- Harninkontinenz der Frau – Diagnostik und Therapie
Harninkontinenz ist ein häufiges Krankheitsbild sowohl in der hausärztlichen wie auch spezialärztlichen Sprechstunde. Eine genaue Basisdiagnostik mit strukturierter Anamnese und Blasentagebuch, Urinanalyse, gynäkologischer Untersuchung, welche auch die Beckenbodenevaluation mit einschliesst, sowie ein Hustentest bei gefüllter Harnblase können durch die Sonografie, Zystoskopie und urodynamische Untersuchung erweitert werden. Dies erlaubt die Unterscheidung in die verschiedenen Formen der Harninkontinenz wie Dranginkontinenz, Belastungsinkontinenz und Überlaufinkontinenz. Die Therapie sollte je nach Art der Harninkontinenz erfolgen. Die konservativen Therapieoptionen wie Beckenbodenphysiotherapie und Pessare können durch Elektrostimulation bei OAB und Überlaufinkontinenz und verschiedene Operationen wie TVT oder Bulking Agent bei Belastungsinkontinenz, sakrale Neurostimulation bei OAB und Überlaufinkontinenz ergänzt werden.
Schlüsselwörter: Harninkontinenz, Therapieoptionen, Diagnostik, Lebensqualität, Beckenbodentraining
Einführung
Die Harninkontinenz bei der Frau gehört mit einer Prävalenz von 25 bis 45 % zu den häufigen Krankheitsbildern (1). Sie geht mit einem hohen Leidensdruck und einer deutlichen Abnahme der Lebensqualität einher. Dennoch wird sie oft erst auf gezieltes Nachfragen erwähnt, da sie nach wie vor eine stigmatisierte Krankheit ist (2).
Jeder unwillkürliche Abgang von Urin ist gemäss ICS als Harninkontinenz definiert. Sie umfasst verschiedene Krankheiten mit unterschiedlichen Therapien. Inkontinenz kann bei internistischen oder neurologischen Erkrankung oder schleichend im Verlauf des Lebens oder nach einer Geburt vorkommen. Sie kann unbemerkt, bei körperlicher Belastung, zusammen mit Harndrang, tagsüber oder auch nachts auftreten. Wie oft Harninkontinenz auftritt, ist wichtig zu erfassen, obwohl die Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht zwingend damit korreliert.
Anhand der Hauptinkontinenzformen zeigen wir die diagnostischen Schritte und Therapieoptionen auf. Zur vertieften Lektüre verweisen wir auf die zwei internationalen Guidelines der SGGG/AWMF «Harninkontinenz der Frau» und EAU «Management of Non-Neurogenic Female Lower Urinary Tract Symptoms (LUTS)» (3, 2).
Belastungsinkontinenz
Eine Schwäche des urethralen Sphinktermechanismus und /oder eine hypermobile Urethra führt zum Urinverlust bei körperlicher Belastung. Wichtiger als eine Gradeinteilung ist der subjektive Leidensdruck, die Menge und die Häufigkeit des Urinverlustes.
Überaktive Blase (nass/trocken)
Definitionsgemäss handelt es sich um gehäuften Harndrang und erhöhte Miktionsfrequenz. Zusammen mit Urininkontinenz wird von Dranginkontinenz, englisch over active bladder (OAB) wet, gesprochen. Ohne Urininkontinenz wird sie OAB dry oder Reizblase genannt. Eine Detrusorüberaktivität kann vorkommen. Harnwegsinfekte, Überlaufinkontinenz, aber auch Bladder-pain-Syndrom oder interstitielle Zystitis sind abzugrenzen.
Mischharninkontinenz
Der grosse Teil der Patientinnen präsentiert sich mit einer Mischharninkontinenz. Bei dieser sind sowohl Beschwerden der Belastungsinkontinenz als auch der überaktiven Blase vorhanden.
Inkontinenz bei chronischer Harnretention (Überlaufinkontinenz)
Eine Detrusorunteraktivität und/oder eine Blasenausgangsobstruktion führt zu erhöhtem Restharn (3). Dieser wird zu mehreren Zeitpunkten gemessen und beträgt > 300ml.
Weitere Formen der Harninkontinenz
Weitere Formen der Harninkontinenz wie neurogene Detrusorüberaktivität, seien es zentrale Ursachen wie bei M. Parkinson, MS oder demenziellen Erkrankungen oder periphere wie bei Paraplegien, Diabetes mellitus, und extraurethrale Inkontinenzen, wie bei vesikovaginale Fisteln, sind zu unterscheiden.
