Originalartikel

Optimierte ambulante interdisziplinäre Rauchstopp-Intervention

  • Optimierte ambulante interdisziplinäre Rauchstopp-Intervention

Dem Ablauf unserer Rauchstopp-Beratungssprechstunde am Universitätsspital Zürich liegt ein Konzept zugrunde mit ­diversen Elementen, die in einer längeren Erstberatung und mindestens vier Folgeberatungen innert circa 3 Monaten vermittelt werden. Je nach medizinischem Kontext, mentaler Verfassung, Motivationsstufe und Vorerfahrungen der rauchenden Person können Inhalte und Intervalle sowie die Anzahl erforderlicher Sitzungen individuell variieren. In aller Regel wird die wiederholte Beratung ergänzt durch eine medikamentöse Unterstützung, relativ oft auch durch medikamentöse Kombinationstherapien. Die Behandlungsfrequenz ist in den ersten 3 Monaten hoch, weil der Unterstützungsbedarf und die Rückfallgefahr dann am grössten sind. Anfänglich finden die Beratungen alle 2 bis 4 Wochen statt, dann werden sie individuell auf 6 bis 8 Wochen ausgedehnt. Idealerweise zieht sich die Beratung über ein halbes Jahr hin. So können der Verlauf über mehrere Monate verbindlich begleitet und bei Bedarf Anpassungen am Procedere vorgenommen werden.

Schlüsselwörter: Rauchstopp-Intervention, interdisziplinäre Beratung, Nikotinersatz, Trigger, Medikamente



Zuweisungsprozess

In der Regel erfolgt die Zuweisung von Patientinnen und Patienten zur Rauchstoppberatung spitalintern durch behandelnde Ärztinnen und Ärzte der verschiedenen Kliniken. Sie entspricht derselben Praxis wie jener anderer Spezialsprechstunden, wie z. B. der Adipositassprechstunde, der Hypertoniesprechstunde oder der Diabetesberatung. Zuweisungen können ebenso von niedergelassenen externen Arztpraxen gemacht werden. Niederschwellig können sich Patienten auch selbst anmelden. Das Konzept «Die rauchende Person muss den ersten Schritt zur Anmeldung selbst unternehmen» ist aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäss und nur unzureichend zielführend. Aus diesem Grund erwarten wir primär Zuweisungen von medizinischen Fachpersonen und erlauben aber auch Selbstzuweisungen.

Die Anmeldung erfolgt mehrheitlich elektronisch oder über das Sekretariat der Pneumologie des Universitätsspitals Zürich (USZ). Dieses terminiert die Rauchstoppsprechstunden und informiert Patienten mittels Brief über Termin, Kontaktmöglichkeiten sowie Konditionen.

Vorbereitung

Aufgrund des Zuweisungsschreibens und klinikinterner Berichte werden die Erst- und Folgeberatungen vorbereitet. Es finden auch Fallbesprechungen zwischen Arzt und Beraterin statt, um geeignete Behandlungsansätze zu evaluieren, eine gemeinsame Strategie festzulegen und eine Behandlungsempfehlung zu machen. Der Fokus richtet sich dabei auf medikamentöse Therapiemöglichkeiten, Klärung allfälliger Medikamentenunverträglichkeiten, Kontraindikationen für gewisse Medikamente, Therapie- und Beratungsansätze unter Berücksichtigung medizinisch relevanter Diagnosen, Therapien sowie bereits erfolgter Massnahmen. Auch soziale anamnestische Aspekte werden beleuchtet und in der Planung berücksichtigt. So können bedarfsweise etwa Bezugspersonen in den Prozess einbezogen werden (1, 2, 3).

Die Erstberatung (Zeitaufwand 45–60 Min.)

Beim ersten Treffen wird nach der Begrüssung die Patientenidentität verifiziert. Je nach Persönlichkeit und Zustand des Patienten kann eine niederschwellige Konversation als Eisbrecher dienen. Patienten werden angehalten, auf Wunsch während der Beratung eigene Notizen zu machen. Dafür liegen ein Schreibblock und Stifte bereit (4).

Als Einstieg ins Rauchstoppgespräch werden weitgehend offene Fragen gestellt. Dazu zählen zum Beispiel:

  • «Sie wurden durch die Klink X oder durch Dr. Y in die Rauchstoppsprechstunde überwiesen. Welcher ist der Grund Ihrer dortigen Behandlung?»
  • «Berichten Sie mir von Ihrem Rauchverhalten.»
  • «Haben Sie schon einmal mit dem Rauchen aufgehört? Mit welcher Methode? Wie ist es Ihnen dabei ergangen? Was führte zum Rückfall?»
  • «Sie möchten etwas an Ihrem Rauchverhalten ändern. Was möchten Sie ändern? Welche Ziele haben Sie?»
  • «Welche Folgen des Rauchens nehmen Sie wahr?» «Wo­ran spüren Sie, dass Ihnen das Rauchen nicht guttut?»
  • Situationsangepasst weitere Fragen.

Offene Fragen ermöglichen es dem Patienten, in eigenen Worten seine Intention zu formulieren, Vorstellungen und Erwartungen, aber auch Bedenken zu äussern. Durch die Art und Weise und den Inhalt seiner Formulierungen lassen sich erste Informationen und Erkenntnisse zum aktuellen Befinden, zur Rauchgeschichte, zur Sichtweise bezüglich des Rauchverhaltens, zum Kommunikationsverhalten und erste medizinische sowie verhaltenstypische Anhaltspunkte erkennen und dokumentieren. Patienten erhalten die Möglichkeit, ihnen wichtige Aspekte zu kommunizieren. Häufig sind solche frühe Aussagen für die Herangehensweise an die Thematik entscheidend. Sie werden daher oft wortwörtlich festgehalten.

