Lipidmanagement in der Praxis

Die Behandlung von Hyperlipidämien erfolgt in Abhängigkeit des kardiovaskulären Risikos. In der Primärprävention erfolgt die Indikationsstellung zu einer Therapie unter Berücksichtigung des Lebenszeitrisikos für kardiovaskuläre Ereignisse. Primäres Therapieziel ist eine Reduktion des LDL-Cholesterins, wobei v.a. bei Personen mit Hypertriglycerdämien, kombinierten Hyperlipidämien und Typ-2-Diabetes das Apo B, das die Zahl aller atherogenen Lipoproteine reflektiert, das kardiovaskuläre Risiko besser einzuschätzen vermag und das LDL-C als wichtigsten Zielparameter ablöst. Die Basis der medikamentösen Behandlung stellen Statine dar. Bei Patientinnen und Patienten mit hohem bzw. sehr hohem kardiovaskulären Risiko können durch die Kombination mit Ezetimibe, PCSK9-Inhibitoren bzw. der PCSK9 siRNA Inclisiran und Bempedoinsäure das LDL-C bzw. die Zielwerte meistens erreicht werden, wobei bei der Verschreibung aktuell bestehende Limitationen beachtet werden müssen.



Bedeutung und Definition der Hyperlipidämie

Hyperlipidämien sind der bedeutendste behandelbare kardiovaskuläre Risikofaktor [1]. Sowohl LDL als auch ­triglyceridreiche Lipoproteine (v.a. VLDL) und deren Rem­nants sind atherogen [2]. Mit der bevorstehenden Verfügbarkeit von wirksamen Therapien rückt auch das Lipoprotein (a) als unabhängiger Risikofaktor vermehrt in den Focus [3]. Durch eine lipidsenkende Therapie kann die Morbidität und Mortalität kardiovaskulärer Erkrankungen deutlich reduziert werden. Hierfür stehen wirksame und sichere Behandlungsstrategien zur Verfügung, mehrere neue Präparate sind seit kurzem auf dem Markt.
Anhand der jeweils erhöhten Lipidfraktion werden im Wesentlichen vier verschiedene Entitäten voneinander abgegrenzt (Tabelle 1).
Eine Sonderform stellt die heterozygote familiäre Hypercholesterinämie dar, die durch autosomal dominant vererbte Mutationen im LDL-Rezeptor-, Apo B- und PCSK9-Gen verursacht wird. Die Prävalenz weist grosse regionale Unterschiede auf, wird weltweit mit 1:313 angegeben, in der Schweiz mit 1:200 [4]. Die Dunkelziffer ist hoch, schätzungsweise wurde bei weniger als 10 % aller Betroffenen die korrekte Diagnose gestellt. Allein in der Schweiz ist von mehr als 30 000 undiagnostizierten Pa­tient_innen auszugehen. Als Hilfsmittel für die Diagnosestellung steht der Dutch Lipid Clinic Network Score (kurz DLNC-Score) zur Verfügung [5]. Hierbei werden für fünf ­verschiedene Diagnosekriterien 1 bis 8 Punkte vergeben, deren Addition die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer familiären Hypercholesterinämie widerspiegelt (Tabelle 2).

Das kardiovaskuläre Risiko steigt bekannterweise in Abhängigkeit der kumulativen LDL-Exposition [6]. Die heterozygote familiäre Hypercholesterinämie ist daher mit einem deutlich höheren kardiovaskulären Risiko behaftet als in den gängigen Risikorechnern kalkuliert. Dies gilt insbesondere für junge Patient_innen. So kommt es unbehandelt bei jedem zweiten männlichen Patienten bis zum 50. Lebensjahr zum Auftreten einer klinisch manifesten kardiovaskulären Erkrankung [7]. Eine frühzeitige medikamentöse Lipidsenkung ist also unbedingt erforderlich und führt zu einer signifikanten Risikoreduktion. Eindrücklich kann eine primärpräventive Statintherapie das Herzinfarkt-Risiko erkrankter Patient_innen auf jenes nicht Betroffener reduzieren. Neben einer adäquaten Behandlung der Betroffenen ist auch ein klinisches und genetisches Screening der Familienangehörigen unabdingbar.

