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Ausgewählte Studien aus der Hämato-Onkologie

UNITO-MM-01/FORTE:



eine randomisierte, offene, Phase-2-Studie bei Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplem Myleom

Quelle: Francesca Gay et al., Lancet Oncol;22(12):1705-1720, 2021.

Hintergrund

Eine Bortezomib-basierte Induktion gefolgt von hochdosiertem Melphalan (200 mg/m²) und autologer Stammzellentransplantation (MEL200-ASCT) und einer Erhaltungstherapie mit Lenalidomid ist der derzeitige Therapiestandard für junge bzw. fitte Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom (ndMM). Die vorliegende Studie testet die Wirksamkeit und Sicherheit verschiedener Carfilzomib-basierter Induktions- und Konsolidierungstherapien mit oder ohne Transplantation sowie die Erhaltungstherapie mit Carfilzomib plus Lenalidomid im Vergleich zu Lenalidomid bei ndMM Patienten.

Methoden

UNITO-MM-01/FORTE ist eine randomisierte, offene Phase-II-Studie, die in 42 italienischen Zentren durchgeführt wurde. ndMM Patienten <  65 Jahre mit einem Karnofskystatus >  60% nahmen teil. Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip (1:1:1) einer KRd plus ASCT (vier 28-tägige Induktionszyklen mit Carfilzomib plus Lenalidomid plus Dexamethason [KRd], Melphalan 200 mg/m² und autologer Stammzelltransplantation [MEL200-ASCT], gefolgt von vier 28-tägigen KRd Konsolidierungszyklen), KRd12 (12 28-tägige KRd-Zyklen) oder KCd plus ASCT (vier 28-tägige Induktionszyklen mit Carfilzomib plus Cyclophosphamid plus Dexamethason [KCd], MEL200-ASCT und vier 28-tägige KCd-Konsolidierungszyklen) zugeteilt. Carfilzomib 36 mg/m² wurde intravenös an den Tagen 1, 2, 8, 9, 15 und 16 verabreicht; Lenalidomid 25 mg oral an den Tagen 1-21; Cyclophosphamid oral an den Tagen 1-21; Cyclophosphamid 300 mg / m² oral an den Tagen 1, 8 und 15; und Dexamethason 20 mg, oral oder intravenös an den Tagen 1, 2, 8, 9, 15, 16, 22 und 23. Danach wurden die Patienten nach der Induktions-/Konsolidierungstherapie stratifiziert und entsprechend dem Zufallsprinzip (1:1) einer Erhaltungstherapie mit Carfilzomib plus Lenalidomid oder Lenalidomid allein zugeteilt. Carfilzomib 36 mg/m² wurde intravenös an den Tagen 1-2 und 15-16 alle 28 Tage verabreicht. Carfilzomib wurde intravenös an den Tagen 1-2 und 15-16 alle 28 Tage für bis zu 2 Jahre verabreicht; Lenalidomid 10 mg wurde oral an den Tagen 1-21 alle 28 Tage bis zur Progression oder Unverträglichkeit in beiden Gruppen verabreicht. Die primären Endpunkte waren der Anteil der Patienten mit mindestens einem sehr guten partiellen Ansprechen (VGPR) nach der Induktion mit KRd versus KCd und das progressionsfreie Überleben (PFS) mit Carfilzomib plus Lenalidomid im Vergleich zu Lenalidomid allein als Erhaltungstherapie.

Ergebnisse

474 Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip einer der Induktions-Intensivierungs- und Konsolidierungsgruppen zugeteilt (158 zu KRd plus ASCT, 157 zu KRd12 und 159 zu KCd plus ASCT). Die mediane Dauer der Nachbeobachtung betrug 50,9 Monate (45,7-55,3) ab der ersten Randomisierung. 222 (70%) der 315 Patienten in der KRd-Gruppe und 84 (53%) von 159 Patienten in der KCd-Gruppe hatten nach der Induktion mindestens eine VGPR (p = 0,0002). 356 Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip einer Erhaltungstherapie mit Carfilzomib plus Lenalidomid (n = 178) oder Lenalidomid allein (n = 178) zugeteilt. Die mediane Dauer der Nachbeobachtung betrug 37,3 Monate (32,9-41,9) ab der zweiten Randomisierung. Das 3-Jahres-PFS betrug 75% (95% CI 68-82) mit Carfilzomib plus Lenalidomid gegenüber 65% (58-72) mit Lenalidomid allein (Hazard Ratio [HR] 0,64 [95% CI 0,44-0,94], p = 0,023). Während der Induktions- und Konsolidierungstherapie waren die häufigsten unerwünschten Ereignisse Grad 3-4 eutropenien (21 [13%] von 158 Patienten in der KRd plus ASCT-Gruppe gegenüber 15 [10%] von 156 in der KRd12-Gruppe gegenüber 18 [11%] von 159 in der KCd-plus-ASCT-Gruppe); dermatologische Toxizität (neun [6%] vs. 12 [8%] vs. einer [1%]); und hepatische Toxizität (13 [8%] vs. 12 [8%] vs. keine). Behandlungsbedingte schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wurden bei 18 (11%) von 158 Patienten in der KRd-ASCT-Gruppe, 29 (19%) von 156 in der KRd12-Gruppe und 17 (11%) von 159 in der KCd-plus-ASCT-Gruppe; die häufigste schwerwiegende unerwünschte Nebenwirkung war eine Lungenentzündung, die bei sieben (4%) von 158, vier (3%) von 156 und fünf (3%) von 159 Patienten auftrat. Behandlungsbedingte Todesfälle traten bei zwei (1%) von 158 Patienten in der KRd plus ASCT-Gruppe, bei zwei (1%) von 156 in der KRd12-Gruppe und drei (2%) von 159 in der KCd-plus-ASCT-Gruppe auf. Während der Erhaltungstherapie waren die häufigsten Grad 3-4 Nebenwirkungen Neutropenie (35 [20%] von 173 Patienten unter Carfilzomib plus Lenalidomid gegenüber 41 [23%] von 177 Patienten unter Lenalidomid allein), Infektionen (acht [5%] gegenüber 13 [7%]) und vaskuläre Ereignisse (12 [7%] gegenüber einem [1%]). Behandlungsbedingte schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wurden bei 24 (14%) von 173 Patienten unter Carfilzomib plus Lenalidomid gegenüber 15 (8%) von 177 Patienten, die nur Lenalidomid erhielten beobachtet; die häufigste schwerwiegende Nebenwirkung war eine Lungenentzündung, die bei sechs (3%) von 173 Patienten gegenüber fünf (3%) von 177 Patienten auftrat. Ein Patient starb in der Carfilzomib-plus-Lenalidomid-Gruppe an einer behandlungsbedingten Nebenwirkung.

