Fortbildung

Highlights vom ASCO GU Kongress 2024

Nierenzellkarzinom

Zwei prospektive randomisierte Studien untersuchten die adjuvante Therapie beim klarzelligen Nierenzellkarzinom mit hohem Rezidivrisiko. Die CHECKMATE 914 Studie verglich Nivolumab und die Kombination Nivolumab plus Ipilimumab mit Placebo, zeigte jedoch keinen Vorteil im krankheitsfreien Überleben. Im Gegensatz dazu zeigte die KEYNOTE 564-Studie für Pembrolizumab einen signifikanten Vorteil sowohl im krankheitsfreien als auch im Gesamtüberleben. Zwei weitere Studien, CHECKMATE 9ER und CHECKMATE 214, präsentierten Langzeitergebnisse zur Erstlinientherapie metastasierter klarzelliger Nierenzellkarzinome.



Two prospective randomized studies investigated adjuvant therapy for clear cell renal cell carcinoma with a high risk of recurrence. The CHECKMATE 914 study compared nivolumab and the combination of nivolumab plus ipilimumab with placebo, but showed no advantage in disease-free survival. In contrast, the KEYNOTE 564 study showed a significant advantage for pembrolizumab in both disease-free and overall survival. Two further studies, CHECKMATE 9 and CHECKMATE 214, presented long-term results for the first-line treatment of metastatic clear cell renal cell carcinoma.
Key Words: clear cell renal cell cancer, adjuvant treatment, tyrosine kinase inhibitors, checkpoint inhibitors

Die adjuvante Therapie beim klarzelligen Nierenzellkarzinom mit hohem Rezidivrisiko war Gegenstand zweier prospektiver randomisierter Studien. Die CHECKMATE 914 Studie verglich die adjuvante Gabe von Nivolumab bzw. die Kombination Nivolumab plus Ipilimumab für ein Jahr gegenüber ­Placebo. Aktuell wurden die Daten des Vergleichs der Monotherapie mit Nivolumab versus Placebo vorgestellt. Wie schon für die Kombination mit Ipilimumab, konnte auch für die Monotherapie mit Nivolumab kein Vorteil im krankheitsfreien Überleben gegenüber Placebo gezeigt werden.Im Gegensatz hierzu konnte in der KEYNOTE 564 Studie für Pembrolizumab als adjuvante Therapie nicht nur ein Vorteil für das krankheitsfreie Überleben gezeigt werden, sondern erstmals auch ein statistischer signifikanter und klinisch relevanter Vorteil für das Gesamtüberleben. Damit ist die KEYNOTE 564 die erste und bislang einzige Studie, die einen Vorteil im Gesamtüberleben durch eine adjuvante Therapie beim resezierten klarzelligen Nierenzellkarzinom mit mittlerem und hohen Rezidivrisiko zeigen konnte.

In zwei weiteren Studien wurden die Langzeitergebnisse der Erstlinientherapie metastasierter klarzelliger Nierenzellkarzinome vorgestellt. Die CHECKMATE 9ER Studie verglich die Kombination Nivolumab plus Cabozanitib gegenüber Sunitinib. Die Überlegenheit der Kombination in Bezug auf die Ansprechrate und das krankheitsfreie Überleben bestätigte sich im Langzeit Follow-up, unabhängig von dem Risikoprofil der Patienten. Das Gesamtüberleben war aber nur in der Gruppe der Patienten mit intermediärem und hohen Risiko besser, jedoch nicht in der Gruppe mit günstigem Risikoprofil.

In der CHECKMATE 214 Studie bestätigten die Langzeitergebnisse die Überlegenheit der Kombination von Nivolumab und Ipilimumab gegenüber Sunitinib ebenfalls nur in den Gruppen mit intermediärem und hohem, nicht aber in der Gruppe von Patienten mit günstigem Risikoprofil. Dieser fehlende Überlebensvorteil in der günstigen Risikogruppe einer Kombinationstherapie von zwei Checkpoint-Inhibitoren oder von einem Checkpoint-Inhibitor mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor gegenüber einer Monotherapie mit Sunitinib findet sich bei allen Phase III Studien auch im Langzeitfollow-up.

Die adjuvanten Studien nach Resektion: CheckMate 914 und Keynote 564

Die Rezidivrate klarzelliger Nierenzellkarzinome (RCC) beträgt trotz radikaler Nephrektomie mit oder ohne Lymphadenektomie bis zu 30 % oder mehr. Das Risikoprofil kann u.a. mittels des Leibovich Scores geschätzt werden. Besondere Risiken bestehen für Patienten mit grossen Tumoren, ungünstiger Histologie und Patienten nach kompletter Metastasenresektion bei oligometastasierter Erkrankung. Daher kommt der adjuvanten Therapie dieser Patientengruppen besondere Aufmerksamkeit zu.