Diagnostik
Die international empfohlene Basis- und erweiterte Diagnostik ist in Tabelle 1 aufgeführt.
Basisdiagnostik
Ein gezieltes Nachfragen mit einer detaillierten Anamnese ist wichtig. In über 80 % ist sie diagnoseweisend.
Validierte Fragebögen, welche PROMs erfassen, beinhalten Art, Auslöser, Zeit, Leidensdruck und Ausmass der Urininkontinenz. Die Relationen zwischen Blasentagebuch und urodynamischer Messung sind belegt (4).
Weitere Miktionsprobleme wie Harnwegsinfekte, aber auch Defäkationsprobleme, geburtshilfliche Vorgeschichte, Voroperationen und eine Medikamentenanamnese vervollständigen die Anamnese. In Tabelle 2 sind Medikamente aufgelistet, welche eine Urininkontinenz verschlimmern können.
Beschwerden sollten immer nach Auschluss oder Behandlung eines Infektes evaluiert werden.
Erweiterte Diagnostik
Sonografie
Abdominalsonografie, Introitussonografie, Perinealsonografie und Transvaginalsonografie kommen je nach Indikation zum Einsatz.
Nach wie vor gibt es keine Standardwerte für einen pathologischen Restharnwert. Die Relation zum gelösten Miktionsvolumen ist wichtig. 95 % der Frauen ohne Miktionsschwierigkeiten und ohne Descensus genitalis haben einen Restharn von < 100ml (3).
Urodynamik
In komplexen Situationen wie Versagen der Basistherapie oder nach Beckenoperationen hilft die Urodynamik, neben einer Quantifizierung und Objektivierung der Blasenspeicher- und entleerungsphasen, die Symptome einer Pathophysiologie zuzuordnen. Die Reproduzierbarkeit und die Korrelation zwischen Symptomen und urodynamischen Befunden ist nicht zwingend gegeben. Die urodynamischen Ergebnisse sind daher auf ihre Plausibilität zu prüfen.
Der Expertenbrief Nr. 84 der SGGG führt die Indikationen und die Anforderungen an eine korrekt durchgeführte Urodynamik aus (5).
Therapie
Die Therapie sollte stufenweise, bei den konservativen Methoden beginnend, erfolgen (Abb. 1).
Bei der Mischinkontinenz wird primär die störendere Harninkontinenzkomponente, im Verlauf oft auch die zweite Komponente, behandelt. Es ist wichtig, mit der Patientin die möglichen Therapieziele festzulegen.
Konservative Basistherapie
Die Anpassung von Inkontinenzprodukten und die Behandlung von aggravierenden Nebenerkrankungen sollen gleichzeitig mit Einleitung der urogynäkologischen Basistherapien erfolgen. Inkontinenzmaterial kann gemäss MiGel-Liste ab einer mittleren Inkotinenz mit einer Verordnung von der Krankenkasse rückvergütet werden.
Adipositas und Übergewicht sind Beispiele für Risikofaktoren für Harninkontinenz. Bei peradipösen Frauen sollte eine bariatrische Therapie vor der Inkontinenzoperation erwogen werden, da eine Gewichtsreduktion zu einer Verbesserung der Inkontinenz führt (6, 7, 8).
Koffein scheint in mehreren Studien einen ungünstigen Einfluss auf eine OAB zu haben. Die Reduktion des Koffeingenusses, aber auch Kohlensäure oder Alkohol, verringern den Harndrang (9).
Blasentraining
Ein Blasentraining ohne oder mit einer gezielten Beckenbodenphysiotherapie hat eine ähnliche Effektgrösse wie Medikamente (10). Wichtig ist die Ausdauer und das Beibehalten neuer «guter» Gewohnheiten.
Timed voiding
Im Kollektiv der kognitiv beeinträchtigten, geriatrischen Patientinnen kann eine Aufforderung zur Miktion alle 2–3 Stunden die Inkontinenzepisoden verringern (11).
Beckenbodentraining/Beckenbodenphysiotherapie
Mit Beckenbodentraining wird die Funktion des Beckenbodens gestärkt, die Harnröhrenstabilität erhöht und damit Inkontinenzepisoden vermindert (Belastungskomponente) sowie eine Blasenkontraktion unterdrückt (OAB-Komponente) (12).
Die Beckenbodenphysiotherapie kommt z.B. postpartal, prä- und postoperativ oder als Primärbehandlung zum Zug. Sie kann durch Biofeedback oder Elektrostimulation erweitert werden. Unter www.pelvisuisse.ch finden sich geschulte Physiotherapeut/-innen für Beckenbodentherapie. Eine individuelle Therapie scheint einer Gruppentherapie überlegen. Die Intensität und Übungsfrequenz spielen vermutlich eine Rolle (13). Die Therapieadhärenz ist häufig der limitierende Faktor.
