Editorial

Unsere Hilfe für die Ukraine:  «Wir müssen nicht tatenlos zusehen»



Der Ukraine-Krieg macht uns alle betroffen. Und jeden Tag erschüttern uns Nachrichten über neue, brutalste Angriffe auf eine tapfere und mutige Zivilbevölkerung. Wir sehen Bilder und erhalten Informationen, die Entsetzen und Ohnmacht auslösen. Die geografische Nähe fördert die Angst vor einer möglichen Eskalation.

Wir müssen diesem Krieg in der Schweiz nicht tatenlos zusehen.Im Rahmen einer grossen Spendenaktion haben Schweizerinnen und Schweizer in kurzer Zeit eine Rekordsumme an Hilfsgeldern sammeln können. Hunderte von Mitbürgerinnen und Mitbürgern haben Geflüchtete bei sich zuhause aufgenommen oder helfen bei deren Unterbringung. Wir hören von Kollegen, die aus der Ukraine geflohene Familien bei sich beherbergen und sich um sie kümmern. Einige Spitäler organisieren Hilfslieferungen mit Operationsmaterial, Spitalbetten und Hygienematerial, unter anderem für ein Krankenhaus in Lemberg. Inzwischen hören wir auch von ersten Erfahrungen mit ukrainischen Ärztinnen, die bei uns arbeiten. So berichten beispielsweise unsere Kollegen vom Universitätsspital Basel von einer ukrainischen Internistin in Ausbildung zur Onkologin. Sie spricht fliessend Englisch und kann zurzeit im Labor der Onkologie tätig sein. Und, sie unterstützt die Anliegen ankommender ukrainischer Patientinnen und Patienten durch ihre Übersetzungsdienste. Dieser wertvolle Einsatz wird seitens der Spitaldirektion unterstützt.

Eigene Erfahrungen mit geflüchteten Krebspatientinnen und -patienten zeigen, dass ein unbürokratisches Vorgehen möglich ist und onkologische Behandlungen ohne Unterbruch nach der Flucht fortgesetzt werden können. Das ist beruhigend und nur deshalb umsetzbar, weil alle angekommenen Geflüchteten automatisch Zugang zur medizinischen Grundversorgung haben und wir in den Spitälern keine finanziellen Depots verlangen müssen.

Als vulnerable Bevölkerungsgruppe sind (onkologische) Patientinnen und Patienten von jeglichen Krisen potenziell besonders stark betroffen. Wir müssen daher alles dafür tun, ihre medizinische Versorgung ungeachtet ihres Aufenthaltsortes sicherzustellen. Da die onkologische Versorgung in Europa weitgehend standardisiert ist, hilft dies auch bei der Bewältigung der aktuellen Krise.

Weitere wissenswerte Aspekte in diesem Zusammenhang finden Sie in Lancet Oncology: Conflict in Ukraine and its impact on cancer care. DOI: https://doi.org/10.1016/S1470-2045(22)00149-8

Wir alle vom Editorial-Board hoffen, dass sich Wege zur Beendigung dieses zerstörerischen Krieges abzeichnen werden, wenn sie diese Zeitschrift in den Händen halten. Unsere Anerkennung gilt allen, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten täglich darum bemühen, pragmatisch die nötige Unterstützung zu geben, und zwar so lange, wie sie gebraucht wird.

Dr. med. Silvia Hofer
silvia.hofer@usz.ch

Prof. Dr. med. Oliver Gautschi
oliver.gautschi@luks.ch

Die Autoren bedanken sich bei PD Dr. med. Sacha Rothschild für die Informationen aus dem Universitätsspital Basel.

Dr. med. Silvia Hofer

Universitätsspital Zürich
Institut für Pathologie und Molekularpathologie
Schmelzbergstrasse 12
8091 Zürich

silvia.hofer@usz.ch

Prof. Dr. med. Oliver Gautschi

Medizinische Onkologie
Luzerner Kantonsspital
Luzern

info@onco-suisse

  • Vol. 12
  • Ausgabe 3
  • Mai 2022