Ein zentraler Anhaltspunkt ist die Ausführung der Patienten, ob sie «fremdbestimmt» zugewiesen wurden (ggf. Hinweis auf Absichtslosigkeit, geringe Motivation oder Ambivalenz) oder diesen Schritt selbst initiiert haben (ggf. Hinweis auf höhere Eigenmotivation). Die Antworten auf die Einstiegsfragen können für das weitere Vorgehen im Gespräch richtungsweisend sein.
Wird der Fokus auf das Thema konkreter Rauchstopp gerichtet, geht man darauf ein, wie die Patienten zur Beratung stehen. Kommen sie eher «fremdbestimmt», kann das Thema aufgenommen und vertieft werden. Lässt man die Patienten in eigenen Worten über ihre Intention und Motivation sprechen, erfährt man viel über ihre persönliche Haltung, ihre Erwartungen und über Erfahrungen aus der (Raucher-)Geschichte. Andere Patienten kommen hoch motiviert und erklären gleich zu Beginn, was sie erreichen möchten und welche Hilfe sie benötigen. Oder sie berichten, dass sie bereits mit dem Rauchen aufgehört hätten und den Fokus auf die Aufrechterhaltung legen wollten.

Nachdem die Patienten ein erstes Mal zu Wort gekommen sind, werden sie über das Angebot eines möglichen Standardablaufs und sonstige Aspekte der Rauchstoppberatung informiert. Zur Anamneseerhebung gehören Informationen zur Anzahl täglich gerauchter Zigaretten bzw. sonstiger Nikotinprodukte oder Suchtmittel, Alter bei Rauchbeginn, Berechnung der Anzahl Raucherjahre (py), Schweregrad der Abhängigkeit (Fagerström-Test, FTND), Auskunft zu Anzahl und Dauer früherer Rauchstoppversuche, Gründe für Rückfälle sowie Erfahrungen mit Nikotinersatzprodukten (NET/NRT).

Es gilt, situationsbedingt abzuwägen zwischen für die Beratenden relevanten Standardangaben und dem Hospital Quit Support (HQS)-Standard, wonach im ersten Gespräch nur ein minimales Datenset erhoben werden sollte. Der HQS-Standard gibt selektiv Auskunft über Abhängigkeit und Vorgeschichte mit Relevanz zur Beratungs- und Therapieplanung. Es besteht das Risiko, dass zu viele Details in Erfahrung gebracht werden, die nicht zwingend den Beratungs- und Therapieansatz beeinflussen und oft redundant sind. Andererseits können Aussagen, die auf den ersten Blick wenig bedeutend erscheinen, «zwischen den Zeilen» wichtige Hinweise enthalten. Diese gilt es abzuwägen, zu erfassen und zu dokumentieren, damit sie in den Behandlungsplan integriert und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen werden können. Hier kommen Erfahrung, Empathie und Sensibilität der beratenden Personen zum Tragen.

Grundsätzlich ist rauchenden Personen die Schädlichkeit ihres Verhaltens bewusst. Je nach Situation kann es aber notwendig sein, einzelne Punkte hervorzuheben und zu erklären (Wirkungsspektrum des Nikotins im Gehirn, Teer, Kohlenmonoxid (CO) und was dies bei jeder Zigarette für den Körper bedeutet). Solche Informationen können allgemeingültigen Charakter haben oder individuell und im Kontext der Patientendiagnosen erläutert werden.

Eine CO-Messung in der Ausatmungsluft kann den Konsum objektivieren, die Informationen rund um das Thema Kohlenmonoxid untermauern und den Patienten veranschaulichen, wie positiv sich eine Änderung ihres Rauchverhaltens zeitnah auswirken kann. Üblicherweise ist der CO-Wert bei einer ersten Beratung, wenn Patienten noch rauchen, hoch (> 10ppm bzw. > 2 % HbCO). Die Aussicht auf tiefere Werte kann motivierend sein. Wann immer möglich, sollte eine CO-Messung durchgeführt werden. In einzelnen Fällen kann sie aber auch kontraproduktiv sein und sollte daher weggelassen werden. Vereinzelt lehnen Patienten die Messung von vornherein ab, weil sie einen hohen Wert befürchten und nicht damit konfrontiert werden möchten.

Aufgrund der erhobenen Informationen/Daten zur Stärke der Abhängigkeit (FTND), Dauer und Intensität des Tabakkonsums und unter Berücksichtigung ggf. schon gemachter Rauchstopperfahrungen kann in einem nächsten Schritt eine erste Therapiestrategie empfohlen bzw. gemeinsam festgelegt werden. Dies erfolgt in der Regel unter Einbezug der ärztlichen Fachperson mit Erfahrung in der Pharmakotherapie des Rauchstopps sowie der Kompetenz der Medikamentenverschreibung, insbesondere bezüglich Polypharmazie von älteren Patienten.

Wir erklären, dass es sich bei der Nikotinsucht sowohl um eine körperliche als auch um eine psychische Abhängigkeit handelt. Die psychische Abhängigkeit hat mit Gewohnheiten, Ritualen, Assoziationen, Belohnungs- und Bewältigungsmechanismen, Trigger sowie dem Umgang mit alltäglichen Situationen und Begebenheiten zu tun. Demgegenüber steht die körperliche Abhängigkeit, bei der es sich um physiologische und z.T. biochemische Reaktionen handelt (Abb. 1, Gewohnheit und Sucht) (5).

Für eine langfristige Nikotinabstinenz ist es unerlässlich, beide Komponenten zu betrachten. Viele Patienten sind sich nur unzureichend bewusst, wie bedeutend eine intensive und vertiefte Auseinandersetzung mit Gewohnheiten ist. Sie erhält in der Beratung ein starkes Gewicht. Erst eine differenzierte Auseinandersetzung mit diesen Themen und die Ableitung konkreter und individuell zugeschnittener Bewältigungspläne ermöglichen es, Hochrisikosituationen erfolgreich zu bewältigen und Rückfälle längerfristig zu vermeiden. Dieser Prozess kann anhand der hier aufgeführten Unterlagen («Werkzeuge») gemeinsam mit den Patienten erörtert und vertieft werden.

Ein eigens für die Rauchstoppberatung entwickelter persönlicher Handlungsplan enthält neben Erklärungen zur Nikotinabhängigkeit und Themen rund um die Rauchgewohnheit eine Reihe von «Werkzeugen». Mit diesen wird ein individueller Rauchstopp-Plan gemeinsam erarbeitet. Dabei werden relevante individuelle Faktoren, die den Prozess in die Rauchfreiheit wesentlich beeinflussen, betrachtet und einbezogen.