Pessartherapie
Bei Belastungsinkontinenz stabilisieren Pessare die Urethra und erhöhen ihren Widerstand. Eine Anpassung sowie eine gute Instruktion sind für eine längerfristige Compliance wichtig. Bei postmenopausalen Frauen sollte zuvor eine lokale Östrogenisierung erfolgen.
Intermittierende Selbstkatheterisierung (ISK)
Die regelmässige Selbstkatheterisierung ist eine symptomorientierte Therapie bei Überlaufinkontinenz. Sie beugt Folgen wie rezidivierende und aufsteigende Harnwegsinfektionen, Rückstauung in die Ureteren und Nierenbeckenkelchsysteme vor. Eine gute Instruktion, z. B. durch eine Urotherapeutin, und regelmässige Kontrollen sind unerlässlich. Ursachen wie eine infravesikale Obstruktion sollen behoben werden, z. B. durch eine Prolapsoperation.
Medikamentöse Therapien
Abgesehen von der lokalen Östrogenisierung haben Medikamente bei der OAB ihren Stellenwert.
Vaginale Östrogene
Bei Harninkontinenz ist die vaginale Anwendung von Östriol der systemischen Anwendung von Östradiol überlegen. OAB-Symptomatik und Harnwegsinfektionen werden wirksam reduziert, bei der Belastungsinkontinenz ist der Nutzen kleiner (14).
Phytotherapie
Trotz der zahlreichen erhältlichen Produkte ist die Datenlage zur Wirkung von Phytotherapeutika schwach.
Die Detrusor-relaxierende Wirkung von Bryophyllum pinatum (3 x 2 Tb/d) ist nachgewiesen. Es gibt einen Trend zu einer Verbesserung der OAB-Symptomatik (15, 16). Bei störender Nykturie zeigte eine Gabe von 2 Tabletten abends und zur Nacht gute Erfolge (17).
Medikamente
Antimuskarinergika und das neuere Beta3-Mimetikum sind gleich wirksam (3, 2). Eine Kombination beider ist möglich (Tab. 3).
Eine multinationale Studie hat eine Unbedenklichkeit der Betamimetika und der Anticholinergika bezüglich kardialer Ereignisse gezeigt (20). Bei den Antimuskarinergika stellt das Engwinkelglaukom eine Kontraindikation dar. Bei polymorbiden Patientinnen ist ein Medikamenteninteraktionscheck empfohlen und der «anticholinerge Load», insbesondere auf die kognitive Funktion, sollte berücksichtigt werden (18, 19). Bei geriatrischen Patientinnen gibt es gemäss FORTA-Liste nur für Fesoterodin ausreichend Daten für eine Empfehlung. Die selektiven Antimuskarinergika und Mirabegron scheinen aber auch effektiv und nebenwirkungsarm zu sein (20).
Minimalinvasive Therapien
Akupunktur
Bei der OAB-Symptomatik gibt es Daten, welche eine vergleichbare Rate an Verbesserung der Urininkontinenz zeigt wie die Einnahme von Oxybutinin (21).
Elektrostimulation: pTNS und TENS
Bei idiopathischer OAB und Überlaufinkontinenz sind transkutane und perkutane Stimulationen wirksam. Mittels Elektrostimulation des N. tibialis posterior wird die Organfunktion der Blase moduliert. Sie können ergänzend zu anderen Therapien angewandt werden (22).
Laser
Bei leichter und mittelschwerer Belastungsinkontinenz nach Ausschöpfen der Basistherapie gibt es eine Indikation für den ambulanten vaginalen CO2- oder Erbium:YAG- Laser. Die intravaginal applizierten Laserstrahlen führen zu einer Neokollagenese und damit zu einer Stärkung der vorderen Vaginalwand. Dies führt zu einer besseren Unterstützung der Blase und Urethra und zur verbesserten Kontinenz. Bei korrekter Anwendung kommen vor allem kurzfristige, vaginale Reizungen als Nebenwirkungen vor. Gerade bei jüngeren Frauen, z. B. zwischen den Geburten, könnte die Therapie eine Option sein. Es werden 3–4 Sitzungen im Abstand von 4–6 Wochen empfohlen, eine Auffrischbehandlung nach 12–24 Monaten ist möglich (23).
Es handelt sich um eine Nichtpflichtleistung der Krankenkasse, und die Evidenz muss in Langzeitstudien geklärt werden.
