Post-COVID-Rehabilitation

COVID-19 ist eine Mulitorgan-Krankheit mit einem breiten Spektrum an Manifestationen. Viele Betroffene haben durch die Erkrankung grosse Mühe, in ihren vorherigen Alltag oder Beruf zurückzukehren. Für die Behandlung der Post-COVID-Erkrankung stehen aktuell keine kausalen Therapieansätze zur Verfügung. Aufgrund der Vielzahl der möglichen Symptome ist eine interprofessionelle, integrierte Behandlung sinnvoll, wobei sich die Rehabilitation und Interventionen an den objektiven Befunden sowie an den Patientenzielen orientieren sollen. Fatigue und kognitive Einschränkungen gehören zu den häufigsten Symptomen, welche sowohl die berufliche Teilhabe als auch die Alltagsbewältigung einschränken können. Das Fatiguemanagement stellt einen zentralen Baustein der Rehabilitation dar. Das Arbeitspensum sollte sehr langsam gesteigert werden, Hinweise auf Post-exertionelle Malaise müssen dabei besonders berücksichtigt werden. Aufgrund des fluktuierenden Verlaufs kann es erforderlich sein, das Pensum auch zeitweise wieder zu reduzieren.



Bei der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) handelt sich um eine Multiorgan-Krankheit mit einem breiten Spektrum an Manifestationen. Mittlerweile wurden rund 6,8 Millionen Todesfälle und 752 Millionen Erkrankungen von der World Health Organization (WHO) registriert (Stand 27.01.2023) (1). Während zuerst die Akuterkrankung im Vordergrund stand, zeigte sich im Verlauf, dass bei einigen Personen unterschiedliche Symptome persistierten, die zunächst medizinisch nicht eingeordnet werden konnten. Insbesondere in den sozialen Medien wurde durch Betroffene der Begriff Long COVID geprägt. In der Folge wurde zu diesem Krankheitsbild sehr viel und sehr schnell publiziert. Die Interpretation der Studien bleibt jedoch auf Grund der heterogenen Datenlage schwierig. Die Pathophysiologie, die Häufigkeit, die Prognose und mögliche Behandlungsformen sind weiterhin noch nicht ausreichend bekannt. Viele Betroffene haben durch die Erkrankung grosse Mühe, in ihren vorherigen Alltag oder Beruf zurückzukehren, wodurch es zu langen Krankschreibungen bis hin zur Berentung kommen kann. Dieser Artikel widmet sich daher der Rehabilitation der neurologischen Symptome auf dem aktuellen Wissenstand.

Definition und Pathophysiologie

Die Langzeitfolgen der COVID-19-Erkrankung haben neben Long- und Post-COVID mittlerweile viele verschiedene Namen erhalten. Die WHO definiert sie wie folgt: «Eine Post-COVID-19-Erkrankung kann bei Personen mit einer wahrscheinlichen oder bestätigten SARS-CoV-2-Infektion auftreten, in der Regel drei Monate nach Auftreten von COVID-19 mit Symptomen, die mindestens zwei Monate andauern und nicht durch eine andere Diagnose zu er­klären sind. Zu den allgemeinen Symptomen zählen Erschöpfung, Kurzatmigkeit, kognitive Fehlleistungen sowie weitere, die sich im Allgemeinen auf den Tagesablauf auswirken. Die Symptome können neu auftreten nach einer anfänglichen Genesung von einer akuten COVID-19-Erkrankung oder die anfängliche Krankheit überdauern. Die Symptome können fluktuieren oder mit der Zeit wiederkehren» [2].
Die Pathogenese der Post-COVID-Erkrankung ist nicht geklärt. Aktuell geht man von einem multifaktoriellen Geschehen aus, das nicht bei jeder erkrankten Person [1] gleich abläuft. Für eine ausführliche Darstellung sei auf die Reviews von Yong [3] oder spezifisch für die Neuropathologie auf Monje und Iwasaki [4] verwiesen. Zusammengefasst kommen hierfür direkte oder indirekte Folgen von Organschädigungen z.B. durch eine Koagulopathie bzw. Vaskulopathie, das Fortbestehen einer chronischen Entzündung oder Autoimmunprozesse und eine Persistenz des Virus bzw. des Entzündungszustands mit erhöhten Entzündungsmarkern in Frage.
Aktuell gibt es keine laborchemischen oder apparativen Tests, um die Diagnose zu bestätigen oder auszuschlies­sen, sodass die Diagnosestellung rein klinisch erfolgen muss.