Diagnostik der Hyperlipidämien

Generell sollten folgende Patient_innen auf das Vorliegen einer Fettstoffwechselstörung untersucht werden [8]:
• Personen mit stattgehabtem kardiovaskulärem Ereignis
• Personen mit weiteren kardiovaskulären Risiko­faktoren oder familiär gehäuften/vorzeitigen kardiovasku­lären
Erkrankungen
• Asymptomatische Männer ≥ 40 Jahre und Frauen
≥ 50 Jahre (oder postmenopausal)
Neben der Familienanamnese, bei der ein Augenmerk auf bekannte Fettstoffwechselstörungen und vorzeitige kardiovaskuläre Ereignisse gelegt werde sollte, können sich auch in der klinischen Untersuchung Hinweise auf eine Hyperlipidämie ergeben. Besonders geachtet werden sollte auf das mögliche Vorliegen eines Acus lipoides cornea sowie Sehnenscheidenxanthomen, vor allem der Achillessehnen, und Xanthomen.
Fettstoffwechselstörungen können sekundäre Folge anderer Erkrankungen sein. Ergeben sich Hinweise auf eine solche (z.B. Hypothyreose, Cushing-Syndrom, Lymphome), ist eine weiterführende Diagnostik erforderlich. Auch an unerwünschte Wirkungen bestimmter Medikamente muss gedacht werden. So können beispielsweise Steroide und orale Kontrazeptiva zu einer Hypertriglycerdidämie führen.
Bei der Labordiagnostik, die lediglich bei Patient_innen mit bekannter Hypertriglycerdidämie nüchtern erfolgen sollte, empfiehlt sich die Bestimmung folgende Parameter [9]:
• Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin und
  HDL-­Cholesterin
• Triglyceride
• Lipoprotein (a)
• Apolipoprotein B
• Non-HDL-Cholesterin
Empfohlen ist eine Direktbestimmung des LDL-Cholesterins vor allem bei Triglyceriden > 4,6 mmol/l, da bei diesen Werten die Berechnung via Friedewald-Formel zu falschen Ergebnissen führt.
Erhöhte Triglyceride stellen einen eigenständigen, aber schwachen kardiovaskulären Risikofaktor dar, ein Therapienutzen ist nur bei exzessiven Hypertriglycerdidämien bewiesen.
Beim Lipoprotein (a) handelt es sich um ein Lipoprotein (LDL) niedriger Dichte, das an ­Apolipoprotein (a) gebunden ist. Seine Konzentration ist zu 90 % genetisch determiniert und unterliegt keinen grossen Schwankungen, weshalb eine einmalige Bestimmung ausreichend ist. Werte über 50 mg/dl, wie bei etwa 20–25 % der Weltbevölkerung zu finden, sind mit einem deutlich erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert, auch wenn alle übrigen Risikofaktoren gut kontrolliert sind. Immer mehr Studienergebnisse deuten darauf hin, dass ein Absenken erhöhter Lp(a) Spiegel das kardiovaskuläre Risiko reduziert und Studien mit spezifisch Lp(a)-senkenden Medikamenten sind im Gange. Während weder Lifestyle-Massnahmen noch eine Behandlung mit Statinen oder Ezetrol zu einer Reduktion führen, zeigt sich unter Therapie mit PCSK-9-Inhibitoren eine moderate Reduktion der Serumspiegel um etwa 25 %. An verschiedenen RNA-basierten Wirkstoffen zur gezielten Senkung des Lp(a) wird derzeit geforscht, zu nennen sind exemplarisch das Antisense-Oligonukleotid Pelacarsen sowie die Small-interfering-RNA Olpasiran, die laut bisherigen Studienresultaten zu einer Absenkung um etwa 90 % führen könnten [3].
Apolipoprotein B spiegelt die Anzahl aller atherogener Lipoproteine wider und reflektiert somit das residuelle Risiko unter Statintherapie [10, 11]. Da das LDL-Cholesterin insbesondere bei Vorliegen signifikant erhöhter Triglyceride falsch-tief bestimmt wird, stellt Apo B bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2, Adipositas oder Hypertriglyceridämie den zu bevorzugenden Parameter zur Risikostratifizierung und natürlich auch zur Therapieüberwachung dar und sollte bei diesem Patientengut stets mitbestimmt werden [8]. Alternativ kann als Surrogatmarker zur Erfassung des durch  triglyzeridreiche Lipoproteine vermittelte kardiovaskuläre Risiko auch das Non-HDL verwendet werden.
Bei Verdacht auf eine familiäre Hypercholesterinämie ist, insbesondere bei jungen Patienten oder bei Patienten mit Familienangehörigen oder Nachkommen, die ebenfalls betroffen sein könnten, eine genetische Diagnostik indiziert [12]. Die Kosten hierfür belaufen sich aktuell auf etwa 3000 Franken, es bedarf eines vorgängigen Kostengutsprachegesuches. Der Nachweis einer monogenetischen, autosomal-dominanten FH ermöglicht es, ebenso betroffene Familienmitglieder frühzeitig zu identifizieren und behandeln.

