Einführung

Metabolisches Syndrom und die Leber: Eine zunehmende Herausforderung für Internisten und Hepatologen

  • Metabolisches Syndrom und die Leber: Eine zunehmende Herausforderung für Internisten und Hepatologen


Die Steatohepatitis, eine Manifestation des metabolischen Syndroms in der Leber, ist inzwischen die häufigste chronische Lebererkrankung weltweit. In der Schweiz liegt die geschätzte Prävalenz bei etwa 5 % für Steatohepatitis und 25 % für die Lebersteatose, eine mildere Vorstufe (1). Global ist die Prävalenz der Lebersteatose von 25.5 % vor 2006 auf 37.8 % nach 2016 gestiegen (2). Wie andere chronische Hepatopathien kann die Steatohepatitis im fortgeschrittenen Stadium zu erheblichen Komplikationen wie Leberzirrhose, portaler Hypertonie, hepatischer Dekompensation und hepatozellulärem Karzinom führen. Dies stellt sowohl Grundversorger als auch Spezialisten vor grosse Herausforderungen in der Abklärung und Behandlung betroffener Patienten. Die europäischen und amerikanischen Fachgesellschaften für Hepatologie und Endokrinologie haben kürzlich neue Leitlinien mit zahlreichen Empfehlungen veröffentlicht (3, 4). Dr. Vana und Kollegen beleuchten in ihrem Übersichtsartikel entsprechend aktualisierte dia­gnostische, therapeutische und pathophysiologische Aspekte der Steatohepatitis, welche ein optimales Management dieser Patienten ermöglichen.
Interessanterweise wurde diese chronische Hepatopathie erst vor etwas mehr als 40 Jahren beschrieben und lange als Alkohol-assoziierte Lebererkrankung fehldiagnostiziert. Der Begriff «nicht-alkoholische Steatohepatitis» (NASH) wurde erstmals 1980 von Prof. Jürgen Ludwig geprägt (5). Er beschrieb in Leberbiopsien von 20 abstinenten Patienten typische histologische Merkmale einer alkoholischen Hepatopathie, einschliesslich hepatozellulärer Steatose, lobulärem Entzündungsinfiltrat, sogenannten Mallory-Körpern, und teilweise fortgeschrittener Leberfibrose oder Leberzirrhose. Die meisten dieser Patienten wiesen eine oder mehrere Komponenten des metabolischen Syndroms auf. Erst Jahre später wurde der pathophysiologische Zusammenhang zwischen metabolischem Syndrom und Steatohepatitis etabliert. Angesichts der klaren Assoziation mit dem metabolischen Syndrom und dem mittlerweile pandemischen Vorkommen der nicht-alkoholischen Fettleber (NAFL) wurde 2023 die Nomenklatur nach einem internationalen Delphi-Konsensprozess angepasst. Dies erfolgte, um die bisherige Ausschlussdiagnose «nicht-alkoholisch» zu eliminieren, den stigmatisierenden Begriff «Fett» durch «steatotisch» zu ersetzen und die Assoziation zum metabolischen Syndrom hervorzuheben. Neu lautet die Bezeichnung «metabolische Dysfunktion-assoziierte steatotische Lebererkrankung» (MASLD) und bei histologischem Nachweis «metabolische Dysfunktion-assoziierte Steatohepatitis» (MASH). Zusätzlich wurde das Akronym «MetALD» eingeführt, um Personen mit konkomitierender Alkohol-assoziierter Lebererkrankung (ALD) und MASLD zu klassifizieren: metabolische Dysfunktion-assoziierte steatotische Lebererkrankung mit erhöhtem Alkoholgebrauch, definiert als ein täglicher Alkoholkonsum von durchschnittlich mehr als 20 Gramm für Frauen bzw. 30 Gramm für Männer (3, 4).

Für die Diagnosestellung der MASLD sind gemäss den neuen Empfehlungen neben der obligaten radiologisch oder histologisch nachgewiesenen Lebersteatose das Vorhandensein eines oder mehrerer kardiometabolischer Risikofaktoren erforderlich. Diese Risikofaktoren entsprechen den Komponenten des metabolischen Syndroms: Body Mass Index ≥ 25 kg/m2, Insulinresistenz, arterielle Hypertonie (≥ 130/85 mmHg), erhöhte Plasma-Triglyceride (≥ 1.7 mmol/l), erniedrigtes Plasma-HDL-Cholesterin (≤ 1.0 mmol/l für Männer bzw. ≤ 1.3 mmol/l für Frauen) (3, 4).