In der ersten Beratung wird der Handlungsplan vorgestellt und einzelne individuell geeignete Instrumente hervorgehoben. Patienten bekommen die Aufgabe, bis zum zweiten Beratungstermin ausgewählte Themen zu erarbeiten.
In einem ersten Schritt können folgende Instrumente dienlich sein:

Die Motivationswaage (Abb. 2) ermöglicht es, Vor- und Nachteile des Rauchens sowie des Nikotinverzichts aufgrund persönlicher Überlegungen einzuordnen und zu dokumentieren. Daraus können mögliche Ambivalenzen erkannt und beim nächsten Beratungstermin angesprochen werden. Eine konkrete Auseinandersetzung und Formulierung einzelner Punkte dienen der Visualisierung, Gewichtung und Wertung der einzelnen Pro- und Contra-Argumente und können als Diskussionsgrundlage in der Beratung dienen.

Das Rauchprotokoll (Abb. 3, Mein Protokoll) dient der Selbstbeobachtung. Es wird über einige Tage oder Wochen, idealerweise in unterschiedlichen Situationen (Freizeit, [Berufs-]Alltag, Ferien …) geführt und soll Aufschluss darüber geben, in welchen Situationen typischerweise geraucht wird (z. B. in Zusammenhang mit Stress, Routine, Rückzugsbedürfnis, Entspannung, Geselligkeit, Genuss, Langeweile, Sucht). Erhoben wird auch die Selbsteinschätzung, ob die Zigarette im jeweiligen Augenblick als «notwendig» oder «nicht notwendig» betrachtet wird. Ziel ist es, Wahrnehmungen und Bedürfnisse zu erkennen, zu benennen und Tendenzen zu isolieren. Die Ergebnisse bilden eine wichtige Grundlage im Beratungskontext.

Eine erste Auseinandersetzung mit Verknüpfungen von Gewohnheiten und Zigarettenkonsum hat zum Ziel, über mögliche Alternativhandlungen (Abb. 4) nachzudenken. Langfristig sollen neue Handlungen zu neuen Verknüpfungen führen, sich etablieren und so neue Verhaltensweisen zu neuen Gewohnheiten werden. Dieser Prozess der Abkoppelung von alten Verhaltensmustern wird sich über die Dauer der gesamten Beratung und darüber hinaus erstrecken. Patienten werden dazu angehalten, realistische, aber durchaus kreative und ansprechende Alternativen zu sammeln und Schritt für Schritt im Alltag einzuüben. Je nach Situation und Präferenzen können dies Ablenkungen für Hand, Mund, Kopf und/oder Körper sein. Daneben können auch Situationen definiert werden, die es ohne Alternative zu überwinden gilt.

Die meisten Rauchenden erwarten, dass sie mit der Erstberatung unmittelbar mit dem Rauchen aufhören müssen. Diese Erwartung wird besprochen und relativiert, weil ein Rauchstopp gut geplant und vorbereitet werden sollte. Dafür sind Tage oder sogar Wochen nötig. Manche Patienten sind erleichtert, dies zu hören. Allerdings soll die Dauer bis zum Rauchstopp als wichtige Vorbereitungszeit definiert und nicht als Aufschub betrachtet werden. Abhängig von der Bereitschaft zur Veränderung und der Motivationsstufe wird ein langsameres oder rascheres Vorgehen festgelegt.

Liegt eine niedrige Bereitschaft, Unentschlossenheit oder gar Absichtslosigkeit vor, wird der Fokus auf dem ­weiteren Gespräch liegen, mit dem Ziel, Patienten weitere Informationen zu möglichen unterstützenden Massnahmen zu vermitteln oder Ambivalenzen aufzulösen. Sie werden in ihrem Gedankenprozess unterstützt, sodass sich ihre Selbstwirksamkeit erhöht und sie mit gestärkter Zuversicht in den Prozess einsteigen. Hier kann das Motivational Interviewing (MI) als geeignetes Instrument eingesetzt werden. MI hat zum Ziel, mittels klientenzentrierter, direktiver Methode die intrinsische Motivation für eine Veränderung zu verbessern mittels Erforschung und Auflösung von Ambivalenz (Miller & Rollnick, 2002). Dabei sollen Patienten durch gezielte Fragestellungen eigene Bewältigungsschritte und Ziele definieren und formulieren. Sie sollen sich ihrer persönlichen Stärken bewusst werden und sich diese zunutze machen. Damit gewinnen sie an Selbstvertrauen und Zuversicht. Ein wichtiger Aspekt des MI ist gutes Zuhören bzw. Patienten ausreden zu lassen. So erhalten sie die Möglichkeit, eigene Gedanken zum Thema zu entwickeln, welche einen inneren Prozess (Auflösung der Ambivalenz) unterstützen können.

Mit Patienten, die hoch motiviert und gut vorbereitet sind, können bereits konkrete nächste Schritte besprochen werden. Wann immer möglich, wird die Schlusspunktmethode (abrupter Rauchstopp) angestrebt. In Ausnahmefällen kann eine Reduktionsstrategie als erstes Zwischenziel in Erwägung gezogen werden.

Medikamente in der Erstberatung

Meist wird in der ersten Beratung der Einsatz von unterstützenden Medikamenten empfohlen (European Strategy for Smoking Cessation Policy WHO, 2004). Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Patienten, die zu unserer Rauchstoppberatung kommen, häufig schon mehrere frustrane Rauchstoppversuche hinter sich haben, und eine gewisse Eskalation der Intervention notwendig erscheint.
Empfehlungen zu Wahl und Dosierung richten sich nach dem täglichen Zigarettenkonsum, Anzahl Packyears und FTND-Score (Tab. 1). Unsere Empfehlung wird mit den Präferenzen des Patienten abgeglichen und ein Konsens angestrebt (Adhärenz!).

Als Erfolg versprechendste Vorgehensweise zur langfristigen Rauchfreiheit wird – gestützt auf der Empfehlung der WHO – eine Kombination empfohlen aus medikamentöser Therapie und wiederholten Beratungssitzungen. Als medikamentöse Therapie kommen Nikotinersatztherapie (NET/NRT) infrage oder der Einsatz von Bupropion, Vareniclin oder Cytisin. Ganz selten wird das Hilfsmittel L-Cystein-Lutschtabletten (Acetium®) eingesetzt, besonders wenn die Motivation für den Rauchstopp gering ist und eine Rauchreduktion im Vordergrund steht.

