamethason bei schubförmig/refraktärem Multiplem Myelom: ICARIA Phase-III-Studiendesign, Future Oncol. 2018 Mai;14(11):1035-1047
4. Richardson PG et al., ICARIA-MM-Studie, mündliche Präsentation EHA 2019, Abstract S824
5. Yu-Tzu Tai & Kenneth C Anderson (2019), B cell maturation antigen (BCMA)-based immunotherapy for multiple myeloma, Expert Opin Biol Ther. 2019 Jul 11:1-14
6. Topp M et al., Oral presentation EHA 2019, Abstract S825

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  • Vol. 9
  • Ausgabe 6
  • Dezember 2019