Kongressausgabe EHA 2024



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Editorial

Stetiger Fortschritt durch Anpassung unserer Therapiealgorithmen

Prof. Dr. med. Christoph Renner

Der diesjährige 29. EHA Kongress fand vom 13. bis 16. Juni in Madrid und somit wieder in Spanien statt. Erfreulicherweise war erneut die Möglichkeit einer hybriden Teilnahme für die meisten Präsentationen gegeben, so dass ein Grossteil der Hämatologen/innen entweder virtuell oder vor Ort teilnehmen konnten. Die Vortragsräume waren in der Regel gut gefüllt und lebhafte Diskussionen wurden geführt. Die wissenschaftliche Qualität war auch dieses Jahr wieder erfreulicherweise hoch und ich erlaube mir, ein paar Höhepunkte aus dem Bereich der malignen Hämatologie passend zu dem in der Titelzeile genannten Motto hervorzuheben zu heben:

1. Die deutsche Hodgkin-Studiengruppe (GHSG) präsentiert fast jedes Jahr für den klinischen Alltag Therapie-relevante Ergebnisse ihrer international hoch beachteten Studien. Dieses Jahr war mit Spannung die finale Analyse der HD21-Studie erwartet worden. In dieser grossen, prospektiv randomisierten Phase-3-Studie war bei Patienten/innen mit fortgeschrittenem Hodgkin-Lymphom (cHL) die Frage gestellt worden, ob eine Therapie De-Eskalation, d.h. der Austausch von BEACOPP eskaliert durch BrECADD weiterhin ein exzellentes Therapieansprechen mit weniger Toxizität ermöglicht. Mit nun längerer Nachbeobachtungszeit konnte belegt werden, dass mit BrECADD nicht nur die Toxizität sinkt, sondern auch bisher unerreichte PFS- und OS-Daten zu erzielen sind. Zwei Drittel unserer in der Regel jungen cHL-Patienten/innen im fortgeschrittenen Stadium sind somit nach vier Therapiezyklen geheilt und weisen deutlich weniger Therapie-assoziierte Spätfolgen und hier insbesondere Infertilitäten auf.

2. In der Myelom-Behandlung sind nicht nur Erfolge durch den Einsatz immuntherapeutischer Verfahren wie bispezifischer Antikörper oder CAR-T Zell zu erzielen. Die vornehmlich von der französischen IFM-Studiengruppe geleitete Phase 3 IMROZ Studie konnte eindrücklich zeigen, dass auch herkömmliche Medikamente kombiniert als Vierfachtherapie (Daratumumab, Lenalidomid, Bortezomib, Dexamethason) bei älteren, d.h. sog. nicht-transplantationsfähigen Patienten/innen eine signifikante Verbesserung der Krankheitskontrolle und auch signifikante Verlängerung des PFS in der Ersttherapie erzielen kann. Damit gilt auch diese sogenannte Quadruple-Therapie in Zukunft bei fitten älteren Patienten/innen als Therapiestandard.

3. Zuletzt möchte ich noch kurz die ASC4FIRST Studie erwähnen. Auch hier wurde ein bestehender Therapiealgorithmus hinterfragt, da bisher Patienten/innen mit CML in chronischer Phase (CML CP) in der Regel einen Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) als Erstlinientherapie erhalten. Erst bei fortschreitender Krankheit respektive unzureichendem Ansprechen wird in dann auf eine neuere Substanzklasse wie Asciminib (Scemblix R) gewechselt. Die vorliegende Studie hat nun diesen Therapiealgorithmus hinterfragt und in der prospektiven, randomisierten Studie gezeigt, dass der Erstlinieneinsatz von Asciminib bezüglich Toxizität und Effektivität dem bisherigen Algorithmus, d.h. einer TKI-basierten Erstlinientherapie überlegen ist. Damit ist zu hoffen, dass rasch eine Zulassung und Verfügbarkeit für unsere Patienten/innen in der ersten Therapielinie erteilt wird und wir unser therapeutisches Vorgehen entsprechend anpassen können.

Ich hoffe, mit diesen aus meiner Sicht sehr relevanten Studien Ihr Interesse an dem EHA Kongress und somit auch dem vorliegenden Heft geweckt zu haben. Zudem wünsche ich Ihnen viel Spass bei der Lektüre und gehe davon aus, dass viele Kolleginnen und Kollegen am nächsten EHA Kongress 2025 in Mailand vor Ort sein werden.

Mit freundlichen Grüssen

Prof. Dr. med. Christoph Renner

info@onco-suisse

  • Vol. 14
  • Ausgabe 4
  • August 2024