Rauchreduktion, ob mit NRT (z. B. Inhaler) oder mit Acetium®, ist aus unserer Sicht nur ein Zwischenschritt zum Rauchstopp (reduce to quit) und wird nur ausnahmsweise als primäre Strategie empfohlen. Oft kommt es vor, dass Patienten den geplanten abrupten Rauchstopp beginnen, aber nicht fortführen können. Einige erfahren einen Rückfall mit wenigen Zigaretten. Andere erzielen gar nicht erst den vollständigen Rauchstopp, schaffen am Rauchstopp-tag aber eine deutliche Reduktion (zahlenmässig > 50 % Reduktion des bisherigen Konsums an Tabak) und können diesen reduzierten Konsum beibehalten. Dies wird in der Beratung als Zwischenerfolg gewürdigt und in einem zweiten Schritt der komplette Rauchstopp erarbeitet.

Patienten werden informiert, dass die medikamentöse Unterstützung lediglich ein Hilfsmittel darstellt, welches den Rauchstopp-Prozess erleichtert und die Entzugssymptome u.a. teilweise vermindert. Wenn es Patienten schaffen, mit dem Rauchen ganz aufzuhören und diesen Zustand über längere Zeit halten können (ohne Rückfall), dann ist das ihre Eigenleistung und nicht primär das Resultat einer medikamentösen Strategie. Es gibt kein Rauchstoppmedikament, welches dazu führt, dass «es plötzlich nicht mehr raucht». Bei einem adäquat gewählten Schmerzmittel darf man erwarten, dass die Schmerzen für die Dauer der Medikamentenwirkung vollständig verschwinden. Diese «einfache» Art der Problembehandlung gibt es für Rauchende nicht. Es braucht immer eigenes Zutun, Eigeninitiative, Anwendung von (erlernten) Strategien und Verhaltensänderung, damit eine langjährige Gewohnheit und Sucht definitiv überwunden werden kann.

Je nach Begleitdiagnosen, Eignung und Einstellung der Patienten werden Wirkungsweisen und die Einnahme der oben genannten Medikamente erklärt sowie mögliche Nebenwirkungen erläutert und mögliche Kontraindikationen geprüft. Nicht selten erscheinen mögliche Nebenwirkungen den Patienten plötzlich inakzeptabel. Manchmal hilft es dann, auf die «Nebenwirkungen» oder Folgen der Tabakzigarette hinzuweisen, welche ohne langen Beipackzettel verkauft wird, obwohl die Liste der schädlichen Effekte lang ist.
Gegen Ende der ersten Beratung sollen die Patienten drei Skalen-Fragen beantworten. Er/sie soll sich festlegen, wo er/sie sich auf einer Skala von 0–10 bezüglich Wichtigkeit, Zuversicht und Bereitschaft (für den Rauchstopp) zum aktuellen Zeitpunkt einstuft. Wir besprechen die momentane Einstellung/Einstufung anhand der Antworten. Auch hier können Fragen aus dem MI-Katalog helfen, Patienten dahingehend zu motivieren, dass sie sich ihrer Stärken und Fähigkeiten bewusst werden, indem sie diese herleiten und aussprechen. Patienten erhalten zusätzlich ein doppelseitiges Handout mit Rauchstopptipps für COPD-Patienten, damit sie wichtige Informationen (3) selbst nachlesen können.

Die Beratung endet mit aktuellen Fragen. Wir wollen von den Patienten wissen, ob das weitere Vorgehen nachvollziehbar und erste Schritte umsetzbar erscheinen und/oder zu welchem ersten Schritt sie sich aktuell imstande fühlen. Damit soll vermieden werden, dass Patienten einen zu grossen «Berg» vor sich sehen, sondern erkennen, dass der Prozess aus mehreren Etappen besteht, durch die sie begleitet werden, selbst Verantwortung übernehmen und das Tempo der einzelnen Schritte mitbestimmen dürfen.

Schwerpunkte in der 1. Beratung (abhängig von der Ausgangslage des Patienten)
– Vorstellen des Rauchstopp-Programms
– Fokussierte Anamnese, inkl. Fagerström-Test
– Wo steht die rauchende Person im Prozess? (Zuordnung im Transtheoretischen Modell nach Prochaska/Di Clemente, 1982), Haltung/Erwartungen/Erfahrungen
– Erfahrungen mit NRT?
– Informationsvermittlung/Patientenedukation: Komponenten der Tabakabhängigkeit, Grundsätze der Verhaltensänderung, erfolgreiche und bewährte Strategien (Beratung, verschiedene Medikamente, Komplikationen und Rückschläge möglich, erste Zieldefinition, regelmässige Beratungen wahrnehmen)
– Individualisierte Strategie – inkl. Empfehlung bezüglich Medikament mit erwarteten Vorteilen
– Hauptmotivation/«Guter Grund» für Rauchstopp
– Motivationswaage (Pros und Cons Rauchen/Nichtrauchen)
– Rauchprotokoll
– Thematik Alternativhandlungen
– Zuversicht/Wichtigkeit/Bereitschaft
– Ziele
– CO-Messung
– Festlegung eines Folgeberatungsdatums und ggf. Rauchstopptages

Die Zweitberatung/Folgeberatung (Zeitaufwand 30–45 Min.)

Die Zweitkonsultation steht unter dem Motto: erste Schritte zur Verhaltensänderung (changing your habits). Nach der Begrüssung ist die Einstiegsfrage in der Regel «Wie ist es gegangen?» oder offener formuliert «Berichten Sie mir, was seit unserer ersten Sitzung passiert ist». Die Art und Weise der Berichterstattung sowie der Inhalt der Antworten können aufschlussreich sein. Den Patienten ist unbedingt genügend Redezeit zu geben, damit sie ihre Situation mit eigenen Worten beschreiben können. Allenfalls sind kurze Ergänzungsfragen oder konkrete Nachfragen notwendig, um die Beschreibung der ersten Erfahrungen zu komplettieren und richtig zu verstehen. Was hat sich verändert? Ist der Rauchstopp schon erfolgt, oder sind Sie noch in der Vorbereitungsphase? Wie reagiert Ihre Umgebung auf die Verhaltensänderung? Wie transparent wird der Prozess gegenüber dem Arbeitsumfeld kommuniziert? In welchen Situationen konnten Zigaretten vereinzelt oder gänzlich weggelassen werden? Werden Entzugserscheinungen wahrgenommen?