Prävalenz

Die Daten zur Prävalenz von Post-COVID und den verschiedenen Symptomen variieren stark. Der Grund hierfür liegt darin, dass in den Studien unterschiedliche Definitionen, aber auch unterschiedliche Methoden angewendet werden. So unterscheiden sich die Daten durch die Rekrutierung (im Krankenhaus, ausserhalb des Krankenhauses, Selbstauswahl), den Schweregrad der initialen Erkrankung und die Beobachtungsdauer.
Ein Review von Nittas und Coautoren identifizierte 15 bevölkerungsbezogene bzw. Kontrollgruppen-Studien, die die Prävalenz von Post-COVID nach zwölf oder mehr Wochen untersuchten. Bei Nicht-Hospitalisierten lag die mediane Prävalenz bei 14 %, wurden zusätzlich hospitalisierte Personen einbezogen, lag die mediane Prävalenz bei 23,7 %. Schliesslich zeigten zwei Kontrollgruppenstudien eine Prävalenz bei hospitalisierten Personen von 7 bzw. 37,6 % [5]. Die bisherigen Ergebnisse der noch nicht abgeschlossenen Zürcher Kohortenstudie mit über 1500 Teilnehmern zeigen, dass sich sechs Monate nach COVID-Infektion der Gesundheitszustand von ca. 1 von 4 Personen noch nicht ganz normalisiert hat. Nach zwölf Monaten berichteten noch ca. 16 % von Symptomen, einige Personen litten auch 18 Monate später an starken Einschränkungen. Insgesamt nahm jedoch die Beeinträchtigung im Alltag kontinuierlich ab. Nach Impfung und nach Infektion mit der Omikron-Variante war das Risiko für Langzeitfolgen nach sechs Monaten deutlich geringer [6].

Rehabilitation

Trotz der hohen Zahl der Veröffentlichungen ist die Zahl der evidenzbasierten Empfehlungen zur Behandlung gering. Aktuell stehen keine kausalen Therapieansätze zur Verfügung. Die Empfehlungen beruhen daher auf Expertenmeinung und ersten Studien zur Rehabilitation. Im deutschsprachigen Raum wurden in Deutschland [7] und in Österreich [8] Handlungsempfehlungen für die Behandlung von Post-COVID-Kranken erstellt. Auf Grund der Vielzahl der möglichen Symptome ist eine multiprofessionelle, integrierte Behandlung sinnvoll, die sich an den objektiven Befunden und den Patientenzielen orientieren sollte [9]. Bestandteile der Rehabilitation sind unter anderem das Fatiguemanagement, insbesondere Pacing-Strategien, Entspannungs- und Atemmanagement sowie ein individuell angepasstes und gezieltes körper­liches Training. Albu und Coautoren [10] konnten die Wirksamkeit einer achtwöchigen, multidisziplinären ambulanten Rehabilitation zur Verbesserung der Fatigue und Lebensqualität nachweisen.

Hauptsymptome und deren Behandlung

Mittlerweile werden über 50 Symptome gezählt, die sich in ihrer Ausprägung stark unterscheiden können [11]. ­Dabei zählt Fatigue zu dem am häufigsten genannten Symptom, gefolgt von Kopfschmerzen, Brustschmerzen, Atemproblemen, Geruchs- und Geschmackstörungen, Muskel- und Gelenkschmerzen, kognitiven Beeinträchtigungen, Schlafstörungen und psychiatrischen Symptomen [12, 13]. Nachfolgend werden die wichtigsten neurologischen Symptome und ihre Behandlung erörtert.

Fatigue

Fatigue tritt unabhängig von dem initialen Schweregrad der Erkrankung auf und hat eine hohe Relevanz für die Alltags- und Berufsfunktionalität [14, 15]. Die Angaben zur Prävalenz variieren [16]. In Metanalysen wurden nach zwei bis drei Monaten Prävalenzraten von 32 % unabhängig vom Verlauf ermittelt [17], in einer weiteren Analyse bei stationär behandlungsbedürftigen Patientinnen und Patienten bei mehr als 50 %, bei ambulant behandelten bei 10 % [18]. In einer Schweizer Kohorte stationär behandelter Erkrankter bestand nach sechs bis acht Monaten bei 55 % Fatigue [13].
Es bestehen vielfältige pathophysiologische Konzepte der Post-COVID-Fatigue, die auch darauf hindeuten, dass es verschiedene Subtypen geben könnte [19, 20]. Bei der Fatigue bestehen Symptomüberschneidungen und Komorbiditäten mit psychischen Erkrankungen, weswegen zur Differenzierung von depressiven Störungen Symptome wie Niedergeschlagenheit, Traurigkeit erfragt und ggf. eine weitere Diagnostik veranlasst werden sollte [16]. Um eine primäre von einer sekundären Fatigue abgrenzen zu können, umfasst die klinische Diagnostik weiter ein Screening für Schlafstörungen, Angststörungen sowie ggf. weitere fachspezifische Untersuchungen [21]. Eine von Kluger und Coautoren [22] getroffene Unterscheidung von Fatigue als subjektive Wahrnehmung und Fatigabilität als objektivierbare Abnahme des Leistungsvermögens ist sinnvoll, um Aktivitäts- und Teilhabeeinschränkungen genauer erfassen zu können. In neuropsychologischen Untersuchungen kann die kognitive Fatigabilität beurteilt werden [23], was auch unter versicherungsmedizinischen Aspekten sinnvoll und im gutachterlichen Kontext erforderlich ist [24].