Atheroskleroseimaging zur Risikostratifizierung

Relativ neu ist das Konzept der «negativen Risikofaktoren». Der fehlende Nachweis einer Atherosklerose in der nicht-invasiven Bildgebung (Plaque-Imaging) relativiert das mit Risikorechnern (AGLA-Score, Score-Charts) eingeschätzte kardiovaskuläre Risiko. Dies gilt insbesondere für jüngere Patienten mit intermediärem Risiko und kann bei diesem Patientenkollektiv helfen, das kardiovaskuläre ­Risiko besser zu beurte ilen [13, 14, 15]. Koronare Verkalk­ungen werden mittels Computertomografie bestimmt und zur Berechnung von Scores (Agatson-Score, CAC-Score: Coronary Artery Calcium Score) genutzt, die gut mit der atherosklerotischen Gesamtlast übereinstimmen. Bei einem fehlenden koronaren Kalknachweis (CAC = 0) kann das Risiko in den nächsten 5–10 Jahren unabhängig von weiteren Risikofaktoren als niedrig eingeschätzt werden.

Therapie der Hypercholesterinämie

Seit der Zulassung des ersten Statins vor über 35 Jahren (1987) haben sich die Behandlungsmöglichkeiten ständig verbessert. Die LDL-C-Zielwerte werden anhand des kardiovaskulären Risikos definiert. Praktiziert wird daher ein individuelles Therapiekonzept in Abhängigkeit des jeweiligen Risikoprofils, auch «treat-to-target» genannt. Primäres Therapieziel ist die Reduktion des LDL-Cholesterins. Je grösser und langfristiger deren Senkung und je höher das absolute kardiovaskuläre Risiko, desto höher ist der zu erwartende Benefit einer Therapie [16]. Die aktuellen Leitlinien der Fachgesellschaften (EAS/ESC 2019, AGLA 2020) haben die Therapieziele nochmals etwas nach unten korrigiert [8, 17, 18]. Eine Indikation zur Senkung des LDL-Cholesterins besteht bei Personen mit bereits stattgehabtem kardiovaskulärem Ereignis immer, d. h. unabhängig vom LDL‑Cholesterin-Ausgangswert. Empfohlen ist eine Senkung des LDL-Cholesterins um 50 % und auf < 1,4 mmol/l. Bei der Primärprävention wird eine cholesterinsenkende Therapie in Abhängigkeit des individuellen kardiovaskulären Gesamtrisikos empfohlen. Zunehmende Bedeutung erfährt hier das Konzept des Lebenszeitrisikos, mit dem der langfristige Nutzen einer lipidsenkenden Therapie beurteilt werden soll [17, 19]. Hierfür stehen mittlerweile auch praxistaugliche online-tools zur Verfügung, die eine solche Einschätzung ermöglichen (www.u-prevent.com). Die Zielwerte für LDL-Cholesterin und Apo B sind in Tabelle 3 dargestellt (Tabelle 3). Bei hohem oder sehr hohem kardiovaskulärem Risiko, aber nur gering oder moderat erhöhten Ausgangswerten, ist eine Reduktion des LDL-Cholesterins um mindestens 50 % anzustreben, da der kardiovaskulär präventive Effekt vor allen durch die absolute Senkung des LDL-Cholesterins bestimmt wird.
Lebensstilmodifizierende Massnahmen (bedarfs­gerechte Anpassung der Ernährung, regelmässige und ­vermehrte körperliche Aktivität, Gewichtsreduktion, Rauchstopp) sind Grundlage der Therapie von Fettstoffwechselstörungen, da sie das kardiovaskuläre Risiko reduzieren. Eine mediterrane Ernährungsform kann sowohl in der Primär- als auch in der Sekundärprävention die kardiovaskuläre Morbidität reduzieren [20, 21].
Therapie der ersten Wahl sind nach wie vor Statine, die durch kompetitive Hemmung des Enzyms HMG-CoA-Reduktase zu einer Senkung des LDL-Cholesterin führen und die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität in der Primär- und Sekundärprävention reduzieren [22, 23, 24]. Bei Einsatz potenter Präparate wie Atorvastatin oder Rosuvastatin, kann mit einer Senkung des LDL-Cholesterins von bis zu 50 % gerechnet werden. Bei etwa 10 % der behandelten Patient_innen kommt es zu einer Statinunverträglichkeit, mehrheitlich zu Myalgien, die auch ohne Erhöhung der Creatinkinase (CK) beobachtet werden. Oft führt ein Präparatewechsel zu einer besseren Verträglichkeit. Besteht eine inkomplette Statinintoleranz, empfiehlt sich die Einnahme der maximal tolerierten Dosis. Im Samson Trial konnte eindrücklich gezeigt werden, dass 90 % der Beschwerden unter Statintherapie auch durch Einnahme eines Placebos hervorgerufen wurden (Nocebo-Effekt) [25]. Die Nebenwirkungen werden also durch Einnahme des Medikamentes verursacht, nicht ­unbedingt jedoch durch das Statin. Bei kompletter Statinintoleranz oder Vorliegen von Kontraindikationen muss der Einsatz alternativer Präparate erwogen werden.