Injektion von Botulinumtoxin A in die Blasenwand
Die Inkontinenz- und Drangepisoden werden durch die zystoskopisch-kontrollierte Injektion von 100 E Botulinumtoxin A in die Blasenwand verringert. Nach 14 Tagen sollte in regelmässigen Abständen eine Restharnkontrolle erfolgen, um erhöhten Restharn oder gar eine Dekompensation der Entleerungsphase rechtzeitig zu erkennen. Die Wirkungsdauer hält ca. 6 Monate an. 30 % der Frauen werden komplett kontinent, 30 % brauchen eine Reinjektion 30 % (24). Bei OAB wird sie nach ausgeschöpften konservativen Therapien von den Krankenkassen übernommen.
Bulking Agent
Es gibt zwei Arten von Bulking Agent: die partikulären Gele und die homogenen Gele, wie z. B. Bulkamid®. Letztere werden in der Schweiz vorwiegend verwendet. Sie bleiben nach der suburothelialen Injektion in Grösse und Form stabil und erzeugen eine umliegende Gewebereaktion. Dies führt idealerweise zu einer Stabilisierung der Urethra mit Erhöhung des maximalen Verschlussdruckes (25).
Das minimalinvasive Verfahren kann unter Antikoagulation, in Lokalanästhesie oder Analgosedation durchgeführt werden. Es eignet sich auch bei polymorbiden Patientinnen. Die Erfolgsrate mit Verbesserung der Kontinenz liegt bei 80 %. Reinjektionen sind möglich (26). Die häufigsten Komplikationen sind Harnverhalt (0–20 %), Harnwegsinfektionen (1.6–40 %) und De-novo-Dranginkontinenz (0–15 %). Eine Kombination mit Botoxinjektionen ist möglich und sicher (27, 28).
Operationen
Spannungsfreie suburethrale Schlingen
Im deutschsprachigen Raum sind die Schlingen die Standardmethode zur Therapie der Belastungsinkontinenz. Transobturatorische und retrosymphysäre Bänder weisen dabei im Langzeitvergleich ähnlich gute Outcomes auf. Die Bänder sind sowohl für adipöse wie auch betagte Patientinnen erprobt.
Die neueren Minischlingen (Single Incision Band) und adjustierbaren Bänder konnten bis anhin ihre Gleichwertigkeit nicht nachweisen (3).
Kolposuspension (offen oder laparoskopisch)
Bei Belastungsinkontinenz zeigt dieses älteste Verfahren vergleichbare Resultate wie die suburethralen Schlingen. Der Eingriff und die Rekonvaleszenz dauern etwas länger, insbesondere beim offenen Zugang. Bei abgesenktem Blasenhals mit Rotation der Urethra, Trichterbildung des zystourethralen Überganges oder Lateraldefekt kann die Kolposuspension den Blasenhals elevieren und stabilisieren (3).
Im Langzeitverlauf kommt es zu einer höheren Rate an Descensus im hinteren Kompartiment und Restharnbildung, mitunter verursacht durch die Immobilität der Urethra im vorderen Kompartiment (3, 29).
Suburethrale Faszienschlingen
Autologe Schlingen, meist aus Rectus-abdominis-Faszie, sind vor allem im angelsächsischen Raum aufgrund des dortigen Schlingen- und Netzverbotes auf dem Vormarsch. Abgesehen von der längeren OP-Zeit und einer leicht erhöhten Komplikationsrate im Vergleich mit den synthetischen Schlingen zeigen sie vergleichbare Outcomes bezüglich Kontinenz wie letztere (30).
Indikationen sind hypotone Urethra, hohes Risiko einer Banderosion oder Versagen einer suburethralen Schlinge.
Sakrale Neuromodulation
Wie die Elektrostimulationen zielt die SNM auf eine Modulation der Blaseninnervation. Indikation sind unter anderem die therapierefraktäre OAB und Überlaufinkontinenz. Der Implantation des Impulsgenerators geht eine Testphase voraus. Ein Batteriewechsel ist aktuell ca. nach 15 Jahren notwendig. Ein relevantes Therapieansprechen wird bei 70–80 % beobachtet, eine Normalisierung der Symptomatik bei etwa 39 % (31).
Die SNM darf in der Schweiz nur von Neurourologen und Viszeralchirurgen mit der entsprechenden Weiterbildung implantiert werden.