Die CHECKMATE 914 Studie untersuchte bei 825 Patienten mit klarzelligem RCC in einer 2:1:1 Randomisierung die adjuvante Gabe von Nivolumab (n=411), Nivolumab plus Ipilimumab (n=208) oder Placebo (n=206). (1) Primärer Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben. Patienten mit oligometastasierter Erkrankung waren nicht eingeschlossen. Bei der Präsentation auf dem ASCO GU 2024 wurde der Vergleich Nivolumab Monotherapie versus Placebo vorgestellt. (2) Im Trend hatten Patienten mit grossen T4-Tumoren, mit sarkomatoiden Tumoranteilen und mit PD-L1 Expression > 1 % mehr von der adjuvanten Therapie profitiert. Die Unterschiede waren jedoch für diese Subgruppen ebenso wie für die Gesamtgruppe der Patienten statistisch nicht signifikant (HR 0.87; 95 % CI: 0.62-1.21 für die Gesamtgruppe). Somit besteht keine Indikation für eine Monotherapie mit Nivolumab oder Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab als adjuvante Therapie des komplett resezierten klarzelligen RCC.

Die KEYNOTE 564 Studie hingegen war erfolgreicher. Insgesamt 996 Patienten erhielten in einer 1:1 Randomisierung entweder eine adjuvante Therapie mit Pembrolizumab für ein Jahr (n=496) oder Placebo (n=498). Oligometastasierte Patienten mit kompletter Metastasenresektion konnten eingeschlossen werden (n=57). Nachdem bereits ein Vorteil durch eine adjuvante Therapie mit Pembrolizumab in Bezug auf das krankheitsfreie Überleben publiziert wurde, konnte auf dem ASCO GU 2024 erstmals auch ein Vorteil im Gesamtüberleben gezeigt werden (HR 0.62; 95 % CI: 0.44-0.87). (3,4) Der Unterschied nach 4 Jahren im Gesamtüberleben betrug 91.2 % versus 86 % zu Gunsten von Pembrolizumab. Pembrolizumab ist damit das erste und bislang einzige Medikament, welches einen Vorteil im Gesamtüberleben in der adjuvanten Therapie des klarzelligen RCC zeigen konnte. Oligometastatische Patienten nach kompletter Resektion profitierten im Trend am meisten von der adjuvanten Therapie. Alter, ECOG Score und PD-L1 Status gemessen am CPS Score hatten keinen Einfluss auf das Ergebnis. Pembrolizumab für die Dauer eines Jahres stellt somit einen neuen Standard in der adjuvanten Therapie des klarzelligen RCC mit mittlerem und hohen Risiko für ein Rezidiv nach kompletter Resektion dar. Wieso andere Checkpoint Inhibitoren in vergleichbaren Studien keinen entsprechenden Nutzen zeigten bleibt unklar.

Die Studien zur Erstlinientherapie metastasierter Patienten mit klarzelligem RCC: CheckMate 9ER und CheckMate 214

Die Ergebnisse der CHECKMATE 9ER und der CHECKMATE 214 Studien wurden bereits publiziert (5,6). Beim diesjährigen ASCO GU wurden die Langzeitergebnisse dieser beiden Studien vorgestellt und bestätigten die zuvor publizierten Daten. In der CHECKMATE 9ER Studie erhielten 651 Patienten in einer 1:1 Randomisierung entweder Nivolumab plus Cabozantinib (n=323) oder Sunitinib (n=328). Der primäre Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben. Dieser wurde erreicht: 16.7 % Patienten (Nivolumab plus Cabozantinib) versus 5,5 % Patienten (Sunitinib) überlebten nach 4 Jahren krankheitsfrei (HR 0.58; 95 %CI:0.49-0.70). Auch das Gesamtüberleben war für die neue Kombination mit 48,9 % versus 39.7 % nach 4 Jahren besser als mit Sunitinib, allerdings nur bei Patienten mit intermediärem oder ungünstigem Risikoprofil nach dem IMDC Score (HR 0.77; 95 % CI: 0.63-0.95). Bei Patienten mit günstigem Risikoprofil war das Gesamtüberleben nicht signifikant besser (HR 1.10; 95 % CI: 0.69-1.75), und das krankheitsfreie Überleben nur knapp (HR 0.69; 95 % CI: 0.48-1.00) (7).

Sehr vergleichbare Langzeitergebnisse wurden für die CHECKMATE 214 Studie vorgestellt. (8) Bei 1096 Patienten mit metastasiertem klarzelligen RCC und 1:1 Randomisierung war die Kombination von Nivolumab und Ipilimumab im Langzeit Follow-up bei Patienten mit günstigem Risikoprofil nach dem IMDC Score sogar schlechter als die Monotherapie mit Sunitinib (HR 1.76; 95 % CI: 1.25-2.48). In der Gruppe mit intermediärem und ungünstigen Risikoprofil war die Kombination jedoch eindrucksvoll besser sowohl bezüglich der Ansprechrate und des krankheitsfreien Überlebens als auch bezüglich des Gesamtüberlebens. Das Gesamtüberleben betrug in den beiden letztgenannten Risikogruppen nach 6 Jahren 39.0 % versus 26.8 % zu Gunsten der Kombination (HR 0.69; 95 %CI: 0.59-0.81).