Patienten mit MASLD/MASH und fortgeschrittener Leberfibrose sind gefährdet, Komplikationen wie Leberzirrhose, Leberversagen und ein hepatozelluläres Karzinom zu entwickeln. Daher wird in den aktuellen Leitlinien ein einfaches und kostengünstiges Screening bei Risikogruppen (z.B. Diabetes, Adipositas oder metabolisches Syndrom) empfohlen: Der Fibrosis-4- (FIB-4)-Score, basierend auf den Transaminasen AST, ALT, Alter und Thrombozytenzahl, ermöglicht eine einfache und nicht invasive Einschätzung des Risikos für fortgeschrittene Leberfibrose. Überschreitet der FIB-4-Score den Schwellenwert von ≥ 1.3, sollte der Patient einer Leberelastographie unterzogen werden (Schwellenwert ≥ 8 kPa) und je nach Befund hepatologisch weiter abgeklärt werden (3, 4).

Eine bedeutende Neuerung im Bereich der MASLD ist die kürzliche Zulassung von Resmetirom in den USA als erstes Medikament zur spezifischen Behandlung der MASH bei Patienten mit moderater bis fortgeschrittener Leberfibrose. Der orale Agonist des Schilddrüsenhormon-Rezeptors Beta (THR-β) Resmetirom zeigte in einer Phase-3-Studie nach 52-wöchiger Behandlung eine signifikante Abnahme der Steatohepatitis und Regression der Leberfibrose (6). Möglicherweise wird Resmetirom 2025 auch in der Schweiz zugelassen. Neben Resmetirom befinden sich mehrere weitere Medikamente, einschliesslich Glukagon-like Peptide-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) und andere (duale) Inkretine, Fibroblast Growth Factor 21 Rezeptoragonisten (FGF21-RA) und Peroxisome Proliferator-activated Rezeptoragonisten (PPAR), in fortgeschrittener klinischer Entwicklung für Patienten mit MASLD. Trotz dieser positiven therapeutischen Entwicklungen bleibt die interdisziplinäre, internistisch-hausärztliche und interprofessionelle Betreuung (Ernährungsberatung) von betroffenen Patienten hinsichtlich Lebensstil (ausgewogene, gesunde Ernährung, regelmässige körperliche Aktivität) und optimaler Behandlung des metabolischen Syndroms zentral, was Dr. Váňa und Kollegen in ihrer aktuellen Übersichtsarbeit darlegen.

PD Dr. med. et phil. nat. David Semela

Leiter Fachbereich Hepatologie
Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie
Kantonsspital St. Gallen
Rorschacherstrasse 95
CH-9005 St. Gallen

david.semela@kssg.ch

1. Goossens N, Bellentani S, Cerny A, Dufour JF, u. a. Nonalcoholic fatty liver disease burden – Switzerland 2018-2030. Swiss Med Wkly. 2019; 149:w20152.
2. Riazi K, Azhari H, Charette JH, Underwood FE, u. a. The prevalence and incidence of NAFLD worldwide: a systematic review and meta-analysis. Lancet Gastroenterol Hepatol. 2022;7(9):851-61.
3. European Association for the Study of the Liver (EASL). EASL-EASD-EASO Clinical Practice Guidelines on the management of metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease (MASLD). J Hepatol. 2024;S0168-8278(24)00329-5.
4. Rinella ME, Tacke F, Sanyal AJ, Anstee QM, u. a. AASLD Practice Guidance on the clinical assessment and management of nonalcoholic fatty liver disease. Hepatology. 2023;77(5):1797-1835.
5. Ludwig J, Viggiano TR, McGill DB, Oh BJ. Nonalcoholic steatohepatitis: Mayo Clinic experiences with a hitherto unnamed disease. Mayo Clin Proc. 1980;55(7):434-8.
6. Harrison SA, Bedossa P, Guy CD, Schattenberg JM, u. a. A Phase 3, randomized, controlled trial of resmetirom in NASH with liver fibrosis. N Engl J Med. 2024;390(6):497-509.