Schlussfolgerung

Die Daten zeigen, dass KRd plus ASCT im Vergleich zu den beiden anderen Behandlungsansätzen eine Überlegenheit in Bezug auf ein besseres Ansprechen aufweist und unterstützen die prospektive randomisierte Evaluierung von KRd plus ASCT im Vergleich zu derzeit gängigen Standardbehandlungen bei transplantationsfähigen ndMM Patienten. Carfilzomib plus Lenalidomid als Erhaltungstherapie verbessert ebenfalls das PFS im Vergleich zur Standardbehandlung mit Lenalidomid allein.

Die Studien ist registriert unter NCT02203643 und wurde von Amgen, Celgene/Bristol Myers Squibb finanziert.

Ibrutinib mit Rituximab in der Erstlinienbehandlung älterer Patienten mit Mantelzell-Lymphom

Quelle: Preetesh Jain et al., J Clin Oncol Nov 19:JCO2101797. doi: 10.1200/JCO.21.01797.

Hintergrund

Die meisten Patienten mit Mantelzelllymphom (MCL) sind älter. In dieser Studie wurde die Wirksamkeit und Sicherheit einer chemotherapiefreien Kombination aus Ibrutinib und Rituximab (IR) bei zuvor unbehandelten älteren Patienten mit MCL (Alter ≥ 65 Jahre) analysiert.

Methoden

In dieser einarmigen monozentrischen Phase-II-Studie wurden 50
Patienten mit MCL behandelt. Patienten mit Ki-67 ≥ 50% und blastoider Morphologie wurden ausgeschlossen. Ibrutinib wurde zusammen mit Rituximab bis zu 2 Jahre lang verabreicht, danach wurde die Behandlung mit Ibrutinib alleine fortgesetzt. Das primäre Ziel war die Erfassung der Gesamtansprechrate und die Sicherheit der Therapie.

Ergebnisse

Das mediane Alter betrug 71 Jahre (69-76 Jahre). Sechzehn Prozent der Patienten hatten einen Hochrisiko MIPI-Prognoseindex. Der Ki-67 Wert war tief (< 30%) bei 38 (76%) und mässig erhöht (> 30% - 50%) bei 12 (24%) Patienten. Die beste Gesamtansprechrate betrug 96% (71 % komplette Remissionen). Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 45 Monaten (24-56 Monate) brachen 28 (56%) Patienten die Studie aus verschiedenen Gründen ab (darunter vier mit Progression, 21 mit Toxizitäten und drei mit sonstigen Gründen). Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) und Gesamtüberleben wurden noch nicht erreicht, und die 3-Jahres-Überlebensrate betrug 87% bzw. 94%. Keiner der Patienten starb während der Behandlung. Elf (22%) Patienten wiesen ein Vorhofflimmern Grad 3 auf. Eine Myelosuppression Grades 3-4 wurde bei < 5% der Patienten beobachtet. Eine differenzielle Überexpression von CCND1, BIRC3, BANK1, SETBP1, AXIN2 und IL2RA wurde bei Patienten mit partiellem Ansprechen im Vergleich zu Patienten mit vollständigem Ansprechen festgestellt.

Schlussfolgerungen

Die IR-Kombination ist bei älteren Patienten mit MCL wirksam, wobei endgültige Schlussfolgerungen erst nach Durchführung einer randomisierten Studie möglich sind. Eine Basisuntersuchung auf kardiovaskuläre Risiken wird bei Einsatz von IR dringend empfohlen.

Die Studien ist registriert unter NCT01880567 und wurde von Pharmacyclics LLC und Janssen finanziert.

Prof. Dr. med. Christoph Renner

Onkozentrum Hirslanden Zürich und Onkozentrum Zürich
Witellikerstrasse 40
8032 Zürich

Christoph.renner@hirslanden.ch

info@onco-suisse

  • Vol. 11
  • Ausgabe 6
  • Dezember 2021