Auch post-exertionelle Malaise (PEM) kann bei Post-COVID auftreten. Hierbei handelt es sich um eine Verschlechterung der Symptome nach mentaler oder physischer Belastung, häufig verzögert nach ein paar Stunden, am darauffolgenden Tag oder auch erst in den nachfolgenden Tagen. PEM hält meistens mehrere Tage an [15].

Fatigue-Therapie

Für die Post-COVID-Fatigue besteht keine kausale Therapie, ebenso wenig gibt es bislang Evidenz für die Wirksamkeit bestimmter Therapiemassnahmen. Für Fatigue bei anderen Erkrankungen gibt es jedoch Wirksamkeitsnachweise zu Pharmakotherapie, Psychotherapie (insb. Kognitive Verhaltenstherapie), körper- und bewegungsbasierten Interventionen [25, 26]. Ziel der Therapie ist die Steigerung der Leistungsfähigkeit, ohne dabei eine körperliche und psychische Überforderung zu provozieren, sowie die Vermeidung der Chronifizierung. Dabei steht das Fatiguemanagement oder auch Pacing im Vordergrund. ­Dessen Ziel ist es, die vorhandenen Energieressourcen optimal zu nutzen, um die Auswirkungen auf die Alltagsbewältigung zu minimieren. Je nach Symptomatik soll eine individuelle, an die Belastbarkeit angepasste Anleitung zu körperlicher und kognitiver Aktivität unter Vermeidung von PEM erfolgen [7]. Im Gegensatz zu den Trainingsempfehlungen bei Personen mit Multiple Sklerose ist eine Graded Exercise Therapy (inkrementelle Belastungssteigerung) nicht empfehlenswert [26]. Wright et al. [27] haben in einer Studie aufzeigen können, dass Aktivitäten über 1,5 MET (Metabolisches Äquivalent) eine Zustandsverschlechterung auslösen können. Physiotherapeutisch wird daher ein leichtes anaerobes Training im Sinn eines Low-Intensity-Trainings durchgeführt [7].

Kognitive Defizite

Kognitive Defizite können nach einer COVID-Erkrankung neu auftreten und persistieren. Drei Monate nach Infektion fand eine Metaanalyse Konzentrationsstörungen bei 35 % und Gedächtnisstörungen bei 29 % der Erkrankten [28], eine weitere Metaanalyse ermittelte eine geringere Prävalenz von kognitiven Defiziten bei 22 % der Erkrankten [17]. Auch eine initial milde Erkrankung kann zu ­relevanten kognitiven Einschränkungen führen [29, 30]. Unabhängig von COVID-19 können der Verlauf der Hospitalisierung sowie prämorbide Risikofaktoren im Sinn einer kognitiven Frailty einen negativen Einfluss auf die Kognition haben [31].
Inwieweit die kognitiven Defizite reversibel sind, kann aufgrund der aktuellen Studienlage nicht beantwortet werden. Einzelne Untersuchungen berichten über Verbesserung im Verlauf [32, 33]. Hinweise auf die Möglichkeit der Erholung kognitiver Funktionen geben Untersuchungen, in welchen mit F-FDG-PET-Scans ein Hypometabolismus in verschiedenen Hirnregionen nachgewiesen wurde, welcher mit den kognitiven Defiziten korrelierte [34, 35]. Nach sechs Monaten verbesserten sich sowohl die kogni­tiven Defizite als auch damit einhergehend der Hypometabolismus, jedoch gab es keine vollständige Remission [36].