Welche Situationen wurden als schwierig empfunden? Welche Situationen konnten gut gemeistert werden? Insbesondere erfolgreich bewältigte Situationen sollen vom Patienten detailliert und repetitiv über die gesamte Beratungsdauer hinweg beschrieben werden. Es lohnt sich, den dafür notwendigen zeitlichen Raum zu geben. Mit jeder erfolgreichen Bewältigungsreaktion wird die Selbstwirksamkeit der Patienten erhöht. Sie bildet eine neue Grundlage für weitere erfolgreich zu bewältigende Situationen. Damit lässt sich das Rückfallrisiko senken (vgl. Rückfallmodell Marlatt & Gordon, 1985).

Nach einem ersten Erfahrungsbericht der Patienten wird das Rauchprotokoll (Selbstbeobachtung) gemeinsam besprochen und analysiert, und damit werden Tendenzen und Muster erkannt und isoliert betrachtet. Die Ergebnisse bilden eine wichtige Basis für den weiteren Beratungsprozess.

Die Besprechung der bearbeiteten Motivationswaage gibt ebenfalls Aufschluss über mögliche Ambivalenzen, den Motivationsstand, über Zuversicht und Bedenken und ist wegleitend für den weiteren Verlauf der Beratung.

Eine Besprechung der Alternativhandlungen (Ablenkungen) sowie «Wenn-Dann-Pläne» für konkrete Handlungen, Orte, Zeiten oder Emotionen, welche bislang mit einer Zigarette verbunden sind, zeigen ebenfalls auf, wie- weit sich Patienten bereits mit dem Prozess auseinandergesetzt haben. Bei Patienten mit eher niedriger Motivation oder gar Absichtslosigkeit finden sich in der Regel noch keine Ergebnisse, bei höherem Engagement und höherer Motivationsstufe ist die Auseinandersetzung aufgrund der bereits ausgefüllten Alternativhandlungen oder Ideen dazu erkennbar. Themen können aufgenommen und ggf. gemeinsam weiterentwickelt und konkretisiert werden. Bei vereinzelten Patienten muss zu diesem Zeitpunkt nochmals erläutert werden, was der eigentliche Sinn dieses «Werkzeugs» ist, dass es letztlich um Entkoppelung alter Verbindungen und das Erlernen und Etablieren neuer Verbindungen geht.

Die Übersicht über Tipps für Hand, Mund, Kopf und Körper kann Inspiration und Ideen liefern zu praktischen Ablenkungsmassnahmen.
Tun sich Patienten schwer damit, sich auf Veränderungen festzulegen, können als erster Schritt ein- bis zwei Situationen definiert werden, in denen die Patienten den Einsatz von Alternativhandlungen ausprobieren könnten. Darauf aufbauend, können im Verlauf weitere Schritte dazukommen.

Erfahrungsgemäss bringen nicht alle Patienten den Handlungsplan zu Folgeberatungen mit. Dies kann ein Hinweis sein auf mangelndes Interesse oder darauf, dass dieses In­strument in der Form nicht zusagt. Ggf. können alternativ andere Vorgehensweisen, jedoch im Prinzip mit gleichem Inhalt, gewählt werden.

Je nachdem müssen Patienten aber auch daran erinnert werden, die Themen zu erarbeiten und den Handlungsplan mitzubringen. Andererseits gibt es aber auch Patienten, die den Handlungsplan detailliert erarbeiten und mit vorbereiteten Fragen in die Folgeberatung kommen.

Überprüfung Medikation

Je nachdem haben Patienten zum Zeitpunkt der Folgeberatung schon mit der Einnahme begonnen und erste Erfahrungen gemacht. Wir fragen nach Verträglichkeit, Wirkung und möglichen Nebenwirkungen und überprüfen die korrekte Anwendung (insbesondere bei NRT). Ggf. muss bei NRT die Dosierung angepasst oder bei Anwendungsschwierigkeiten erneut instruiert oder auf ein anderes, gleichwertiges Produkt gewechselt werden (z. B. Inhaler statt Kaugummi).

Wenn es um den Einsatz von Medikamenten geht, muss wiederholt erwähnt werden, dass diese lediglich eine Unterstützung im Rauchstopp-Prozess bedeuten: Die Hauptarbeit liegt bei den Patienten.

Planung des Rauchstopptages

«Quit Day» mittels Notizen zum Tagesablauf (Abb. 5, Mein Rauchstopptag). Patienten bestimmen wann der Rauchstopptag stattfindet. Je nach Situation kann ein konkreter Vorschlag vereinbart werden. Es empfiehlt sich, den Rauchstopptag und die ersten Tage danach konkret und detailliert zu planen, um unerwartete und damit unvorbereitete (Hochrisiko-)Situationen möglichst zu vermeiden. Unterstützend kann das Merkblatt «Checkliste Vorbereitung für den Rauchstopp» hinzugezogen werden.

Inhaltliche Vorschläge sind: Einkaufsliste schreiben mit Produkten, die den Rauchstopp unterstützen sollen (Getränke, Obst, Gemüse, Kaugummis, Bonbons, Süssholz, evtl. Nikotinersatzprodukte, neue Laufschuhe u.v.m.).

Planung von bewussten Ablenkungsaktivitäten: Verabredung mit Familie/Freunden (gemeinsame Aktivitäten, Wellness, Kino, Theater …), Massagetermine vereinbaren u.v.m.

Spuren des Rauchens entfernen: Sämtliche Zigarettenvorräte, Feuerzeuge, Aschenbecher entfernen. Haustextilien waschen (ggf. Abgabe des Merkblatts zu Third Hand Smoke), Auto grundreinigen lassen, Termin für professionelle Zahnreinigung vereinbaren etc. Diese minutiöse Planung dient einer Risikominimierung und Vorbeugung von schwer «handelbaren» Craving-Situationen oder zur Überbrückung von Zeitfenstern, in denen man nicht weiss, was ohne Zigarette zu tun ist. Falls Patienten noch nicht so weit sind mit der Festlegung des Rauchstopptages, kann man ankündigen, das Thema bei der nächsten Beratung wiederaufzunehmen.