Verstärken lässt sich die cholesterinsenkende Wirkung durch die additive Gabe von Ezetrol, das die intestinale Cholesterinresorption hemmt und so zu einer zusätzlichen Cholesterinsenkung um etwa 20 % führt. Ezetimibe in Kombination mit Statinen reduziert das kardiovaskuläre Risiko, und die Kombination von Ezetimibe mit einem ­moderat LDL-C-senkenden Statin ist diesbezüglich mit einem potenten Statin vergleichbar [26, 27, 28].
Die Wirkung der PCSK9-Inhibitoren beruht auf einer Hemmung des Enzyms PCSK9 (Proproteinkonvertase Subtilisin Kexin Typ 9). Dieses bindet an der Oberfläche von Hepatozyten an LDL-Rezeptoren und fördert so deren Abbau in den Lysosomen. Die PCSK9-Inhibitoren sind monoklonale Ak und binden selektiv an zirkulierendes PSCK9 und erhöhen so die LDL-Rezeptoraktivität und die hepatische LDL-Aufnahme. Dies resultiert in einer LDL-C-Senkung von 50–60 %. Der Effekt ist additiv zu der Wirkung von Statinen und Ezetrol, eine Kombinationstherapie mit beiden ist möglich und sinnvoll. Die Gabe von Evolocumab und Alirocumab reduziert bei mit potenten Statinen behandelten Patient_innen mit hohem kardiovaskulärem Risiko, vorwiegend mit bekannter KHK, kardiovaskuläre Ereignisse, und neue Resultate suggerieren ­einen sogenannten «legacy effect» bei frühzeitigem Therapiebeginn [29, 30, 31]. Die aktuelle Limitatio der Spezialitätenliste des BAG (01/2023) erlaubt in der Schweiz den Einsatz, wenn mit einer Kombinationstherapie aus Statin und Ezetimibe in maximal tolerierter Dosis über mindestens drei Monate keine Senkung des LDL-Cholesterins unter 1,8 mmol/l (klinische ASCVD) bzw. unter 2,6 mmol/l (heterozygote Familiäre Hypercholesterinämie) gelang. Diagnose, Erstverordnung und Kontrollen müssen durch «Spezialist_innen» erfolgen, zudem muss der Nachweis über eine Senkung des LDL-Cholesterins über 50 % bzw. < 1,4 mmol/l erbracht werden. Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen gehören lokale Reaktionen an der Injektionsstelle.
Inclisiran ist eine synthetisch hergestellte, kurze, doppelsträngige small interfering RNA (siRNA), die durch RNA-Interferenz die Translation und somit die Synthese des Proteins PCSK9 in der Leber hemmt, die PCSK9-Spiegel um ca. 60 % reduziert und so, analog der Wirkung der PCSK9-Inhibitoren, zu einer verbesserten Funktion der LDL-Rezeptoren und einer ca. 45–50-prozentigen LDL-C-Senkung führt [32, 33, 34]. Die selektive Aufnahme des Wirkstoffes in die Hepatozyten wird durch Konjugation der siRNA mit ­N-Acetylgalactosamin erhöht (Drug Targeting). Daten aus kardiovaskulären Endpunktstudien liegen bislang noch nicht vor.
Bei dem Wirkstoff Bempedoinsäure handelt es sich um ein Prodrug, das in der Leber aktiviert wird (durch ­ACSVL1 = Very Long-Chain Acyl-CoA Synthetase, zu Bempedoyl-CoA) und dort die Cholesterinsynthese durch kompetitive Hemmung der ATP-Citrat-Lyase vermindert [35, 36]. Da die Behandlung, wahrscheinlich durch verminderte renale Harnsäureexkretion, zu einem Anstieg der Harnsäure führt und so mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten einer Gicht einhergeht, ist von einer Anwendung bei Pa­tient_innen mit bekannter Urikopathie abzuraten. Das Präparat Nilemdo® (180 mg), das seit Ende 2020 in der Schweiz zugelassen ist, wird in Form einer Filmtablette einmal täglich mahlzeitenunabhängig eingenommen. Auch ein Kombinationspräparat mit Ezetrol ist verfügbar (Nustendi®: Bempedoinsäure + Ezetimibe 180/10). In Studien konnte eine Senkung des LDL-Cholesterins um 18 % erreicht werden, durch Kombination mit Ezetrol gelang eine bis zu 38-prozentige Senkung. Kombinationsbehandlungen mit einem Statin sind möglich. Die aktuell veröffentlichte Clear-Outcomes-Studie hat eine kardiovaskuläre Risikoreduktion durch Bempedoinsäure bestätigt [44].
Abbildung 1 zeigt einen Algorithmus zur lipidsenkenden Therapie bei Personen mit hohem und sehr hohem kardiovaskulärem Risiko, der die aktuellen Guidelines und Limitationen (01/2023) der Spezialitätenliste berücksichtigt.