Neuropsychologische Untersuchung und Behandlung

Der neuropsychologischen Diagnostik kommt besonders bei berufstätigen Personen aufgrund der häufig langen Arbeitsunfähigkeit eine zentrale Rolle in der Objektivierung und Dokumentation der subjektiven Beschwerden zu [24]. Sie spezifiziert und objektiviert kognitive, affektive und behaviorale Beeinträchtigungen und kann die Art und Ausprägung der Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag und ggf. im Beruf beschreiben [37]. Screeningverfahren allein sind für die Detektion diskreter, aber relevanter ­Defizite nicht geeignet. Häufig werden bei Personen mit einem prämorbid hohen Leistungsniveau und hohen beruflichen Anforderungen minimale oder leichte neuropsychologische Defizite in ihrer Relevanz unterschätzt.
Bestehen neuropsychologische Funktionsdefizite, ist eine leitliniengerechte symptomorientierte spezifische Therapie indiziert. Dazu gehören ein individuell auf die Defizite abgestimmtes kognitives Training sowie die Vermittlung von Kompensationsstrategien und Verhaltens­aspekten im Umgang mit kognitiven Leistungsminder­ungen [7].

Psychische und neuropsychiatrische Symptome

In einer retrospektiven Analyse von Daten der elektronischen Patientenakte von COVID-19-Erkrankten wiesen diese nach sechs Monaten häufiger neue psychiatrische (12,84 %) und neurologische Diagnosen (33,62 %) auf als zwei Kontrollgruppen (matches controls bzw. Grippe- oder andere Atemwegserkrankte) [38]. Ein Review bestätigte, dass neuropsychiatrische Symptome häufig und anhaltend nach der Erholung von der COVID-19-Infektion sind. Schlafstörungen und Fatigue waren dabei am häufigsten, gefolgt von kognitiven Defiziten, Ängsten, posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und Depressionen. Auch hier konnte kein Zusammenhang mit der Schwere der Infektion gefunden werden [39].
Die vielfältigen Symptome, die lange Erkrankungsdauer mit den daraus resultierenden psychosozialen Problemen sowie die unklare Prognose erzeugen eine erhebliche psychische Belastung. Ein Teil der Patientinnen und Pa­tienten reagiert darauf mit erhöhter Ängstlichkeit, Ver­unsicherung oder depressiven Symptomen [40]. Verschiedene Faktoren wie Geschlecht, Alter, vorbestehende psychische Erkrankungen und ein niedriger sozioökonomischer Status scheinen die Entstehung von psychischen Erkrankungen zu begünstigen [7].
Ein wichtiges Element der Rehabilitation besteht darin, psychische Symptome und dysfunktionale Aspekte der Krankheitsverarbeitung frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, um eine Chronifizierung zu verhindern. Eine Indikation für eine psychotherapeutische Behandlung ist ­gegeben, wenn eine klinisch relevante Diagnose, Einschränkungen der Alltagsbewältigung oder eine subjektiv hohe Belastung mit Einschränkung der Lebensqualität oder dysfunktionalen Copingmustern bestehen [7].
Schlafstörungen sind ebenfalls Teil des neuropsychiatrischen Beschwerdekomplexes bei etwa einem Drittel der Erkrankten [41], möglicherweise aber auch prämorbider Risikofaktor durch Schwächung der Immunabwehr oder aufrechterhaltender Faktor der verschiedenen Post-­COVID-­Symptome. Es besteht eine enge Wechselwirkung zwischen Schlaf, Fatigue und Kognition [42]. Die Therapie sollte symptomorientiert erfolgen.