Erfahrungsgemäss gibt es ein ca. zweiwöchiges Zeitfenster von erhöhter Motivation für einen Rauchstopp. Anschliessend beginnt die Motivation etwas abzuflauen. Der Quit Day sollte also nicht zu weit hinausgeschoben werden. Verhandeln Patienten das Rauchstoppdatum wiederholt, kann dies ein Hinweis darauf sein, dass die Bereitschaft, den Rauchstopp konkret umzusetzen, tief ist. Ggf. müssen in solchen Fällen neue Zwischenziele definiert werden. Der Beratende sollte konkret nachfragen, wo aktuell noch Hürden oder Bedenken bestehen. Darauf folgt die Frage, welche Massnahmen oder Umstände die Motivation und Zuversicht zu steigern vermögen.

Möglicherweise zu erwartende Entzugssymptome werden besprochen. Dabei kann das Merkblatt «Entzugserscheinungen nach einem Rauchstopp» abgegeben werden. Es gibt eine Übersicht über mögliche Symptome, deren ungefähre Dauer und Bewältigungstipps.

Die Sitzung endet mit der Frage nach der aktuellen Zuversicht und nach konkreten nächsten Schritten, die realistisch umsetzbar sind.

Schwerpunkte in der 2. Beratung (zusammenfassend)
– Feedback
– Auswertung Protokoll, Motivationswaage, Alternativhandlungen
– Schwierige/gut gemeisterte Situationen/Feedback aus Umfeld
– Erste neue Gewohnheiten
– Tipps für Hände, Mund, Kopf und Körper
– Vorbereitung des Rauchstopptages, die ersten 24–48 Stunden
– CO-Messung
– Festlegung eines Folgeberatungsdatums, Notfallmassnahmen besprechen, Notfallkarte mitgeben

3. Beratung (Zeitaufwand ca. 30 Min.)

Erneut erfolgt ein Rückblick auf die Zeit seit der letzten Beratung. Fragen der Patienten werden geklärt und Erfahrungen besprochen. Falls noch nicht geschehen, wird die Festlegung des Rauchstopptages erneut besprochen und wenn möglich definiert. Falls der Rauchstopptag schon vorbei ist, fragen wir nach dem Abstinenzerfolg.Welche Situationen konnten gut gemeistert werden? Wo greifen die Ressourcen? Wo sind Hindernisse vorhanden? Wo sind Verhaltensanpassungen erforderlich? Welche Situationen bedürfen besonderer Aufmerksamkeit? Welche möglichen Entzugssymptome sind aufgetreten? Wie wurden sie wahrgenommen? Was konnte dagegen unternommen werden? Welche Situationen haben sich als weniger schlimm erwiesen als befürchtet? Gab es unerwünschte Wirkungen der Medikamente?

Besprechung des Craving-Ampelmodells: Gedanken ans Rauchen können in 3 Stufen eingeteilt werden: Grün, Gelb und Rot. Gedanken ans Rauchen sind normal. Die Frage ist, wie stark sie eine Situation dominieren. Bei «Grün» wird der Gedanke wahrgenommen, er ist aber nicht quälend und vergeht rasch wieder. Bei der Farbe «Gelb» bleibt der Gedanke ans Rauchen hartnäckig, und es muss aktiv auf Bewältigungsstrategien zurückgegriffen werden. Dies in Form von Ablenkungen oder gezielten Beschäftigungen, wie beispielsweise Atemübungen. Quälende Gedanken, die sich kaum verdrängen lassen und unüberwindbar erscheinen, werden dem «roten» Bereich zugeordnet. In solchen Situationen kommen die Notfallmassnahmen (Abb. 6) zum Tragen. Wir geben eine Notfallkarte ab. Sie enthält Kontaktdetails der beratenden Personen (Pflegefachperson und Arzt) und auf der Rückseite die Notfallmassnahmen.

Welche körperlichen Veränderungen werden wahrgenommen? Was hat sich bisher verändert? Welche sozialen Reaktionen wurden erfahren? Wie ist der Umgang mit Hochs und Tiefs? Auf welche Unterstützung kann gezählt werden? Welche sind konkrete nächste Schritte?

Schwerpunkte in der 3. Beratung (zusammenfassend)
– Feedback Abstinenzerfolge
– Positive Veränderungen
– Entzugssymptome/Gegenmassnahmen
– Ampelmodell des Suchtdrucks
– Zuversicht
– CO-Messung
– Folgeberatungsdatum fixieren

4. Beratung (Zeitaufwand 20–30 Min.)

Erneut erfolgt ein Rückblick auf die Zeit seit der letzten Beratung. Fragen werden geklärt und Erfahrungen besprochen. Die Patienten werden aufgefordert, Situationen zu beschreiben, die sie gut gemeistert haben. Rauchfreiheit wird gewürdigt und zum Abstinenzerfolg gratuliert. Die Beratenden fragen nach Veränderungen, welche seit dem Rauchstopp spürbar und wahrnehmbar sind. Ggf. führen sie den Patienten die Anzahl rauchfreier Tage vor Augen und honorieren diese. Wie viel Geld konnten sie so einsparen? Mögliche Stolpersteine werden thematisiert. Es wird zwischen einem Vorfall, einem einmaligen Ausrutscher («slip»: ohne ins alte Muster zurückzufallen) und einem Rückfall («relapse»: gleiches Verhaltensmuster wie vor dem Rauchstopp) unterschieden. Gemeinsam wird besprochen, wie sich Rückfälle vermeiden lassen, wie sie im Falle eines Eintretens zu bewältigen sind und welche Konsequenzen daraus für zukünftige Situationen abzuleiten sind. Patienten sollen eigene Strategien erarbeiten und formulieren.