Suprapubische Harnableitung
Bei Überlaufinkontinenz, frustran behandelten Patientinnen, insbesondere in komplexen Situation wie Zustand nach Beckenbestrahlung, multiplen Operationen im kleinen Becken oder polymorbiden Patientinnen, kann diese Ableitung angeboten werden. Bei Belastungsinkontinenz ist der Effekt jedoch oft ungenügend, da trotzdem Urin urethral abgeht. Die suprapubische Ableitung kann in der urogynäkologischen Sprechstunde in Lokalanästhesie oder bei kleinem Blasenvolumen in Analgosedation erfolgen. Ein regelmässiger Wechsel ist alle 4–6 Wochen ambulant notwendig.
Ausblick
Die Harninkontinenz wird uns mit der steigenden Lebenserwartung und vor allem dem steigenden Anspruch an erhaltene Lebensqualität zunehmend beschäftigen.
Die Therapie der kardial beeinflussten und neurogen bedingten Inkontinenzformen sind im interdisziplinären Behandlungsteam am Erfolg versprechendsten anzugehen.
Forschungsthemen sind die autologe Stammzelltherapie zur Behandlung der Belastungsinkontinenz (32), wozu eine Rekrutierung für eine Phase-II-Studie am Universitätsspital Zürich läuft (33). Neuere Betamimetika mit geringerem Cytochrom-Interaktionsprofil sind in der Pipeline. Auch Phosphodiesterasehemmer, Kaliumkanalöffner, Rho-Kinase-Hemmer und Kalziumkanalblocker sind in Testung zur OAB-Therapie (34).
In der Behandlung der OAB laufen mehrere Studien, welche das urogenitale Mikrobiom analysieren und versuchen, positiv zu modulieren.
Alternative und minimalinvasive Therapien wie die Lasertherapie gewinnen an Attraktivität in der Bevölkerung. Ihre Wirkung muss noch fundierter nachgewiesen werden.
Die Therapieoptionen, besonders die der Rezidivsituation im geriatrischen Kollektiv, sind herausfordernd. Aufgrund der demografischen Veränderungen werden diese an Bedeutung gewinnen.
Key Messages
• Die Harninkontinenz und ihre spezifischen Formen ist ein häufiges, aber oft verschwiegenes urogynäkologisches Problem.
• Die strukturierte Anamnese und Basisdiagnostik können in der niedergelassenen Sprechstunde durchgeführt werden. Die Spezialabklärungen gehören in die urogynäkologische Spezialsprechstunde.
• Die Therapie richtet sich nach dem subjektiv führenden Problem und ist gezielt ausgerichtet auf die einzelnen Formen der Harninkontinenz.
Abkürzungen
AWMF Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
EAU European Association of Urology
FORTA Fit fOR The Aged
ICS international continence society
ISK intermittierende Selbstkatheterisierung
MiGel-Liste Mittel- und Gegenständeliste des Bundes
MS Multiple Sklerose
OAB over active bladder
PROMS patient reported outcomes
pTNS perkutane tibiale Nervenstimulation
SGGG Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
SNM sakrale Neuromodulation
TENS transkutane elektrische Nervenstimulation
TVT tension free vaginal tape
Author Contributions
Konzept: alle Autorinnen und Autoren; Methodologie, Software, formale Analyse, Visualisierung, Schreiben, Überprüfen,
Editieren: R. R. Zachariah, C. Betschart; Supervision: C. Betschart
Alle Autorinnen und Autoren haben das eingereichte Manuskript gelesen und sind für alle Aspekte des Werkes mitverantwortlich.
Klinik für Gynäkologie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100, 8091 Zürich
rebecca.zachariah@usz.ch
Oberarzt Klinik für Gynäkologie
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich
Klinik für Gynäkologie
Universitätsspital Zürich
Spitalregion Rheintal
Werdenberg
Sarganserland, Rebstein
Klinik für Gynäkologie
Universitätsspital Zürich
Blasenzentrum, Zürich
Stellvertretende Klinikdirektorin
Klinik für Gynäkologie, USZ
Frauenklinikstrasse 10
8006 Zürich
cornelia.betschart@usz.ch
Die Autorinnen und Autoren haben keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.
- Die Harninkontinenz und ihre spezifischen Formen ist ein häufiges, aber oft verschwiegenes urogynäkologisches Problem.
- Die strukturierte Anamnese und Basisdiagnostik können in der niedergelassenen Sprechstunde durchgeführt werden. Die Spezialabklärungen gehören in die urogynäkologische Spezialsprechstunde.
- Die Therapie richtet sich nach dem subjektiv führenden Problem und ist gezielt ausgerichtet auf die einzelnen Formen der Harninkontinenz.
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PRAXIS
- Vol. 113
- Ausgabe 10
- November 2024