In Summe bestätigen die Langzeitergebnisse beider Studien, dass bei Patienten mit metastasiertem klarzelligen RCC und günstigem Riskoprofil eine Erstlinientherapie mit zwei Checkpoint-Inhibitoren oder einem Checkpoint-Inhibitor plus einem Tyrosinkinase- Inhibitor keinen Vorteil im Gesamtüberleben gegenüber einer alleinigen Therapie mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor wie z.B. Sunitinib zeigt (Tab. 1).

Copyright Aerzteverlag medinfo AG

Dr. med. Sara Merler

Oncologia medica
Ente Ospedaliero Cantonale
Viale Officina 3
6500 Bellinzona

Dr. med. Katharina Reichel

Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie
Stadtspital Zürich Triemli
Birmensdorferstrasse 497
8063 Zürich

PD Dr. med. Ursula Vogl

Oncologia medica
Ente Ospedaliero Cantonale
Viale Officina 3
6500 Bellinzona

Die Autorinnen haben keine Interessenskonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

  • Die Keynote 214 Studie mit Pembrolizumab ist die erste und bislang einzige Studie, die einen Vorteil im Gesamtüberleben durch eine adjuvante Therapie beim resezierten Nierenzellkarzinom mit mittlerem und hohem Risiko für ein Rezidiv zeigen konnte.
  • Im Langzeit Follow-up ist die Kombination von Nivolumab plus Cabozantinib in der Erstlinientherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms Sunitinib bezüglich der Ansprechrate und des krankheitsfreien Überlebens in allen Risikogruppen überlegen, bezüglich des Gesamtüberlebens aber nur in der Gruppe mit intermediärem oder ungünstigen Risikoprofil (CheckMate 9ER Studie).
  • Gemäss der CHECKMATE 214 Studie ist die Kombination von Nivolumab und Ipilimumab auch im Langzeit Follow-up einer Therapie mit Sunitinib nur bei Patienten mit intermediärem und hohem Risikoprofil überlegen, nicht aber für Patienten mit günstigem Risikoprofil.

1. Motzer RJ, Russo P, Grünwald V et al. Adjuvant nivolumab plus ipilimumab versus placebo for localised renal cell carcinoma after nephrectomy (CheckMate 914): a double-blind, randomised, phase 3 trial. Lancet 2023;401:821-832.
2. Motzer RJ, Bex A, Russo P et al. Adjuvant nivolumab monotherapy vs placebo for localized renal cell carcinoma at high risk of relapse after nephrectomy: Results from Part B of the randomized, phase 3 CheckMate 914 trial. J Clin Oncol 42, 2024 (suppl 4; abstr LBA358).
3. Powles T, Tomczak P, Park SH et al. Pembrolizumab versus placebo as post-nephrectomy adjuvant therapy for clear cell renal cell carcinoma (KEYNOTE-564): 30-month follow-up analysis of a multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet Oncol 2022;23:1133-1144.
4. Choueiri TK, Tomczak P, Park SH et al. Overall survival results from the phase 3 KEYNOTE-564 study of adjuvant pembrolizumab versus placebo for the treatment of clear cell renal cell carcinoma (ccRCC).J Clin Oncol 42, 2024 (suppl 4; abstr LBA359).
5. Choueiri TK, Powles T, Burotto M et al. Nivolumab plus Cabozantinib versus Sunitinib for Advanced Renal-Cell Carcinoma. N Engl J Med 2021;384:829-841.
6. Motzer RJ, Tannir NM, McDermott DF et al. Nivolumab plus Ipilimumab versus Sunitinib in Advanced Renal-Cell Carcinoma. N Engl J Med 2018;378:1277-1290.
7. Bourlon MT, Escudier B, Burotto M et al. Nivolumab plus cabozantinib (N+C) vs sunitinib (S) for previously untreated advanced renal cell carcinoma (aRCC): Results from 55-month follow-up of the CheckMate 9ER trial. J Clin Oncol 42, 2024 (suppl 4; abstr 362).
8. Tannir NM, Escudier B, McDermott DF et al. Nivolumab plus ipilimumab (NIVO+IPI) vs sunitinib (SUN) for first-line treatment of advanced renal cell carcinoma (aRCC): Long-term follow-up data from the phase 3 CheckMate 214 trial. J Clin Oncol 42, 2024 (suppl 4; abstr 363).