Thematisierung Trigger
Dabei geht es um die Vergegenwärtigung potenzieller Situationen, die mit Rauchen in Verbindung gebracht werden könnten und die somit ein erhöhtes Risiko für Vor- oder Rückfälle darstellen. Mögliche Trigger können bestimmte Tageszeiten, bestimmte Orte, verschiedene Tätigkeiten oder bestimmte Emotionen sein (Abb. 7, Triggersituationen). Wir erklären, wie wichtig es ist, eigene, individuelle Auslöser zu kennen. So kann man sich im Vorfeld auf riskante Situationen vorbereiten und unangenehme Überraschungen vermeiden. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch das Wissen um und das Vertrauen auf persönliche Bewältigungsstrategien und die Vergegenwärtigung bereits positiv bewältigter Situationen.

Patienten werden zudem auf das Risiko einer gewissen Gewichtszunahme angesprochen (nach dem Rauchstopp durchschnittlich zwischen 3 und 5 kg). Wir erklären, warum der Körper im Durchschnitt ca. 200 kcal pro Tag weniger verbraucht. Falls erwünscht, machen wir zur Ernährung Vorschläge, z. B. bevorzugt Obst und Gemüse statt Schokolade essen, viel Wasser oder ungesüssten Tee trinken, die Wahl der Kohlenhydrate beachten (eher dunkles Mehl bzw. Vollkorn bevorzugen als Weissmehlprodukte) und Bewegungseinheiten im Alltag steigern. Auf Wunsch der Patienten oder nach Ermessen des Behandlungsteams kann auch die Ernährungsberatung einbezogen werden.

Inzwischen konnte seit dem Rauchstopp ein gewisser Betrag an Geld eingespart werden. Dieses Thema kann zu Motivationszwecken individuell vertieft werden. CO-Messung und Frage nach der Zuversicht, ggf. wird auf frühere Angaben hingewiesen. Es werden nächste Schritte und Schwerpunkte definiert.

5. Beratung (Zeitaufwand 20–30 Min.)

Erneut erfolgt ein Rückblick auf die Zeit seit der letzten Beratung. Fragen werden geklärt und Erfahrungen besprochen. An diesem Punkt werden die Themen Aufrechterhaltung der Nikotinabstinenz und erneut Vermeidung von Vor- und Rückfällen besprochen. Körperliche Veränderung über den Verlauf der Beratungen werden thematisiert. Der Abstinenzerfolg wird gewürdigt. Auf den Prozess der erfolgten Rauchentwöhnung zurückzublicken kann hilfreich sein, um einzelne wichtige Themen nochmals zu erörtern sowie positive Erfahrungen zu benennen und zu verinnerlichen. Patienten erkennen ihre Leistung, die sie in diesem Prozess erbracht haben, und fühlen sich befähigt, in eine rauchfreie Zukunft zu gehen. Im Weiteren geht es um die Thematisierung der neuen Identität als nicht rauchende Person. Auf Wunsch wird erneut eine CO-Messung gemacht, insbesondere dann, wenn seit dem Quit Day schon drei Monate vergangen sind.
Das Thema finanzielle Einsparungen kann noch einmal aufgenommen werden. Man kann beispielsweise empfehlen, das eingesparte Geld bewusst zu sparen und für etwas ganz Besonderes auszugeben, das man sich sonst nicht leisten würde. Den Patienten soll die Summe des eingesparten Geldes bewusst gemacht werden.

Ziel ist es, dass Patienten zuversichtlich, mit hoher Selbstwirksamkeit und dem Wissen um die Umsetzung von Bewältigungsstrategien in diversen Lebenslagen die Rauchstoppberatung abschliessen können.

Weitere Beratungstermine

Manchmal werden weitere Beratungstermine benötigt, insbesondere wenn der effektive Rauchstopp erst verzögert umgesetzt wurde. Ziel ist es immer, die Patienten über die ersten drei Monate nach einem Rauchstopp hinaus zu begleiten, wenn sich Bewältigungsstrategien, neue AlltagsAbläufe und Rituale festigen. Für Patienten kann diese zeitlich ausgedehnte «externe Verbindlichkeit» hilfreich sein, um in Hochrisikosituationen weiterhin abstinent zu bleiben.

Abschluss

Wir bieten an, auf Wunsch weiterhin zur Verfügung zu stehen. Wir geben ggf. die Nummer der nationalen Rauchstopplinie an (https://stopsmoking.ch/) und motivieren Patienten, frühzeitig externe Hilfe in Anspruch zu nehmen, falls erneute Schwierigkeiten zur Aufrechterhaltung der Rauchfreiheit eintreten sollten. Hierzu können sich Patienten auch niederschwellig per E-Mail mit der Rauchstoppberaterin in Verbindung setzen. Wann immer möglich wird versucht, den Rauchstatus nach 3 Monaten zu objektiveren (CO-Messung). Manchmal gibt es alternative Überprüfungsmöglichkeiten im Spitalsetting, z. B. arterielle Blutgasanalysen ohne erhöhten CO-Nachweis. Dies sind Bestimmungen, die im Kontext anderer medizinischer Indiktionen vorgenommen werden und uns zur Objektivierung des Rauchstopperfolges dienlich sind.

12 Monate nach Datum des Rauchstopps erfolgt ein telefonisches Follow-up. Dabei wird der Rauchstatus erfragt und dokumentiert. Sollten Patienten noch immer oder wieder erneut rauchen, wird der Zeitpunkt genutzt, um niederschwellig eine Wiederaufnahme der Beratungen anzubieten. Sind Patienten über die 12 Monate hinweg rauchfrei geblieben, berichten sie erfahrungsgemäss gerne vom neuen Lebensgefühl als Nichtraucherin oder als Nichtraucher.

Jenseits der Standardsituation / Grenzen der Rauchstoppberatung

Schwangere

Schwangeren wird zu Recht geraten, mit dem Rauchen gänzlich aufzuhören. Fortgesetztes Rauchen ist mit erhöhten Risiken für die Schwangere und das ungeborene Kind assoziiert. Beachtlich viele Frauen hören mit dem Rauchen auf, wenn sie erfahren, dass sie schwanger sind. Frauen in der Frühschwangerschaft, die es auf Anhieb nicht schaffen, den Tabak- und Nikotinkonsum aus eigener Kraft einzustellen, sind meistens motiviert, professionelle Unterstützung anzunehmen. Die besten Resultate werden bei diesen Frauen erreicht, wenn ihnen ein finanzieller Anreiz gegeben wird. Es kann eine Prämie (Geld) ausgezahlt werden, wenn der Rauchstopp für eine längere Zeit eingehalten wird. In der Schwangerschaft ändert sich der Nikotinmetabolimus, sodass z.T. eine erhöhte Nikotinzufuhr die Folge ist. Dies gilt es zu bedenken, wenn Nikotinersatz eingesetzt wird. Nikotin aus registrierten Nikotinersatzprodukten ist gesundheitlich besser als fortgesetzter Tabakkonsum. Das Beste ist der komplette Rauch- und Nikotinstopp (5, 6, 7).