Berufliche Wiedereingliederung

Eine wichtige Aufgabe der Post-COVID-Rehabilitation besteht bei Personen im erwerbsfähigen Alter in dem Erhalt oder der Wiederherstellung der beruflichen Teilhabefähigkeit. Berufsbezogene Probleme können aus langanhaltender vollständiger Arbeitsunfähigkeit, einer Reduktion der Arbeitsleistung oder auch dem Verlust des Arbeitsplatzes bestehen. In der bereits erwähnten Schweizer Kohorte war das Arbeitspensum nach sechs bis acht Monaten bei 44 % der Betroffenen weiterhin eingeschränkt, bei 12 % bestanden Einkommensverluste [13]. Auch nach einer nur leichten Akuterkrankung kann die Rückkehr an den Arbeitsplatz auf Grund des Schweregrads des Post-COVID-Erkrankung erschwert sein [43].
International wurden verschiedene Leitlinien und Empfehlungen für unterschiedliche Interessensgruppen zur beruflichen Wiedereingliederung erstellt [44, 45]. So soll der Prozess der beruflichen Wiedereingliederung ­individuell, adaptiv und angemessen sein. Anpassungen betreffen z.B. Arbeitspensum, flexible Zeiteinteilung, Homeoffice, vorübergehende Änderung von Aufgaben durch Wechsel in Tätigkeiten mit geringerer physischer oder mentaler Belastung und gestufte Wiedereingliederung. Weiter sind Arbeitsplatzcharakteristika erforderlich, die eine sichere Umgebung mit sozialer Unterstützung darstellen, um den psychischen Stress zu reduzieren. Als wesentliche Barrieren der beruflichen Wiedereingliederung werden die Fatigue und kognitive Einschränkungen gewertet [44]. Das Arbeitspensum sollte unter Berücksichtigung von PEM sehr langsam gesteigert werden. Aufgrund des fluktuierenden Verlaufs kann es erforderlich sein, das Pensum auch zeitweise wieder zu reduzieren.
Im Jahr 2021 wurden bei der IV 1764 Anmeldungen auf Grund von Post-COVID registriert, von diesen erhielten 683 Personen (38 %) eine IV-Leistung zugesprochen, von diesen erhielten die meisten Eingliederungsmassnahmen, nur 6 % wurde eine Rente zugesprochen [46]. Im Zusammenhang mit gutachterlichen Beurteilungen wurde von der Swiss Insurance Medicine (SIM) unter anderem ein schweizweit einheitliches Screening-Tool («Erfassungs­bogen für Post-Covid-19-Assessment [EPOCA]») zur Verlaufsdokumentation erarbeitet [47].

Im Artikel verwendete Abkürzungen
COVID-19      Coronavirus Disease 2019 (deutsch: Coronavirus-Krankheit 2019)
IV                        Invalidenversicherung
PEM                 post-exertionelle Malaise

Dr. rer. soc. Jutta Küst

Klinik Lengg AG
Bleulerstrasse 60
8008 Zürich
Schweiz

jutta.kuest@kliniklengg.ch

Historie
Manuskript akzeptiert: 20.02.2023

Interessenskonflikte
Es bestehen keine Interessenskonflikte.

ORCID
Andreas Disko
https://orcid.org/0000-0003-1406-1907
Luigi Riccardo Calendo
https://orcid.org/0000-0003-4684-0665

  • Jede Post-COVID-Patientin und jeder Post-COVID-Patient weist eine individuelle Symptomkonstellation auf, wobei Fatigue und kognitive Einschränkungen häufig sind und für die berufliche Teilhabe und die Alltagsbewältigung einschränkend sein können.
  • Der initiale Schweregrad der Erkrankung erlaubt keine individuelle Vorhersage des Auftretens und Ausprägungsgrads der Symptome.
  • Das Fatiguemanagement stellt einen zentralen Baustein der Rehabilitation dar. Dabei sollte das körperliche und kognitive Training gut dosiert und durch angemessenes Energiemanagement (sog. Pacing) individuell adaptiert werden.
  • Für Post-COVID-Kranke bestehen eine Vielzahl an Belastungsfaktoren wie die unklare Prognose, mögliche Arbeitsplatzverluste und eingeschränkte Leistungsfähigkeit, wodurch das psychische Befinden eingeschränkt sein kann.

Lernfragen
1. Welche Aussage zu Post-COVID ist richtig?
a) Ein fluktuierender Verlauf schliesst die Diagnose
Post-COVID aus.
b) Post-exertionelle Malaise (PEM) tritt unmittelbar nach einer starken Belastung auf.
c) Die Prognose der Post-COVID-Erkrankung ist aktuell noch nicht ausreichend bekannt.
d) Die meisten Personen mit Post-COVID bekommen eine IV-Rente zugesprochen.

2. Wann treten kognitive Defizite bei Post-COVID-Krankenauf?
a) Nur bei initial beatmeten Personen.
b) Kognitive Defizite treten nur in Kombination mit Fatigue auf.
c) Auch bei leichten initialen Verläufen treten relevante kognitive Defizite auf.

3. Welche Aussage zu neuropsychiatrischen Symptomen ist falsch?
a) Schlafstörungen sind ein häufiges Symptom von Post-COVID.
b) Schlafmangel kann zu einer Verschlechterung anderer neuropsychologischer Defizite führen.
c) Eine psychotherapeutische Behandlung ist häufig sinnvoll.
d) Neben Depression und Angststörungen gehören Psychosen zu den häufigen neuropsychiatrischen Erkrankungen

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