- Wechsel von Vitamin K-Antagonisten zu Nicht-Vitamin K-Antagonisten erhöht bei gebrechlichen Patienten mit Vorhofflimmern das Blutungsrisiko
Hintergrund
Die meisten Patienten mit einem Vorhofflimmern werden zur Reduktion des Schlaganfallrisikos antikoaguliert; heute vorwiegend mit Nicht-Vitamin K-Antagonisten (DOAC). Es gibt aber noch eine beträchtliche Anzahl Patienten, die schon seit Jahren mit einem Vitamin K-Antagonisten (VKA) antikoaguliert werden. Der Nachteil der VKA ist, dass im Gegensatz zu DOAC regelmässig der INR-Wert bestimmt und eventuell die Dosierung angepasst werden muss. In verschiedenen Studien mit Patienten mit Vorhofflimmern, in denen die Wirksamkeit und Sicherheit von VKA mit DOAC verglichen wurden, schnitten DOACs besser ab.
Ein Teil der Patienten, die seit Jahren mit Vitamin K-Antagonisten behandelt werden, sind älter und auch gebrechlich («frail»). Diese Patienten waren in den genannten Studien nur in sehr kleiner Zahl vertreten.
Aus dem Grund untersuchten die Autoren die Frage der Wirksamkeit und Sicherheit der beiden Arten der Antikoagulation bei älteren, gebrechlichen Menschen.
Einschlusskriterien
- Patienten mit Vorhofflimmern ≥ 75 Jahre und
- vor Studienbeginn behandelt mit einem Vitamin K-Antagonisten und
- Groningen Frailty Index ≥ 3 (ein validierter Fragebogen zur Erfassung der Gebrechlichkeit; Steverink et al. Gerontologist 2001; 41: 236-237) und
- sie waren bereit auf Nicht-Vitamin K-Antagonisten zu wechseln
Ausschlusskriterien
- Vorhofflimmern und Klappenerkrankung (mechanische Herzklappe; schwere Mitralstenose)
- eGFR < 30 ml/min/1.73m2
Studiendesign und Methode
Multizentrische, randomisierte, nicht-verblindete Studie
Studienort
Acht Zentren (Dutch thrombosis services) in den Niederlanden
Interventionen
- Gruppe 1: Stoppen der Antikoagulation mit einem Vitamin K-Antagonisten und Umstellung auf ein DOAC-Präparat, wenn der INR < 1.3 war. Initial wurde mit einem DOAC-Präparat (konnte von den behandelnden Personen frei gewählt werden) begonnen, wenn der INR-Wert < 2 war. Dabei wurden aber in der Umstellungsphase einige Blutungskomplikationen beobachtet.
- Gruppe 2: weiterhin Antikoagulation mit einem Vitamin K-Antagonisten
Outcome
Primärer Outcome
- Eine grosse (fatal, Blutung an kritischem Ort, wie Gehirn oder Retroperitoneum) oder eine klinisch relevante nicht so grosse Blutung (nach internationalen Kriterien klassifiziert)
Sekundäre Outcomes
- Thromboembolische Ereignisse
- Tod
Resultat
- 1330 Patienten wurden randomisiert, 662 wechselten von Vitamin K-Antagonisten zu DOAC. Das mittlere Alter lag bei 83 Jahren; der mediane «Groningen fraility Index» lag bei 4. Fast 40 % waren Frauen.
- Nachdem 163 primäre Outcomes beobachtet wurden, 101 (15.3 %) im DOAC-Arm und 62 (9.4 %) im VKA-Arm wurde die Studie abgebrochen. Die Anzahl Blutungen war in der DOAC-Gruppe bei der abschliessenden Analyse um fast 70 % höher als in der VKA Gruppe.
- Bei den thromboembolischen Ereignissen und bei der Mortalität waren keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen beobachtbar.
Kommentar
- Die Ergebnisse dieser Studie sind ein Hinweis darauf,
dass bei gebrechlichen Patienten mit Vorhofflimmern
nach einer Umstellung der Antikoagulation von Vitamin
K-Antagonisten auf Nicht-Vitamin K-Antagonisten die
Blutungswahrscheinlichkeit (deutlich) steigt. - Mit dieser Studie kann die Frage bezüglich eines Unterschiedes
an thromboembolischen Ereignissen (ischämischer
Insult) nicht konklusiv beantwortet werden. In der
Studie gab es aber keine Hinwiese auf einen Unterschied
zwischen den beiden Gruppen. - Die Autoren kommen zum Schluss, dass bei diesen Patienten
von einer Umstellung auf Nicht-Vitamin K-Antagonisten
ohne zwingenden Grund abzuraten ist.
Zürichbergstrasse 7
8032 Zürich
johann.steurer@usz.ch
Joosten L.P.T. et al. Safety of switching from a Vitamin K Antagonist of an Non-Vitamin K Antagonist Oral Anticoagulant in frail older patients with atrial fibrillation: Results for FRAIL-AF Randomized Controlled Trial. Circulation 2024; 149: 279 – 289.
PRAXIS
- Vol. 113
- Ausgabe 3
- März 2024