Psychische Erkrankungen

Bei instabilen psychischen Situationen, z. B. schwerer Depression oder Schizophrenie, führen wir eine orientierende Beratung durch. Wir empfehlen dann eine psychiatrische Betreuung, bevor die Rauchstoppberatung weitergeführt wird. Ggf. erfolgt die Wahl und Dosierung unterstützender Rauchstoppmedikamente in Absprache mit dem behandelnden Psychiater / der behandelnden Psychiaterin. Sozial, psychisch oder emotional sehr stark belastete Menschen bewegen sich oft in komplexen Problemkreisen, wobei das Rauchen gewissermassen symptomatisch als zentrale Bewältigungsstrategie empfunden werden kann und der Gesundheitskontext zweitrangig ist. Bei solchen Personen kann die Empfehlung zum Rauchstopp eine schier unüberwindbare Hürde darstellen.

In solchen Fällen wird nicht auf einen Rauchstopp insistiert, sondern Verständnis gezeigt. Den Patienten wird das Angebot einer weiteren Beratung unterbreitet für die Zeit, wenn sich die Lebenskrise oder die momentane Situation gebessert hat. Allein das Gespräch übers Rauchen und über die aktuelle Belastungssituation kann unterstützend wirken. Es wird vereinbart, dass eine Folgeberatung oder eine telefonische Kontaktaufnahme durch uns geschieht, und ein Zeitpunkt dafür festgelegt, z. B. in sechs Monaten. Bei motivierten Patienten, die psychisch stabil eingestellt sind, kommen die klassischen Rauchstoppmedikamente ohne signifikante Erhöhung von Komplikationen zur Anwendung (8). Sind die Voraussetzungen weniger günstig, kann auch einmal eine Schadensminderungsstrategie, z. B. Benützung des Inhalers zur Reduktion der Anzahl gerauchter Zigaretten, ausnahmsweise zur Anwendung kommen.

Terminale Patienten / palliative Situationen

Es ist verständlich, dass Patienten mit beispielsweise Krebserkrankungen z. T. einen Rauchstoppwunsch haben. Bei gewissen Tumoren ist die Ansprechrate auf die Therapie deutlich besser nach einem Rauchstopp (verbesserte Durchblutung des Tumorgewebes bei Systemtherapien) (9). Wir beraten und behandeln auch diese Patienten bei einem Rauchstoppwunsch.

Danksagung
Wir möchten Eveline Rutz für die sprachliche Durchsicht und Korrekturen danken.

PD Dr. med. Macé M. Schuurmans

Klinik für Pneumologie
Leitung Rauchstoppsprechstunde
Universitätsspital Zürich
Rämistrasse 100
8091 Zürich

mace.schuurmans@usz.ch

Die Autorenschaft hat keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel deklariert.

1. Ärztliche Rauchstoppberatung. Die Dokumentation für die Praxis. Jacques Cornuz, Isabelle Jacot-Sadowski, Jean-Paul Humair. 3. Auflage. Frei von Tabak, 2016
2. Tabakkonsum und Tabakabhängigkeit. Christoph B. Kröger, Bettina Lohmann. 1. Auflage. Hogrefe Verlag, 2007
3. Macé M. Schuurmans, Marc Müller, Jürg Pfisterer, Carole Clair, Werner
Karrer. Rauchstopp für COPD Patienten. Schweiz Med Forum 2015;15(49):1155-1158
4. Macé M. Schuurmans, Anne-Katharina Burkhalter und Jean-Pierre Zellweger
Rauchstopp-Beratung für die Praxis Evidenz-basierte Informationen und erfahrungsmedizinische Tipps.
Psychiatrie 2•2009
5. Elisabeth Biewald, Denise Casanova, Macé Schuurmans. Individuelle Rauchstoppberatung Persönlicher Handlungsplan, Verein Lunge Zürich, The Circle 58, 8058 Zürich-Flughafen. Bildmaterial LUNGE ZÜRICH: Konzepte erarbeitet durch die Autoren dieses Aritkels.
6. Berlin I, Berlin N, Malecot M, Breton M, Jusot F, Goldzahl L. Financial incentives for smoking cessation in pregnancy: multicentre randomised controlled trial. BMJ. 2021 Dec 1;375:e065217. doi: 10.1136/bmj-2021-065217. Erratum in: BMJ. 2021 Dec 3;375:n3012. doi: 10.1136/bmj.n3012. Erratum in: BMJ. 2022 Feb 22;376:o448. doi: 10.1136/bmj.o448. PMID: 34853024; PMCID: PMC8634365.
7. Robijn AL, Tran DT, Cohen JM, Donald S, Cesta CE, Furu K, Parkin L, Pearson SA, Reutfors J, Zoega H, Zwar N, Havard A. Smoking Cessation Pharmacotherapy Use in Pregnancy. JAMA Netw Open. 2024 Jun 3;7(6):e2419245. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.19245. PMID: 38941092; PMCID: PMC11214111.
8. Correa JB, Lawrence D, McKenna BS, Gaznick N, Saccone PA, Dubrava S, Doran N, Anthenelli RM. Psychiatric Comorbidity and Multimorbidity in the EAGLES Trial: Descriptive Correlates and Associations With Neuropsychiatric Adverse Events, Treatment Adherence, and Smoking Cessation. Nicotine Tob Res. 2021 Aug 29;23(10):1646-1655. doi: 10.1093/ntr/ntab056. PMID: 33788933; PMCID: PMC8521682.
9. Chellappan S. Smoking Cessation after Cancer Diagnosis and Enhanced Therapy Response: Mechanisms and Significance. Curr Oncol. 2022 Dec 17;29(12):9956-9969. doi: 10.3390/curroncol29120782. PMID: 36547196; PMCID: PMC9776692.