Therapie der Hypertriglyceridämien

Während bei der Hypercholesterinämie eine medikamentöse Therapie unumgänglich ist, um eine hinreichende Reduktion des LDL-Cholesterins zu erreichen, stellt bei der Hypertriglyceridämie die Ernährungsumstellung mit Reduktion der Kalorien- und Fettzufuhr den wirksamsten und zudem kausalen Therapieansatz dar. Die konsequente Umsetzung gestaltet sich allerdings oft schwierig. Eine medikamentöse Behandlung sollte bei der schweren Hypertriglyceridämien (Chylomikronämie) erwogen werden, wenn kein Absinken der Triglyceride unter 10 mmol/l gelingt und somit ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung ­einer Pankreatitis vorliegt [37, 38, 39]. Eine Übersicht über die Definition der Hypertryglyceridämie findet sich in Tablette 4 (Tabelle 4).
Fibrate sind eine Wirkstoffgruppe, die durch Bindung an den intrazellulären Peroxisom-Proliferator-aktivierten Rezeptor Alpha zu einer gesteigerten Lipolyse von triglyceridreichen Lipoproteinen führen und so vor allem eine Reduktion der Triglyceride bewirken (20–40 %), ohne dass jedoch die Anzahl der zirkulierenden atherogenen ­Lipoproteine reduziert wird. Eingesetzt werden Fibrate aufgrund des fehlenden Nachweises eines signifikanten Effekts auf kardiovaskuläre Ereignisse nicht zur kardiovaskulären Prävention, sondern zur Senkung der Triglyceride respektive der Verhinderung einer Chylomikronämie [40].
Icosapentethyl ist eine modifizierte Form der Eicosapentaensäure (EPA), einer Fischöl-Omega-3-Fettsäure, deren Wirkmechanismus noch nicht vollständig geklärt ist; unter anderem spielt die Stimulation der Betaoxida­tion, die Reduktion des mikrosomalen Triglycerid-Transferproteins und eine Synthesehemmung von Cholesterin, Fettsäuren und Triglyceriden eine Rolle. Bei Patient_innen mit einer Hypertriglyceridämie unter Statintherapie und hohem kardiovaskulärem Risiko konnte eine deutliche ­kardiovaskuläre Risikoreduktion nachgewiesen werden [41, 42]. Da dieser kardiovaskuläre Nutzen mit anderen Fischölderivaten nicht nachweisbar ist, scheint der hohe Gehalt an EPA bedeutend [43].
Dr. med. Barbara Dehos

Oberärztin Endokrinologie
Spital Grabs
Spitalstrasse 44
9472 Grabs

barbara.dehos@srrws.ch

Historie
Manuskript akzeptiert: 15.02.2023

Interessenskonflikte
Es bestehen keine Interessenskonflikte.

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PRAXIS

  • Vol. 112
  • Ausgabe 13
  • Dezember 2023